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Kirche und Jugendarbeit kooperieren beim zweiten Entscheidungsfindungs-Parcours:Damit die Wahl nicht zur Qual wird

Weiter die Schulbank drücken oder rein ins Berufsleben? Kirche und Jugendarbeit kooperieren beim zweiten Entscheidungsfindungs-Parcours
Gruppenarbeit der Achtklässlerinnen und Achtklässler (Fotos I. Hülpes)
Datum:
18. Juni 2021
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Traben-Trarbach – Nur noch ein Jahr Mathe und Vokabeln pauken, dann stehen für die Schülerinnen und Schüler der achten Klassen viele wichtige Entscheidungen an: Weiter die Schulbank drücken oder rein ins Berufsleben? Bürojob oder körperliche Arbeit? In der Region bleiben oder wegziehen? Damit die Wahl nicht zur Qual wird, haben sechs Frauen und Männer aus Kirche und Jugendarbeit einen Parcours mit Begleitheft entwickelt, der den Jugendlichen hilft, sinnvolle Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Insgesamt 46 Achtklässlerinnen und Achtklässler der Realschule Plus in Traben-Trarbach haben bei der zweiten Auflage des Workshops Anfang Juni mitgemacht. Für den Herbst seien Multiplikatoren-Schulungen geplant, damit das Konzept auch an anderen Schulen der Region durchgeführt werden könne, berichtet Projektkoordinatorin Silke Heiseler vom Caritasverband Mosel-Eifel-Hunsrück e.V.

Weniger Praktikumsplätze im Corona-Schuljahr

„In diesem Jahr ist alles anders”, sagt Johannes Treitz, der seit 2012 als Schulsozialarbeiter an der Realschule Plus in Traben-Trarbach arbeitet. „Wegen der Pandemie sind viele Angebote für die Jugendlichen ausgefallen, deshalb sind wir sehr froh, dass wir den Workshop doch noch durchführen konnten.“ Der Parcours umfasst insgesamt 10 Stationen, an denen die Jugendlichen herausfinden können, wo ihre Stärken liegen, welche Entscheidungen sie in ihrem Leben bereits getroffen haben, welche Erwartungen sie an ihr künftiges Berufsleben stellen und wie man damit umgeht, wenn man doch mal scheitert. Im dazugehörigen Begleitheft „Step by Step Richtung Entscheidung” gibt es Impulse, Arbeitsaufträge und Platz für eigene Gedanken. Treitz berichtet, dass er im Corona-Schuljahr einen Effekt beobachtet habe, der sich ganz konkret auf die spätere Berufswahl der jungen Leute auswirkt: Viele Betriebe in der Region seien verunsichert, ob sie unter den geltenden Hygienebestimmungen die Praktikumsbetreuung überhaupt leisten können. Deshalb sei es für viele Jugendliche insgesamt schwieriger gewesen, einen Praktikumsplatz zu ergattern. Auch mussten in manchen Fällen bereits zugesagte Plätze kurzfristig wieder abgesagt werden.

Geneviève freut sich schon auf ihr zweiwöchiges Schüler-Praktikum im lokalen Einzelhandel.

Plan B statt „Kopf in den Sand”

Geneviève (15) aus Traben-Trarbach freut sich schon auf ihr zweiwöchiges Schüler-Praktikum im lokalen Einzelhandel. Besonders gut gefallen habe ihr die Station „Plan B”, die Gemeindereferentin Alina Liesch (26) gemeinsam mit Patrycja Murawska, Jugendpflegerin in der Verbandsgemeinde Traben-Trarbach, gestaltet hat. „Da ist mir klar geworden, dass ich eine gute Wahl mit meinem Praktikumsplatz getroffen habe”, freut sich Geneviève. Wenn sie vor einer Entscheidung stehe und unsicher sei, bespreche sie sich zunächst mit ihren Freunden und der Familie. „Aber auch unsere Lehrer können gute Tipps geben”, ergänzt sie. Liesch erklärt, worum es bei der Station geht: Viele Jugendliche hätten schon eine sehr klare Vorstellung davon, was sie später werden möchten. Manchmal gehe der Plan jedoch nicht auf. „Oftmals ergibt sich dann aber eine andere Möglichkeit, die letztlich genau das ist, was man sich wünscht. Wir wollen den Jugendlichen Mut geben, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, nur weil etwas mal nicht so funktioniert wie geplant. Wir wollen den Blick dafür weiten, dass es eben auch viele andere Möglichkeiten gibt, die sich im Nachhinein womöglich als noch besser herausstellen.“

