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Überregionale Fastenaktion läuft zum Jahresende aus:Ein Blick auf 22 erfolgreiche Jahre Autofasten

Die überregionale Fastenaktion läuft zum Jahresende aus. Vor 22 Jahren wurde sie vom Bistum Trier mitbegründet.
Auf dem Foto zu sehen bei der letzten Saison des Autofastens 2020 (Vlnr.) Superintendent Dr. Jörg Weber vom Evangelischen Kirchenkreis, Judith Rupp, Direktorin des Bereichs Kommunikation und Medien des Bistums Trier, Gregor Schäfer, Geschäftsführer der BÜS-Bürgerservice GmbH, Andreas Ludwig, Beigeordneter der Stadt Trier (Foto: Bistum Trier)
Datum:
2. Okt. 2020
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier/Koblenz/Saarbrücken – „Es ging uns nie darum, mit dem Finger auf ‚die bösen Autofahrer‘ zu zeigen“, erklärt Hans-Gerd Wirtz mit Blick auf die „Aktion Autofasten“, die nach 22 Jahren endet. Der Grundimpuls, die Aktion 1998 ins Leben zu rufen, sei ein positiver gewesen. „Denn selbst wenn ich auf das Auto angewiesen bin, kann ich mir doch immer auch die Frage stellen, wann ich es wirklich brauche? Gibt es nicht auch Alternativen?“ Diese Fragen an das eigene Gewissen bleiben aktuell, auch wenn die Aktion Autofasten mit dem Jahr 2020 zu Ende geht.

„Als das ‚Autofasten‘ vor 22 Jahren gestartet ist, war das eine völlig neue Aktion. Und ich bin stolz, dass diese Aktion von unserem Bistum mitbegründet wurde“, würdigte Bischof Dr. Stephan Ackermann die Initiative. „Über die Jahre konnten wir so – zusammen mit Partner aus dem kirchlichen und außerkirchlichen Bereich – viele Menschen im wahrsten Sinne des Wortes bewegen, über ihre Art der Mobilität nachzudenken, und Einstellung für den Aktionszeitraum und vielleicht sogar dauerhaft zu verändern.“

Es war Hans-Gerd Wirtz, der die Idee zuerst ins Bistum Trier brachte. Als Leiter der Diözesankommission für Umweltfragen des Bistums (DKU) war er Mitglied einer Runde der Umweltbeauftragten der deutschsprachigen Diözesen. Im Bistum Bamberg war die Idee des Autofastens – wenn auch in viel kleinerem Maßstab – schon für die Stadt Nürnberg eingeführt worden. In Trier fand Wirtz mit dem früheren Leiter der Bischöflichen Pressestelle in Saarbrücken, Hans Georg Schneider, und dem damaligen Neunkircher Jugendpfarrer Christoph Klemann zwei Mitstreiter, mit denen er die Initiative in einem größeren Maßstab plante und auf den Weg brachte – von Anfang an ökumenisch.

Kirche als Vorreiter beim Klimaschutz

„Wir waren mit einem gesellschaftlichen Thema, dem Klimaschutz, früh am Start – über 20 Jahre vor dem ersten Klimastreik von ‚Fridays for Future‘“ sagt Hans Georg Schneider. „Am Anfang waren schon dicke Bretter zu bohren, in der Öffentlichkeit, aber auch bei den Kirchen“, erinnert er sich, bis alle Beteiligten, die Verkehrsbetriebe, die Umweltverbände und kirchlichen Institutionen verstanden hätten, dass sich ihre Ziele in der Aktion sinnvoll ergänzen.

Die Idee zündet. Im Anfangsjahr waren es zwei Regionen, das Saarland und die Region Trier, mit 172 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die für das Autofasten zu gewinnen waren – auch der ADAC im Saarland und in Rheinland-Pfalz kooperierten im ersten Jahr. Etwa zehn Jahre später waren es knapp 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern: in Trier, Mainz, Saarbücken, Speyer, Darmstadt und in Luxemburg. Nach ihrer Motivationen gefragt gaben diese an, dass es ihnen wichtig sei, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Dieser Ansporn sei stärker als der Vorteil für die eigene Person, etwa die eigene Gesundheit. „Was uns letztendlich immer in unserer Arbeit bestärkt hat war, dass etwa die Hälfe der Teilnehmenden im Anschluss an die Aktion berichteten, dass sie auch dauerhaft ihr Verkehrsverhalten geändert hätten – und rund vier Prozent wollten sogar mindestens ein eigenes Auto abschaffen“, erzählt Wirtz.

