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Leiterin der Telefonseelsorge Saar verabschiedet:„Die Faszination Telefonseelsorge durchzieht mein Leben“

Nach 22 Jahren bei der Evangelisch-Katholischen Telefonseelsorge Saar – davon 16 Jahre als Leiterin – geht Heidrun Mohren-Dörrenbächer Ende Mai in den Ruhestand. Ihr Nachfolger wird Christoph Fleck.
Heidrun Mohren-Dörrenbächer geht nach 22 Jahren bei der Telefonseelsorge Saar in den Ruhestand.
Datum:
30. Mai 2023
Von:
Ute Kirch

Saarbrücken/Riegelsberg – Nach 22 Jahren bei der Evangelisch-Katholischen Telefonseelsorge Saar – davon 16 Jahre als Leiterin – geht Heidrun Mohren-Dörrenbächer Ende Mai in den Ruhestand. In Riegelsberg ist die 62-Jährige nun von Freunden, Kollegen und Vertretern der kirchlichen Träger verabschiedet worden. „Sie haben der Telefonseelsorge im Saarland nicht nur eine Stimme, sondern auch ein Gesicht gegeben“, würdigte Dirk Hennen, Diözesan-Beauftragter für die Telefonseelsorge im Bistum Trier das Engagement. Im Vorstand auf Landes- und Bundesebene habe sie sich gegenüber der Politik für die Belange der Telefonseelsorge stark gemacht. „Du hast mit Deiner Arbeit die Telefonseelsorge auf gute Füße gestellt“, sagte ihr Vorgänger, der Mitbegründer der Telefonseelsorge Saar Dieter Kuhnen und dankte ihr für ihren Einsatz. „Ich werde einiges vermissen, vor allem den Kontakt zu den Menschen, die sich hier engagieren, mit denen ich teils freundschaftlich verbunden bin, aber ich gehe auch mit Lust auf mehr Freiheit und mehr Zeit für Freunde und Kultur“, sagte Heidrun Mohren-Dörrenbächer.

Ihre Verbundenheit mit der Telefonseelsorge Saar währt schon 40 Jahre: Von 1983 bis 1991 arbeitete sie während des Studiums als Ehrenamtliche bei der Telefonseelsorge. „Am Anfang standen zunächst praktische Gründe. Die Faszination Telefonseelsorge, die mein Leben durchzieht, kam später“, sagt sie. So wollte sie während des Psychologiestudiums erste Berufserfahrung sammeln und sich durch die zusätzliche Ausbildung weiterqualifizieren. Es sei ein forderndes Ehrenamt, bei dem man sich selbst verändere. „Man entdeckt andere Dimensionen seiner selbst, als wenn man zu lange nur in seiner Blase verharrt. Man stellt in Beziehungen Manches in Frage, was auch für den Partner nicht immer einfach ist. Die Arbeit bei der Telefonseelsorge ist eine unglaubliche Erweiterung!“

Auch nach 1991 riss der Kontakt zur Telefonseelsorge nicht ab. Mohren-Dörrenbächer, inzwischen Mutter von drei Kindern, arbeitete beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) im Therapiebereich und war für Alleinerziehende, Adoptions- und Pflegeeltern zuständig. Darüber hinaus leitete sie Gruppen für Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch und Krebserkrankten.

 

Sechser im Lotto

Dirk Hennen, Diözesan-Beauftragter für die Telefonseelsorge, verabschiedet Heidrun Mohren-Dörrenbächer.

Die hauptamtliche Stelle bei der Telefonseelsorge im Jahr 2001 bezeichnet sie auch heute noch als „meinen Sechser im Lotto“. Als sie 2007 die Leitung übernahm, war sie die erste Frau an dieser Stelle – vor ihr hatte ein Priester die Position inne. An der Position schätzt sie vor allem die Vielseitigkeit: „Man arbeitet mit Gruppen oder Einzelpersonen, ist in Organisation, Schulung, Verwaltung und Spendenakquise tätig.“

Ratschläge bekommen die Anruferinnen und Anrufer keine. „Das durchschnittliche Gespräch dauert 20 Minuten. Es wäre anmaßend, wenn ich mir herausnehmen würde, in das Leben reinzureden und Tipps zu geben.“ Stattdessen hört sie zu, vermittelt das Gefühl, verstanden zu werden, in Kontakt zu treten. Vieles, was Mohren-Dörrenbächer und das Team in den Gesprächen ob per Telefon, E-Mail oder in der direkten Beratung zu hören bekommen, ist problembehaftet. „Sie hören hier sehr viel. Manches ging mir nah, aber ich habe gelernt, die Dinge hier zu lassen.“ Ein paar Menschen und ihre Geschichte seien ihr auch nach Jahren noch präsent. „Aber die Verantwortung für ihr Leben haben die erwachsenen Menschen selbst.“

Cybermobbing, Patchwork-Familien und Einsamkeit

Volker Bier, Heidrun Mohren-Dörrenbächer und ihr Nachfolger Christoph Fleck.

Die Probleme hätten sich während der Jahre verändert. So riefen früher mehr Meschen wegen Konflikten in der Partnerschaft an. Neu hinzugekommen seien Cybermobbing und vermehrt Probleme in Patchwork-Familien. Auch die Anrufe von psychisch erkrankten Menschen, die sich in einer Klinik befinden, hätten zugenommen. Über die Jahre sei das Thema Einsamkeit als Anrufanlass stark gestiegen – rund ein Drittel aller Ratsuchenden nennt dies als Grund für die Kontaktaufnahme. „Nicht nur ältere Menschen, sondern viele jüngere klagen auch über Einsamkeit. Bei ihnen kommt noch häufig eine große Verunsicherung hinzu. Sie quält die Frage, wie ihr Leben gelingen kann und wo sie Sinn finden.“  Junge Menschen seien überfordert von der Vielfalt der Möglichkeiten und der Idee, unbedingt das Richtige für sich finden zu müssen. Es gehe dann darum, ihnen einen neuen Blick zu ermöglichen und festgefahrene Vorstellungen infrage zu stellen.

Zur Arbeit bei der Telefonseelsorge gehören auch Wochenend- und Nachtdienste. „Das Telefon klingelt auch nachts ununterbrochen“, sagt Mohren-Dörrenbächer. „So viele Ehrenamtliche können wir gar nicht schulen, dass es genügend wären.“ So ärgert sie es, wenn niedergelassene Therapeuten vor ihrem Urlaub ihren Klienten sagen, sie mögen im Notfall bei der Telefonseelsorge anrufen. „Das können unsere Ehrenamtlichen, die zwar geschult, aber keine ausgebildeten Therapeuten sind, nicht auffangen!“ Ihrer Meinung nach braucht es mehr Therapieplätze sowie eine größere Anzahl von Begegnungsstätten, um Einsamen ein Angebot zu machen. Früher hätte es in den Stadtvierteln noch mehr kleinere Geschäfte gegeben, die das Bedürfnis vieler Leute nach einem kleinen Schwätzchen und kurzem persönlichen Kontakt aufgefangen haben.

Bei ihrem Nachfolger Christoph Fleck, der seit Jahren hauptamtlich bei der Telefonseelsorge arbeitet, weiß sie ihre Arbeit in guten Händen. Doch es werde zunehmend schwieriger, Menschen zu finden, die ehrenamtlich für die Telefonseelsorge arbeiten wollen. Doch sie ist überzeugt: „Die Tätigkeit hier ist etwas Wertvolles und Bereicherndes, das sich lohnt, fortgeführt zu werden.“