Leonhard möchte Helikopterpilot werden

Leonhard (14) hat schon einen konkreten Plan fürs Leben: Er möchte Helikopterpilot bei der Bundeswehr werden. Ein Bürojob kommt für ihn nicht in Frage, denn Leonhard ist Legastheniker. Wer diese Krankheit hat, kann nicht gut lesen und schreiben. „Wenn ich etwas falsch schreibe, bin ich direkt traurig“, gesteht er. Wichtig sei ihm, dass er später im Beruf viel Bewegung habe, denn das tue ihm auch jetzt schon gut. Während er früher oft stundenlang wahllos Videospiele gezockt habe, gehe er jetzt lieber raus in die Natur. So bald wie möglich möchte er mit dem Segelfliegen beginnen – und kommt damit seinem Berufswunsch einen entscheidenden Schritt näher. Auch Florian aus Bengel weiß schon genau, wo es hingehen soll. Der 14-Jährige will Taucher werden und hat sich bereits ausführlich informiert. „Als Industrietaucher hat man immer Abwechslung und verdient gut. Kampftaucher wäre nichts für mich, dafür muss man auf einem sportlichen Hoch sein, das ich wahrscheinlich niemals erreichen werde”, schmunzelt er und ergänzt: „In Sachen Berufswahl ist mein Vater mein Vorbild und der beste Berater.”

Leonie aus Kinheim-Kindel möchte erst die Realschule beenden und danach Fachabitur machen

Rat suchen und gemeinsam neue Chancen entdecken

Sich darüber klar werden, an wen man sich im Zweifelsfall wenden kann – auch das wird im Workshop besprochen. Leonie aus Kinheim-Kindel möchte erst die Realschule beenden und danach Fachabitur machen. „Dann schaue ich weiter.” Ihr Praktikum absolviert sie in Kürze in einer großen Winzergenossenschaft, denn mit allem rund um den Rebensaft kennt sich die Winzertochter schon gut aus. „Bei Entscheidungen vertraue ich auf den Rat meiner Familie und meiner Freundinnen. Denen vertraue ich echt”, betont die 14-Jährige und reißt damit einen Kerngedanken an, der hinter dem Workshop steht. Die Gemeindereferentin Alina Liesch fasst ihn so zusammen: „Es ist wichtig, dass es Menschen gibt, zu denen die Jugendlichen Vertrauen haben, die sie auf ihrem Lebensweg begleiten und ihnen helfen, eigene verantwortungsbewusste Entscheidungen zu treffen. Den jungen Menschen Starthilfe beim Einstieg ins Berufsleben zu geben und gemeinsam mit ihnen neue Chancen zu entdecken – das sehe ich als meine Aufgabe.”

Der Workshop wurde in Kooperation mit dem Dekanat Wittlich und dem Caritasverband Mosel-Eifel-Hunsrück e.V. organisiert. Beteiligt waren die Projektkoordinatorin Silke Heiseler und Claudia Engler von der Suchtprävention (beide Caritasverband Mosel-Eifel-Hunsrück e.V.), Armin Surkus-Anzenhofer (Pastoralreferent Dekanat Wittlich), Alina Liesch (Gemeindereferentin Pfarreiengemeinschaft Mittlere Mosel), Johannes Treitz (Schulsozialarbeit, Palais e.V.) und Patrycja Murawska (Jugendpflegerin in der Verbandsgemeinde Traben-Trarbach). Die erste Auflage fand im Oktober 2019 statt und wurde im Rahmen der TAFF-Kampagne der Aktion Arbeit im Bistum Trier gefördert. Weitere Informationen gibt es bei Silke Heiseler, Tel.: 06571-9155-41, E-Mail: s.heiseler@caritas-meh.de und auf www.caritas-mosel-eifel-hunsrück.de.

(ih)

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