Nach 174 Jahren wird der Konvent der Barmherzigen Schwestern aufgelöst:Die letzten Schwestern verlassen Wallerfangen
Wallerfangen – Nach 174 Jahren segensreichem Wirken verlassen die Barmherzigen Schwestern vom heiligen Karl Borromäus das St. Nikolaus-Hospital in Wallerfangen. Mit einem Pontifikalamt in der Pfarrkirche St. Katharina mit dem Trierer Weihbischof Franz Josef Gebert wurden die letzten beiden Ordensschwestern am Dienstag, 6. Dezember, verabschiedet. Schwester Claudia Meyer und Schwester Waltraud Schnitker kehren ins Mutterhaus nach Trier zurück. Der Konvent in Wallerfangen wird aufgelöst. Dank des unermüdlichen Einsatzes der Schwestern im sozialen und gesundheitlichen Bereich wurde das St. Nikolaus-Krankenhaus in Trägerschaft der Adolf von Galhau’schen Sophienstiftung zum prägenden Bestandteil weit über Wallerfangen hinaus.
„Ihnen, den Schwestern vom Heiligen Karl, gilt der Dank der Kirche von Trier für Ihr Zeugnis des Daseins, der Verlässlichkeit und des Anpackens. Viele Schwestern haben die Spuren Gottes in der Gemeinde, der Region und in den Einrichtungen der Sophienstiftung in besonderer Weise hinterlassen“, würdigte Weihbischof Gebert das Wirken der Ordensgemeinschaft. Neben Dankbarkeit herrsche auch Trauer über die Notwendigkeit, eine lange Tradition segensreichen Wirkens aufgeben zu müssen. „Ihr Zeugnis wird weitergegeben an die Menschen, die Unterstützung brauchen“, sagte Gebert.
Der Weggang der Ordensschwestern sei ein „Verlust“ und ein „tiefer Einschnitt in die innere Verfasstheit“ der Sophienstiftung, sagte auch der Stiftungs-Vorsitzende Dominique Villeroy de Galhau: „Wir verlieren mit den Schwestern auch eine gewisse Sichtbarkeit gelebter christlicher Nächstenliebe und Menschlichkeit.“ Er versprach: „Wir werden in ihrem Sinne nach unserem christlich orientierten Leitbild den Menschen, die unsere Hilfe brauchen, in der Zukunft dienen.“ Patientinnen und Patienten schätzten die vertrauten Gespräche in Grenzsituationen des Lebens mit den Schwestern. „Auch die Kinder unseres Kinderheims werden Sie vermissen.“
In den vergangenen Wochen haben die Schwestern parallel zu ihrem Dienst in der Seelsorge den Konvent aufgelöst, den Hausstand aussortiert und unzählige Kisten gepackt. „Ich habe immer gedacht, von hier wegzugehen werde unglaublich schwer. Doch seit einem Jahr bin ich gesundheitlich angeschlagen und nun dankbar, dass ich Abschied nehmen darf“, sagt Schwester Claudia Meyer, die seit 13 Jahren in Wallerfangen lebt. „Als ich 2009 hierher kam, waren wir noch zu siebt“, blickt sie zurück. Einige Schwestern seien inzwischen verstorben oder lebten ebenfalls bereits im Trierer Mutterhaus. In Wallerfangen habe sie sich sehr wohlgefühlt und sei mit den Menschen verbunden – etwa als Mitglied im Kirchenchor, im Pfarrgemeinderat oder im Frauenhistorischen Arbeitskreis.