Von Trier und Saarbrücken aus bis nach Luxemburg und Österreich

Der Funke sprang auch auf andere Diözesen und Kirchen über. Bis zum Schluss wurde die Aktion von einem Trägerkreis getragen, an dem beteiligt waren das Bistum Mainz, die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, die Evangelische Kirche im Rheinland, das Bistum Trier, das Erzbistum Köln und das Bistum Fulda. Auch die österreichischen Diözesen bieten bis heute Autofasten an. Weitere Partner waren die Landeszentrale für Umweltaufklärung in Rheinland-Pfalz, das saarländische Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und das Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Die Verkehrsverbünde und Verkehrsunternehmen in den Aktions-Regionen beteiligten sich mit Angeboten und Gewinnspielen, verbilligte Fastentickets oder Frei-Tickets. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Bistum Trier erhielten besondere Vergünstigungen beim SaarVV, Verkehrsverbund Rhein-Mosel und dem Rhein-Nahe-Verkehrsverbund. Unterstützt wurde die Initiative zudem von Umweltverbänden wie dem Naturschutzbund Deutschland (NABU), dem Bund Umwelt- und Naturschutz (BUND), Greenpeace, der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und dem Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC). Allein bis 2019 hatten sich mehr als 25.000 Frauen und Männer an der Aktion Autofasten beteiligt.

An der Weiterentwicklung der Aktion Autofasten nach ihrer Evaluation im Jahr 2012 war der verstorbene Direktor Dr. Gundo Lames als Vertreter und langjähriger Leiter des Trägerkreises maßgeblich beteiligt. Es wurde eine Geschäftsstelle eingerichtet, die von den Trägern finanziert wurde. Für Lames war das Autofasten eine Möglichkeit, hinsichtlich des Klimawandels die eigene Öko-Bilanz auf den Prüfstand zu stellen und die Vorteile zu benennen, die der Verzicht auf das Auto mit sich bringt – von kürzeren Wartezeiten in Staus bis zur fehlenden Notwendigkeit eines Parkplatzes.

Fahrrad statt Auto

Ein anderes Bild von Kirche

„Wir haben zweimal die Aktion evaluieren lassen, und die Ergebnisse haben uns in unserer Arbeit bestätigt“, erklärt Schneider. „Etwa jeder zweite Teilnehmer gab ein religiöses Motiv zur Beteiligung an.“ Die Suche nach einer zeitgemäßen Form des Fastens sei dabei besonders wichtig gewesen. „Und Kirche wurde positiv wahrgenommen. Sie wurde sichtbar jenseits des oft engen, selbstgesteckten Rahmens.“ Mit der offenen Ausrichtung der Aktion Autofasten in die Gesellschaft hinein und mit vielen Partnerinnen und Partnern aus unterschiedlichen Kontexten sei konkret umgesetzt, was die Bistumssynode Jahre später diskutiert habe. „Die Aktion aus finanziellen Gründen einzustellen, ist ein falsches Signal“, so das Fazit von Hans Georg Schneider.

„Wir sind darüber auch alles andere als glücklich“, betont der evangelische Pfarrer Hans Jürgen Gärtner, Gemeindedienst für Mission und Ökumene, für den Trägerkreis der Aktion. „Allerdings haben sich aufgrund der finanziellen Unwägbarkeiten, die die Corona-Krise für die Träger der Aktion zeigt, gleich mehrere Kirchen und Bistümer aus der Aktion für 2021 zurückgezogen oder ihre Unterstützung gekürzt.“ Daher sei für 2021 die Aktion Autofasten finanziell nicht mehr darstellbar gewesen.

„Jetzt endet die Aktion – aber nicht, weil sie nicht mehr sinnvoll ist“, betonte Bischof Ackermann. „Vielmehr habe ich den Eindruck, dass es für viele Menschen mittlerweile ganz selbstverständlich ist, bewusst über ihre Mobilität nachzudenken und entsprechend zu handeln.“ Für Kirche heiße das aber auch nicht, das grundsätzliche Thema aus den Augen zu verlieren: „Die Bewahrung der Schöpfung, das Thema Klimagerechtigkeit und alle damit zusammenhängenden Herausforderungen sind uns nicht erst seit der Papst-Enzyklika ‚Laudato si‘ ins Stammbuch geschrieben.“ Bischof Ackermann: „Ich danke allen, die sich über die Jahre hinweg für die Aktion Autofasten eingesetzt haben. Ich glaube, wir haben damit die Welt ein ganz klein bisschen besser gemacht.“

(tef)