Bischof Ackermann besucht am Josefstag Berufsbildende Schulen :Digitale Welt aus Sicht der Jugend
Trier – Wie leben Jugendliche heute in einer zunehmend digitalisierten Welt? Unter dem Leitwort „Leben 4.0 – Jugend braucht Perspektive“ stand diese Frage im Mittelpunkt des diesjährigen Josefstages am 19. März. Die Aktion stellt die Arbeit der katholischen Jugendsozialarbeit und Berufshilfe für benachteiligte Jugendliche in den Fokus.
Was Digitalisierung ganz konkret im Leben junger Flüchtlinge bedeutet, konnte Bischof Stephan Ackermann bei seinem Besuch in der Berufsbildenden Schule Technik und Gestaltung (BBs GuT) in Trier erfahren. „Mein Smartphone heißt für mich, dass ich Kontakt mit meiner Familie und meinen Freunden in Syrien halten kann, dass ich informiert bin“, sagt der 16-jährige Amir aus Syrien. Genau wie rund 90 andere junge Flüchtlinge absolviert er derzeit das Berufsvorbereitungsjahr mit Schwerpunkt Sprachförderung an der Berufsschule. Im Gespräch mit dem Bischof konnten die jungen Männer an diesem Tag ganz offen ihre Fragen stellen, die sie mit ihrer Sprachlehrerin vorbereitet hatten – und auch von ihren Erfahrungen erzählen. Das Handy helfe, sich mit anderen zu vernetzen, auch einmal Sachen für den Unterricht zu recherchieren und natürlich bei der Übersetzung ins Deutsche. Von Ackermann wollen die 16-18-Jährigen wissen: „Wie wird man Bischof, welche Aufgaben haben Sie und was haben Sie als Jugendlicher in Ihrer Freizeit so gemacht?“ Ackermann zeigte sich beeindruckt von den Sprachfähigkeiten der Schüler, erzählte von Besuchen in Syrien und persönlichen Erfahrungen mit digitalen Themen.
Dafür, dass die Integration der jungen Flüchtlinge gut gelingt, setzte sich ein Kooperationsprojekt zwischen der BBS und der „learn-factory“ des Caritasverbands Trier ein. „Allein in der Stadt und dem Landkreis Trier Saarburg leben rund 400 Flüchtlinge zwischen 18 und 25 Jahren. Die sind ein großes Potenzial für den Arbeitsmarkt – müssen aber natürlich erstmal entsprechend qualifiziert und ausgebildet werden“, erklärt Torsten Gärtner, Einrichtungsleiter der learn-factory. 2015 seien spezielle berufsvorbereitende Sprachklassen eingerichtet worden, aber der zusätzliche Betreuungsaufwand habe die zeitlichen Kapazitäten der Lehrer schnell überstiegen. Zuerst habe die „learn-factory“ die BBS mit einem Ausbildungspaten-Projekt unterstützt und ein Netzwerk ehrenamtlicher Helfer aufgebaut. 2016 wurde dann die Stelle einer Integrationslotsin geschaffen und seit Januar 2018 gibt es eine extra Schulsozialarbeiterin mit dem Schwerpunkt Integration. Die Aufgaben von Integrationslotsin Melanie Metzger-Nikolic und Schulsozialarbeiterin Silke Schares sind vielfältig: „Wir beraten und begleiten die jungen Flüchtlinge, unterstützen die Lehrekräfte beim Konfliktmanagement, helfen den Schülern bei Bewerbungen und machen bei Bedarf Angebote der Elternarbeit“, berichtet Schares. Die Vernetzung der jungen Flüchtlinge sei manchmal zweischneidig: „Einerseits ermöglicht die moderne Kommunikation, mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben, macht teilweise auch die Flucht überhaupt erst möglich, andererseits erschwert es teilweise die Integration hier.“ Aktuell stehen die Berufsbildenden Schulen und ihre Schulsozialarbeit vor einer neuen Herausforderung: „Das Bildungsniveau der Flüchtlinge sinkt seit 2017 – es kommen nun mehr Flüchtlinge aus Afrika, die teilweise nicht mal alphabetisiert sind. Deshalb müssen wir niedrigschwellige Unterrichtspläne entwickeln“, erklärte Schulleiter Michael Müller, der den Bischof bei seinem Besuch genau wie einige Kollegen aus der Lehrerschaft beim Besuch begleitete.
Beispielhaft werde hieran aber auch ein großes Problem der Digitalisierung offenbar, das nicht nur für ausländische sondern genauso für deutsche Jugendliche gelte, erklärte Integrationslotsin Metzger-Nikolic: „Heute hat zwar so gut wie jeder Jugendliche ein Handy, aber das heißt noch lange nicht, dass sie auch alle den gleichen Zugang zur digitalen Welt haben – da kommt es stark auf Herkunft, Wohnort, Alter, finanzielle Möglichkeiten, soziale Beziehungen und Bildungsgrad an. Der Umgang mit sozialen Medien will eingeübt sein, und bei den immer höheren Anforderungen und der Schnelllebigkeit wird eine bestimmte Gruppe von jungen Leuten auch einfach abgehängt werden. Da versuchen wir, fair und sozial Lösungen zu finden.“ Von der Problematik der sich ständig weiter entwickelnden Technik auch im Handwerk erfuhr Ackermann dann bei den Jugendlichen in der Berufsfachschule Schwerpunkt Holztechnik. Bald werden 60 Prozent der Arbeiten eines Tischlers von Maschinen übernommen werden, berichtete der 16-jährige Jan-Niklas. Was das künftig für die Arbeitsmarktchancen vor allem benachteiligter Jugendlicher heißt, könne man sich ausmalen, sagte Schulleiter Müller. Er wünsche sich auch von der Politik, dass man mit Schulen und anderen Akteuren in einen Dialog trete, Ideen entwickle, wo genau man mit der Ausbildung und der Berufsvorbereitung gesellschaftlich in Zukunft hin wolle. „Ich sehe da noch keinen Plan, der auf die Digitalisierung eingeht.“
Die Aktion Josefstag findet jedes Jahr rund um den 19. März statt. Der Heilige Josef ist Schutzpatron der Arbeiter und Jugendlichen. Sein Gedenktag ist der 19. März. Der Josefstag ist eine Aktion der Initiative „arbeit für alle“ des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Bischofskonferenz (afj) und der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS). Zum Josefstag laden Einrichtungen der katholischen Jugendsozialarbeit bundesweit neben kirchlichen Würdenträgern auch gesellschaftliche Entscheiderinnen und Entscheider zu einem Besuch bei und Begegnung mit benachteiligten Jugendlichen ein.
(sb)