Ökumenischer Arbeitskreis Saarlouis legt Blumen an Stolpersteinen nieder:Christen gedenken der Opfer des Nationalsozialismus
Saarlouis – Mitglieder des Ökumenischen Arbeitskreises Saarlouis sowie Lehrerinnen und Lehrer des Max-Planck-Gymnasiums und des Gymnasiums am Stadtgarten haben am Mittwoch, 27. Januar, der Opfer des Nationalsozialismus gedacht und Rosen an den Stolpersteinen in der Saarlouiser Innenstadt sowie auf dem jüdischen Friedhof niedergelegt.
Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Soldaten das Vernichtungslager Auschwitz. Hier ermordeten die Nationalsozialisten zwischen 1940 und 1945 mehr als eine Million Menschen. Seit 1996 gedenkt Deutschland am „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ offiziell der Opfer. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen erklärte den 27. Januar 2005 zum „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“.
Eine ursprünglich geplante zentrale Veranstaltung des ökumenischen Arbeitskreises in Saarlouis anlässlich des Gedenktages musste coronabedingt ausfallen. Im vergangenen Jahr fand aus diesem Anlass eine Tagesveranstaltung in der evangelischen Kirche statt, an der Menschen aus allen Generationen teilnahmen.
In diesem Jahr entschied man sich, den Gedenktag dezentral durchzuführen. Im Laufe des Vormittags besuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einzeln oder zu zweit – unter der Initiative von den Pastoralreferenten Reinhold Hedrich und Rolf Friedsam – die Stolpersteine in Saarlouis, erinnerten dabei an jedes einzelne Opfer und legten Rosen an den Stolpersteinen ab. Dort, wo über das Leben der Betroffenen mehr bekannt ist, als die Inschriften auf den Stolpersteinen erzählen, wurden Zettel mit biographischen Informationen niedergelegt. „Es ist jedem der Teilnehmer selbst überlassen, ob sie an den Stolpersteinen noch ein Gebet, etwa einen der Psalmen sprechen, der sowohl in der jüdischen wie auch christlichen Liturgie eine zentrale Rolle beikommt“, sagt Friedsam. Über 125 Juden aus Saarlouis wurden von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet.
Auf dem Alten Friedhof in Saarlouis, 1773 als katholischer Friedhof eröffnet, 1821 um einen protestantischen Garnisonsfriedhof und 1905 um einen jüdischen Friedhof erweitert, ruhen hier heute Menschen aller Konfessionen und Nationalitäten. Die ursprünglich vorhandenen Mauern wurden bereits frühzeitig entfernt. „Friedhöfe sind Kult- und Kulturstätten und verraten viel über die Menschen, die einst in ihrer Umgebung gewohnt hatten“, erinnerte Pastoralreferent Reinhold Hedrich, als er zum Gedenken an die Opfer eine Rose und wie es heute noch im Judentum üblich ist einen Stein niederlegte.
An zwölf Orten in der Stadt legten die Mitglieder des Arbeitskreises Blumen an den 28 Stolpersteinen nieder. Die Stolpersteine sind Teil eines Kunstprojektes des Kölner Künstlers Gunter Demnig, der damit bundesweit und in Teilen Europas einen einzigartigen Beitrag zum Gedenken an die Vertreibung und Vernichtung von Juden und anderen politisch Verfolgten des NS-Regimes leistet. Die handgefertigten Messingplatten haben eine Größe von zehn Zentimetern und sind in Beton eingelassen. Sie tragen zudem den Namen, das Geburtsjahr und das Sterbedatum eines Opfers und sind in den Gehwegen vor deren ehemaligem Wohnsitz verlegt. Rund 35.000 Stolpersteine wurden seit Beginn der Aktion im Jahr 1995 hergestellt und verlegt. An den Arbeitskreisen für die Stolpersteine in Saarlouis haben zahlreiche Bürger der Stadt teilgenommen, um damit ein Zeichen des Erinnerns zu setzen.
Der Präsident der Deutschen Sektion der Internationalen Friedensbewegung Pax Christi, Peter Kohlgraf schreibt zu diesem Gedenktag: „…auch wenn extreme Formen der Leugnung des Holocaust selten sind, ist doch erkennbar, dass auch im Spektrum politischer Parteien rechtsextreme, rassistische oder den Nationalsozialismus verharmlosende Positionen Platz finden. Daher ist Gedenken am 27. Januar nicht mehr nur Teil geschichtlicher Selbstvergewisserung, sondern auch Aufforderung zu einer kritischen Sicht auf die Zukunft hin.“
(red)