Wenn sie in wenigen Tagen nach Trier zieht, wird es für die gebürtige Triererin ein Heimkommen. Mit 26 Jahren entschied sie sich – nach Ausbildungen im kaufmännischen Bereich und in der Krankenpflege – dem Orden der Barmherzigen Schwestern des heiligen Karl Borromäus beizutreten. Ihr Berufsleben führte sie zehn Jahre lang nach Osnabrück, wo sie in der Psychiatrischen Pflege eingesetzt war. Sie leitete zudem den Konvent in Trier und war Krankenhausoberin im Mutterhaus und davor zehn Jahre Leiterin in der Krankenpflegeschule. Für Mitschwester Waltraud Schnitker wird es in Trier ein Neuanfang. Die gebürtige Ostwestfalin kam vor zwei Jahren aus Berlin nach Wallerfangen. Mitten in der Pandemie mit ihren Einschränkungen kein einfacher Start. Nach ihrer Ausbildung zur Krankenpflegerin ist sie mit 22 Jahren in den Orden eingetreten. Nach ihrem Noviziat in Hamburg wurde sie Stationsleiterin in Koblenz, in Köln absolvierte sie die Ausbildung zur Krankenpflege-Lehrerin. Im Anschluss übernahm sie in Hamburg für 20 Jahre die Leitung der Krankenpflegeschule, bevor sie 1993 nach Berlin ans St. Hedwig-Krankenhaus wechselte.
Zu Hochzeiten lebten in Wallerfangen rund 20 Borromäerinnen, die überall anpackten, wo sie gebraucht wurden: in der Küche, im Nähzimmer, im Kinderheim, in der Pflege, in der Verwaltung, in der Bibliothek, in der Waschküche und in der Seelsorge. Die letzten Jahre widmeten sich die Schwestern der Seelsorge und nahmen sich dabei vor allem Zeit für Gespräche am Krankenbett. „Mit Religion wollen wir nichts zu tun haben“, erinnert sich Schwester Claudia Meyer an die erste Reaktion zweier Frauen. Doch ihr schlichtes „Ich wollte nur mal hören, wie es Ihnen geht“ öffnete Türen wie Herzen. „Am Ende haben wir uns eine Stunde lang unterhalten“, blickt sie zurück und betont: „Es ging uns nie ums Bekehren, sondern ums Dasein, ums Zuhören.“ Oft seien die Patientinnen und Patienten froh gewesen, mit jemandem über ihr Leben, den gesundheitlichen Zustand oder ihre Gefühle sprechen zu können.
Die Seelsorge wissen die Schwestern nach ihrem Abschied im St. Nikolaus-Hospital in guten Händen. Der Klinik-Seelsorger aus Saarlouis schaue regelmäßig vorbei, ebenso ein Pastoralreferent und eine evangelische Pfarrerin. „Es geht alles weiter, nur eben ein wenig anders“, meint Schwester Claudia Meyer.
Hintergrund:
Wohlhabende Wallerfanger Bürger gründeten angesichts großer sozialer Nöte 1838 den Armenverein, auf dessen Bitte 1848 die ersten drei Barmherzigen Schwestern vom Mutterhaus St. Charles in Nancy nach Wallerfangen kamen. Eine zur Betreuung der Kranken, die anderen zur Leitung des Altenheims, die dritte für die innere Verwaltung der Einrichtung. Der Armenverein ging 1878 durch einen Schenkungsakt in die von Adolphe de Galhau 1857 ins Leben gerufene Sophienstiftung über. In den 174 Jahren haben über 500 Barmherzige Schwestern hier gelebt und den Menschen gedient. Als 1971 das saarländische Gesundheitsministerium der Stiftung mitteilte, dass das Krankenhaus nicht mehr in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommen werden sollte, kämpfte die Verwaltungsdirektorin Schwester Astrid für den Erhalt und klagte bis zum Bundessozialgericht. 1991 erreichte sie einen Vergleich mit der Landesregierung und den Kostenträgern, der dazu führte, dass die Stiftung eine Fachklinik für Geriatrie mit Reha- und Akutbereich sowie eine Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie betreiben darf. Das Krankenhaus war gerettet. „Alle, die damals dabei waren, sagen, den Erfolg haben wir hauptsächlich Schwester Astrid und damit auch dem Orden der Borromäerinnen zu verdanken“, sagt Stiftungs-Vorsitzender Dominique Villeroy de Galhau.
(uk)