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missio-Gast Pfarrer Tesfaye Petros spricht über seine Arbeit in Äthiopien:Den Wert des Menschen lehren

"Bildung verdirbt Mädchen." Mit solchen Vorurteilen kämpft die katholische Kirche im südwest-äthiopischen Gambella. Missio-Gast Pfarrer Tesfaye Petros berichtet aus der verarmten Region.
Missio-Gast Pfarrer Tesfaye Petros aus Äthiopien (2. von rechts) mit Mitgliedern der eritreischen Gemeinde Trier und Thomas Kupczik (Pastoralreferent im Dekanat Trier, 3. von rechts) und Tomasz Welke (rechts außen) von der Diözesanstelle Weltkirche.
Datum:
28. Sept. 2018
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Es ist eine kleine, aber interessierte Gruppe, die sich im Keller des Haus Fetzenreich eingefunden hat, um Pfarrer Tesfaye Petros aus Äthiopien zuzuhören. Viele von ihnen kommen aus Eritrea, das sich in den 90er Jahren von Äthiopien abspaltete. Zwischen den Ländern herrscht erst seit Juli dieses Jahres Frieden. Tesfaye begrüßt sie als seine Schwestern, spricht von „einem Volk in zwei Ländern“. Etwa eine dreiviertel Stunde erzählt er von seiner Arbeit in der Provinz Gambella im Südwesten Äthiopiens an der Grenze zum Südsudan. Petros berichtet als missio-Gast auf Einladung der Diözesanstelle Weltkirche im Monat der Weltmission von seiner Arbeit.

Auch wenn die Globalisierung Äthiopien inzwischen längst erreicht hat, leben die Menschen in den ländlichen Gebieten oft weiterhin unter der Armutsgrenze. Kulturelle Konflikte zwischen den mehr als 80 Volksstämmen erschweren eine dauerhafte friedliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Nach Gambella versetzt zu werden, einem Dürre-Gebiet mit mehr Flüchtlingen als Einwohnern, Temperaturen von bis zu 49° C, in dem Malaria weit verbreitet ist, gilt als Strafe.

Nicht so für Tesfaye Petros. Er ging nach dem Priesterseminar freiwillig dorthin, um missionarisch zu wirken. Petros kommt aus der Gegend südlich der vergleichsweisen modernen Hauptstadt Addis Abeba. Doch selbst für ihn wird die 1000-km-Reise zu einem Kulturschock. So kämpft er zunächst mit der Skepsis der Einheimischen gegenüber den „Highlandern“, den Menschen aus den höher gelegenen Regionen im zentralen Äthiopien mit ihrer helleren Haut. Doch nach wenigen Treffen ließen ihn die Kinder meist schon nicht mehr los, erzählt er mit einem Lachen, bevor er weiter von den Problemen spricht.

„Ein menschliches Leben ist dort kaum etwas wert“, erklärt er. Das gilt vor allem für Mädchen, deren Wert nach der Mitgift berechnet wird, die die Familie bei der Heirat erhält. Auch Kinderehen sind hier keine Seltenheit. Daher sei eines der Hauptanliegen der katholischen Kirche die Bildung von Kindern, insbesondere Mädchen und Frauen. Zusätzlich lehrt sie, dass vor Gott jedes Leben gleich viel wert ist.

Für Petros ist die Kultur der Menschen in Gambella Fluch und Segen zugleich. Da ist einmal der Widerstand gegen Mädchenbildung, die Überzeugung die Kirche „verderbe“ die Mädchen, aber auf der anderen Seite eine sehr offene Kultur. Die Menschen teilen das Wenige, was sie besitzen. „Wenn man in Gambella jemanden beim Essen sieht, fragt man nicht, ob man sich dazu setzen darf, sondern tut es einfach.“ Auch am heutigen Abend haben seine „Schwestern“ aus der eritreisch-orthodoxen Gemeinde in Trier wie selbstverständlich Kaffee und Popcorn mitgebracht, das sie während des Vortrags auf der anderen Seite des Raums zubereiten und dann an alle Anwesenden verteilen.

Nach und nach gelinge es der katholischen Kirche mit ihrer pastoralen und sozialen Arbeit, die Kultur zu ändern. In den Dörfern etabliert sie Kindergärten – oft nicht mehr als ein Treffpunkt im Schatten eines großen Tamarindenbaums –, setzt sich für die Bildung von Mädchen und Frauen ein, unterstützt Frauen dabei, ein Einkommen zu erzielen, und organisiert wenigstens eine Mahlzeit für die Kinder in ihren Schulen. Für Petros is es daher kein Wunder, dass die katholische Kirche in Äthiopien trotz ihrer rein zahlenmäßig geringen Bedeutung (weniger als 1% der Äthiopier bekennen sich zur katholischen Kirche) für ihre caritative Arbeit ein hohes Ansehen genießt. Doch alleine könnten die 10 Priester in Gambella diese Aufgaben weder personell noch finanziell stemmen, erzählt Petros. Aktuell möchten sie beispielsweise zwei Kapellen im Jewi-Flüchtlingslager bauen, in dem rund 60.000 Menschen leben. Die Kapellen sollen Anlaufpunkt für die vielen Katholiken sein, ihnen ermöglichen, ihren Glauben auch im Flüchtlingslager zu leben und so in ihrer schwierigen Situation nicht die Hoffnung zu verlieren.

Im abschließenden Gespräch betont Petros auch, dass er eine gute Zukunft für die Kirche in Afrika sehe, denn „die Menschen wollen Gott!“ Ohne die Unterstützung von Organisationen wie missio sei seine Arbeit in Äthiopien jedoch nicht möglich, schließt Petros ab. „Ich bin den Menschen in Deutschland sehr dankbar für ihre Hilfe und bete immer für sie!“

(cl)