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Wie ein Holztäfelchen uns an unseren Wert erinnern soll:Die Würde des Menschen ist unantastbar?!

Zum 75. Geburtstages des Grundgesetzes daran denken, wie wertvoll wir sind
Mitarbeitende der Tonpost Trier setzen auf Würde unantastbar (Foto privat)
Datum:
23. Mai 2024
Von:
Constanze Haubrich

Trier – Fachkräftemangel, zu niedrige Geburtenraten und demografischer Wandel – das sind einige der Probleme, vor denen Deutschland im Jahr 2024 steht. Es fehlen Menschen, die Rädchen im Getriebe sein und den Wohlstand sichern können. Einen jeden und eine jede braucht es für den Arbeitsmarkt – und das am besten 40 Stunden an fünf Tagen in der Woche. Doch wie steht es um die Würde dieser Menschen? Die Frage wird umso brisanter mit Blick auf den 75. Geburtstag des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, der am 23. Mai gefeiert wird. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es hier. Und das ohne Bedingung.

„Gerade jetzt ist es wichtig, nicht nur die Demokratie, sondern auch das Leben und die Menschenwürde zu schützen“, sagt auch Judith Schwickerath, Pastoralreferentin im pastoralen Raum Schweich und Mitarbeiterin des Arbeitsfeldes Inklusion im Bistum Trier. In ihrer Arbeit falle der 38-Jährigen jedoch auf, dass Menschen, die nicht voll belastbar sind, oft als Menschen zweiter Klasse wahrgenommen würden. Dieses Problem verschärfe sich umso mehr durch rechtsextreme Strömungen, die spürbar durch Deutschland zögen. „Im Bereich Inklusion besteht immer noch die Diskussion, ob Menschen mit Beeinträchtigung voll am Leben teilhaben können. Auch in den Altenheimen sieht es nicht besser aus. Wie wir mit der älteren Generation dieser Gesellschaft umgehen, ist zum Teil menschenunwürdig.“

Dieser Sicht auf Menschen will Schwickerath etwas entgegensetzen: Ein quadratisches Holztäfelchen, auf dem die Worte „Würde unantastbar“ stehen. Verbildlicht wird diese wichtige Botschaft durch eine Krone in der Mitte, die zwar nicht ganz symmetrisch ist, dadurch aber die Aufmerksamkeit auf sich zieht. „Die Täfelchen habe ich letztes Jahr schon entdeckt und wollte sie auch für uns hier haben“, erzählt die Schweicher Pastoralreferentin begeistert. Die Idee stamme von dem Bonner Diakon Ralf Knoblauch, der vor allem bekannt für seine geschnitzten Königsfiguren ist. „Die Leute können sich die Täfelchen zu Hause oder auf der Arbeit aufstellen und werden so immer wieder an ihre eigene Würde erinnert.“

„Warum können wir nicht einfach Vielfalt leben?"

die Würdetäfelchen - barrierefrei mit Brailleschrift

Wer ein solches Täfelchen möchte, habe viele Möglichkeiten: „Wir haben 200 Stück bei den Werkstätten der Barmherzigen Brüder Schönfelderhof in Auftrag gegeben – die können zum Beispiel bei der Trierischen Tonpost angeholt werden. Es soll aber auch Orte geben, an denen die Menschen die Täfelchen selbst herstellen können, wie bei der Feier „Demokratie lebt vom Mitmachen – wir feiern das Grundgesetz“ am 30. Mai ab 17 Uhr rund um das Bürgerzentrum in Schweich.“ Die Motivation für ihre Arbeit und für das Projekt, welches von der Stiftung „GLAUBEN LEBEN“ gefördert wird, komme bei Schwickerath aus persönlichen Erfahrungen. „Ich habe sehr früh einen Bruder verloren, der mit einer Behinderung auf die Welt gekommen wäre. In meinem Leben bin ich auch sonst immer wieder auf Menschen gestoßen, die nicht selbstverständlich Teil am Leben haben durften. Jeder hat etwas Besonderes an sich, was ihn einzigartig macht. Warum können wir diese Vielfalt nicht einfach leben?“ 

Die hölzerne Erinnerung an die Würde des Menschen habe Schwickerath in letzter Zeit immer mit dabei in ihrer Tasche. Da viele gerade jetzt sehr für das Thema sensibilisiert seien, komme man durch die Täfelchen sehr gut darüber ins Gespräch. „Vielen ist gar nicht bewusst, dass das Grundgesetz in diesem Jahr 75 Jahre alt wird. Wenn man mit den Leuten darüber spricht, äußern viele Ängste.“ Das wurde der 38-Jährigen bei Pilgertagen im deutsch-luxemburgischen Naturpark noch mal bewusster. „Eine Teilnehmerin, die schon viel in der Welt rumgereist ist, hat den anderen verdeutlicht, dass die Freiheit in Deutschland nicht selbstverständlich ist.“ Vor allem bewegt habe Schwickerath aber die Geschichte eines Ehepaars, das eine iranische Gasttochter aufgenommen hat. „Das Mädchen kann in Deutschland Tanz studieren. Wenn sie damit zurückkehren würde in den Iran, folge für sie die Todesstrafe. Es ist krass, eine solche Geschichte zu hören.“

 

(ch)