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Trierer Universitätspräsident spricht im „DomWort“ über das Zeitempfinden:„Corona-Zeit ist Warte-Zeit“

Der Trierer Universitätspräsident Prof. Dr. Michael Jäckel spricht im „DomWort“ über das Zeitempfinden.
Prof. Dr. Michael Jäckel (Screenshot Bistum Trier)
Datum:
20. Apr. 2021
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier – „Warten gehört zum Leben“ – das hat der Trierer Universitätspräsident, Prof. Dr. Michael Jäckel, als Referent des „DomWortes“ am 18. April unumwunden klargestellt. Eine Welt, in der alles jederzeit zur Verfügung stünde, würde die Menschen vermutlich unzufrieden machen, lautet die Annahme des Soziologen.

Doch gerade während der Corona-Pandemie verändere sich das Zeitempfinden und der Geduldsfaden werde anscheinend zunehmend kürzer. „Der Zeit selbst wird in Krisensituationen mehr Aufmerksamkeit geschenkt und dadurch scheint sie langsamer zu vergehen“, so Jäckel, der davor warnte, dass vieles bereits auf die Rückkehr zur Normalität programmiert werde. „Stufenpläne wettern um die Gunst von Zielgruppen, obwohl doch weiterhin Rücksicht geboten ist“. Der Universitätspräsident betonte: „Corona-Zeit ist Warte-Zeit“ und stellte heraus, dass derzeit eine „seltsame Mischung aus Über- und Unterforderung, die durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurde“ die Menschen treffe. Viele Berufsgruppen müssten Übermenschliches leisten. „Andere leiden darunter, dass sie seit langer Zeit auf einen neuen Einsatz warten, wie Gastronomen oder Künstler.“ Aus dieser Perspektive entstehe in der Bevölkerung eine hohe Sensibilität bei Ungleichbehandlungen.

Formen des Wartens

Der Referent stellte in seinem Vortrag mit dem Titel „Das Warten und das Zeitempfinden“ unterschiedliche Aspekte vor: So warteten Musiker und Sportler „auf ein Zeichen, dass es endlich losgeht“. Bestimmte Berufsgruppen müssten sich gerade momentan im Warten üben, etwa Fotografen und Journalisten bei Pressekonferenzen, deren Start sich unkalkulierbar verschieben. Wenn Menschen vor exklusiven Läden Schlange stünden, signalisiere das etwas anderes: „Hier genießt man es, Teil der Schlange zu sein“. Doch zugleich mache man sich verdächtig, wenn man Zeit habe. Daher sei das Vermeiden des Wartens zu einem lukrativen Geschäftsfeld geworden, weiß Jäckel. „Man lässt einkaufen oder gibt sein Auto in vertrauensvolle Hände“, damit dieses geparkt wird. Das unvermeidliche Warten auf einen Abflug kann der Passagier zum Beispiel verkürzen, indem er sich einen „Priority Check-In“ kostenpflichtig dazu bucht.

Doch in vielen Bereichen sei das Überbrücken von Zeit unvermeidbar. „Zum geduldigen Warten gehört die Zuversicht. Eine lebensbegleitende Zuversicht findet sich dabei immer in den Religionen“, sagte der Referent und griff dabei das diesjährige Leitwort „Du bist meine Zuversicht“ der Heilig-Rock-Tage auf. Das digitale „DomWort“ ist Teil des Bistumsfestes (16. bis 25. April). Auch weiterhin werde der Mensch nicht ohne das Warten auskommen. „Warten gab es auch vor Corona und wird es auch danach geben“. Doch Jäckel gibt noch einen Tipp: Das Warten zu zweit sei besser zu ertragen.

Bei der Veranstaltungsreihe „DomWort“ des Bistums Trier werfen Referentinnen und Referenten aus Politik, Kirche und Gesellschaft aus unterschiedlichen Perspektiven einen Blick auf die Herausforderungen im Umgang mit der Pandemie. Veranstalter sind das Trierer Domkapitel und die Abteilung „Ehrenamt, Bildung und Gesellschaft“ im Bischöflichen Generalvikariat. Das „DomWort“ wird als Video und Podcast (Hörbeitrag) veröffentlicht und kann auf www.dominformation.de/aktuelles/domwort/ angeschaut bzw. auf allen gängigen Podcast-Plattformen unter dem Stichwort „DomWort“ angehört werden. 

(jf)