Saarbrücker Willi-Graf-Empfang führt Menschen zusammen:Bischof wirbt um Achtsamkeit und Dialog
Saarbrücken/Trier/Speyer – Der achtsame Umgang miteinander und der Austausch untereinander haben im Mittelpunkt des Willi-Graf-Empfangs am 10. September gestanden, zu dem das Katholische Büro Saar alljährlich Menschen aus Politik, Gesellschaft, Kirchen, Wirtschaft und Medien einlädt. Das Katholische Büro im Saarland mit Sitz in Saarbrücken vertritt die Bistümer Trier und Speyer bei der Saarländischen Landesregierung, dem Parlament, Gewerkschaften, Verbänden und anderen Institutionen.
Bischof Dr. Stephan Ackermann (Trier) warb in seinem Festvortrag „für eine Kultur der Achtsamkeit und des Dialogs in Kirche und Politik“. Inspiriert hatte ihn das aktuelle Buch des amerikanischen Politikwissenschaftlers Francis Fukuyama und dessen Thesen zu Würde und Identität. Vor allem anderen stehe die „Achtsamkeit für den anderen als Subjekt“, sagte Ackermann. Noch so viele politische oder soziale Lösungen würden Menschen nicht helfen, wenn sie sich nur als „Fall“ oder gar „Problem“ betrachtet fühlten. Dabei bedeute das Bemühen, den anderen zu verstehen, nicht automatisch Verständnis, etwa für die Positionen oder Haltungen. Empathie bedeute nicht, unkritisch zu sein. Sie schließe ein, das Gegenüber zum Argumentieren anzuhalten oder es auf problematische Folgen seiner Absicht hinzuweisen, wie etwa auch in der kürzlich veröffentlichten Arbeitshilfe der deutschen Bischöfe zum Populismus zu lesen sei.
Ackermann rief dazu auf, sich die „Bereitschaft und Fähigkeit, sorgfältig hinzuschauen und die Kraft der Argumente zu wägen“, nicht nehmen zu lassen. Wo das Bemühen spürbar werde, „den Anderen als Person zu sehen und zu verstehen, da besteht auch die Chance, dass Menschen sich für die Kraft der Argumente öffnen und sich sogar eine Leidenschaft für vernunftgeleitete Lösungen entwickelt“. Mit Papst Franziskus mahnte der Bischof zur Integration: „Das Ziel aller Debatten und Auseinandersetzungen in Kirche und Gesellschaft darf nicht heißen Exklusion, Ausgrenzung. Identität durch Ausgrenzung gilt nicht – weder in der Kirche noch in der Politik. Im Blick auf die Würde eines jeden Menschen muss das Ziel heißen: Eingliederung, Integration.“ Das schließe Kontroversen und Debatten nicht aus, betonte Ackermann auch mit Blick auf den synodalen Weg, den die deutschen Bischöfe gemeinsam mit den katholischen Laien in Deutschland Ende der Woche beginnen. „Auch dort werden wir das brauchen: einander verstehen suchen.“
In seinem Grußwort griff der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans den Impuls des Bischofs auf und würdigte den Empfang, der in Erinnerung an den Saarbrücker Widerstandskämpfer Willi Graf stattfindet, als „ein Netzwerk, das mit Achtsamkeit gepflegt wird“ und eine „ausgezeichnete Plattform für die Auseinandersetzung mit der eigenen Wertehaltung in Politik und Gesellschaft“: „Für mich ist Achtsamkeit eine Schlüsselkategorie im kirchlichen Bereich, im Bereich der Zivilgesellschaft und im Bereich der Politik. Viele Konflikte, die wir heute in unserem Land – aber auch in anderen Ländern Europas – erleben, haben ihre Wurzeln darin, dass sich Menschen nicht respektiert oder nicht gerecht behandelt fühlen.“ Für diese und ähnliche Probleme gelte es, gemeinsam Lösungen finden. „Das ist eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft.“
Den Blick weiten durch Diskussionen
Schon in der Begrüßung hatte Ordinariatsdirektorin Katja Göbel, die Leiterin des Katholischen Büros, darauf hingewiesen, dass Kompromisse heute oftmals einen schlechten Ruf hätten, tatsächlich aber ein unerlässlicher Wert für die Demokratie sei. „Kompromisse erfordern Kraft für Diskussionen und Gespräche.“ Das Ergebnis einer guten, konstruktiven Diskussion weite den Blick.
Der Speyrer Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann dankte allen, die den Empfang für die rund 200 Gäste möglich gemacht hatten. Besonders hob er die musikalische Gestaltung durch die Big Band sowie die Bewirtung durch die Hauswirtschaftsklasse der Willi-Graf-Schulen hervor. Die musikalische Ermutigung der Big Band, „nicht immer schwarz zu sehen“, legte er auch der Kirche ans Herz. Immer gebe es Menschen, die schon im Vorfeld wüssten, was bei Prozessen Negatives herauskomme und damit das Vorhaben „ausbremsten“. Stattdessen gelte es zu sehen: „Wir haben noch so viel vor!“ – auch das eine Liedzeile des saarländischen Musikers Steffen Jung, der seinen Song „So viel vor“ mit der Big Band präsentiert hatte.
(JR)