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Beim 6. Ethiktag diskutieren Ärzte und Seelsorger im Saarland über den assistierten Suizid.:„Der Wunsch nach Suizid-Hilfe ist für uns eine Herausforderung“

„Grenze – Gnade – Gesetz. Wenn Menschen durch assistierten Suizid sterben wollen“ lautet das Thema des 6. Saarländischen Ethiktags am Samstag in Saarbrücken. Was ein geplantes Gesetz für konfessionelle Einrichtungen bedeutet, erklärt der katholische Klinikseelsorger Klaus Aurnhammer.
Datum:
8. Feb. 2022
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Saarbrücken/Saarlouis – Darf ein Mensch – unabhängig von einer etwaigen Erkrankung – einen Arzt auffordern, ihm bei der Beendigung seines Lebens Hilfe zu leisten, indem er ihm ein Tod bringendes Medikament verschreibt, das er selbst einnimmt? Über diese Frage diskutiert am Samstag, 12. Februar, das Ethiknetz Saar, beim 6. Saarländischen Ethiktag, der unter dem Titel steht: „Grenze – Gnade – Gesetz. Wenn Menschen durch assistierten Suizid sterben wollen“. Das Ethiknetz Saar ist ein Zusammenschluss der Ethikkomitees der saarländischen Klinikbetreiber sowie der Ärztekammer des Saarlandes. Hauptrednerin ist Professorin Dr. Monika Bobbert von der Universität Münster.

Hintergrund der Diskussion ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von Februar 2020, das vom Bundestag fünf Jahre zuvor eingeführte Verbot der „geschäftsmäßigen Suizid-Beihilfe“ zu kippen, da es nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Das Gericht leitet aus dem Grundgesetz ein weitgehendes Recht auf selbstbestimmtes Sterben ab. Der Suizid sei ein Freiheitsrecht, das der Staat nicht einschränken dürfe. Der Bundestag ist nun gefordert, nach diesem Urteil ein entsprechendes Gesetz zu erlassen. Was bedeutet ein solches Gesetz zum assistierten Suizid für Kliniken und Heime in katholischer Trägerschaft? Darüber haben wir mit dem katholischen Klinikseelsorger Klaus Aurnhammer vom Marienkrankenhaus St. Elisabeth Saarlouis gesprochen. Er gehört dem Team an, das den Ethiktag vorbereitet.

Wie oft erleben Sie es in Ihrem beruflichen Alltag, dass Menschen den Wunsch nach assistiertem Suizid äußern?

Aurnhammer: „Das kommt schon vor, wenn natürlich auch nicht jeden Tag. Wenn Menschen danach fragen, passiert das überhaupt nicht leichtfertig, nie als Schnellschuss, sondern es ist ein Gedanke, der langsam gewachsen ist und dann zur Aussprache kommt. Wir Menschen hängen ja eher am Leben und sind getragen von einer großen Hoffnung, dass wir noch ein paar gute Jahre haben. Für uns auf der Palliativstation – ob jetzt als Arzt oder Seelsorger – ist es eine Herausforderung, damit umzugehen. Wir schauen, worin der Wunsch begründet liegt und was wir verändern können, damit die Situation für den Patienten wieder erträglich wird.

Was treibt Menschen an, die sich wünschen, lieber tot zu sein? Schmerzen, Angst, Einsamkeit?

Aurnhammer: „Ja, diese Gründe werden genannt und unser Hilfsangebot kann nicht alle Ursachen gleich gut auffangen. Es gibt Symptome, die wir durch palliative Behandlung gut behandeln können. Dazu gehören etwa Schmerzen und Atemnot. Die können wir durch medikamentöse Einstellung so lindern, dass sie für die Patienten wieder ein erträgliches Maß haben. Auch Unruhe und Angst können wir gut in den Griff bekommen. Aber gegen Einsamkeit gibt es keine Operation. Es ist ein tragendes Motiv derjenigen, die diesen Wunsch äußern.“

Wie lässt es sich feststellen, dass der Mensch, der den Wunsch nach assistiertem Suizid äußert, den Entschluss wirklich aus freiem Willen trifft und nicht aus dem Gefühl, niemandem zur Last fallen zu wollen?

Aurnhammer: „Diese Befürchtung ist nicht aus der Luft gegriffen. Es wird Menschen geben, die, durch die Entwicklung unserer Gesellschaft und ihre Vereinzelung sagen, dass sie sterben wollen, um ihren Nachkommen nicht zur Last zu fallen. Das finde ich als Christ schrecklich! Deswegen ist es gut, dass der Gesetzgeber jetzt aufgefordert ist, Regelungen zu treffen, dass nicht direkt nach dem erstmaligen Äußern des Sterbewunsches gehandelt wird. Es steht im Raum, dass durch mehrere Gespräche herausgefunden werden soll, was die wirklichen Motive des Menschen sind. Ist es ein tief verwurzeltes Motiv, aus dem Leben zu scheiden oder ist es etwas, das veränderbar wäre?“

Wenn sich also künftig jeder erbitten kann, Tod bringende Medikamente vom Arzt zu erhalten, welche Folgen hat das für konfessionell geführte Einrichtungen?

Aurnhammer: „Das Recht auf assistierten Suizid wird in unseren Einrichtungen keine Regelleistung werden, die eventuell sogar noch auf der Internetseite beworben wird. Unsere Auffassung ist es, den Menschen in der letzten Lebensphase gut und lindernd zu begleiten, anstatt den Tod herbeizuführen.“

Aber stellen sich dann die Einrichtungen, die sich weigern, dieses Gesetz anzuwenden, nicht quasi als Richter über den Gesetzgeber und das Bundesverfassungsgericht?

Aurnhammer: „Nein, diese Auffassung teile ich nicht. Es könnte eine Lösung etwa in der Art gefunden werden, dass ein Patient oder Heimbewohner bei seinem Einzug in die Einrichtung einen Aufnahmevertrag unterschreiben muss, der klar regelt, dass assistierter Suizid nicht zum Regelangebot gehört.“

Info: Der 6. Saarländische Ethiktag findet am Samstag, 12. Februar, von 9 bis 12.30 Uhr, als Online-Veranstaltung statt. Alle Interessierten können dem Vortrag von Professorin Dr. Monika Bobbert und der anschließenden Podiumsdiskussion nach vorheriger Anmeldung als Livestream via Zoom folgen. Anmeldung bis Donnerstag, 10. Februar, unter E-Mail anmeldung@aeksaar.de oder Telefon 0681-4003-274

(uk)