Andernacher Pfarrer begleitet als Seelsorger Kreuzfahrten:Ein Bord-Geist auf hoher See
Andernach – Seit ein paar Jahren boomen Kreuzfahrten. Die Leidenschaft für diese Art des Reisens kann Pfarrer Stefan Dumont mit seinem Beruf vereinbaren: Der Geistliche der Pfarreiengemeinschaft Andernach ist einmal im Jahr als „Kreuzfahrtpfarrer“ tätig.
Seit etwa vier Jahren entdeckt der Besitzer eines Segelscheins auf diese Weise zusammen mit tausenden Passagieren mitunter entlegene Ziele.
Redereien fragen für bestimmte Routen katholische wie evangelische Seelsorger an. 80 Reisen sind das für im kommenden Jahr. Vermittelt werden die Jobs für die katholischen Bordgeistlichen über das Auslandssekretariat der Deutschen Bischofskonferenz.
Dinner, Pool-Party, Landgänge, Sportkurse, Wellnessanwendungen, Bingo und dazwischen werktags ein Morgenlob und sonntags eine Messe in der Lounge am Bug mit Blick auf die offenen See. „Der schönste Arbeitsplatz, den das Schiff zu bieten hat“, ist sich Dumont sicher. Auf seinem letzten Schiff gab es knapp 600 Passagiere, von denen etwa 80 bis 100 Menschen am Sonntagsgottesdienst teilnahmen. „Das ist ein Prozentsatz, den ich in der Gemeinde nicht habe“, stellt er fest. „Man glaubt gar nicht, wie viele Leute auf so einem Kreuzfahrtschiff regelmäßige Kirchgänger sind“.
Der Altar ähnelt eher einem Tapeziertisch, denn er ist zusammenklappbar. Darauf befindet sich neben einem Kreuz eine LED-Kerze. Die Lounge in eine Kirche zu verwandeln, ist die Aufgabe eines Stewarts. „Das machen die mit viel Liebe“, betont Dumont. Hostien bringt der Pfarrer selbst mit. Kelch, Hostienschale und das katholische wie evangelische Gesangbuch sind vorhanden.
Doch nicht nur für die Gäste bietet er Gottesdienste an, sondern auch für die Crew. Diese besteht meist aus Filipinos, die in der Regel katholisch sind. Das Setting sei ein ganz anderes: Der Gottesdienst findet im Speisesaal der Bediensteten tief in der Nacht statt. „Es sind ganz liebe, aufgeschlossene Menschen, die sich wahnsinnig freuen, dass sie in diesem harten Alltag jetzt einfach mal eine Stunde Gottesdienst feiern können“, berichtet Dumont aus dem für Passagiere verschlossenen Crew-Bereich. Wichtig sei den Frauen und Männern, ihre Verwandten und Freunde in der Heimat mit in das Gebet aufzunehmen.
Für Trauungen wird er eher selten angefragt. Da sei der Kapitän einfach beliebter, gibt er zu. Doch Goldhochzeitpaare werden im Rahmen des Gottesdienstes schon mal gesegnet.
Neben Gottesdiensten hat er als Bord-Geist, wie er sich und seine Kolleginnen und Kollegen nennt, noch andere Aufgaben. Er hält Vorträge und begleitet Ausflüge - und hat ein Auge darauf, dass dabei niemand verloren geht. Wer möchte, kann hier das Bild des guten Hirten aus der Bibel heranziehen.
Und dann ist Dumont schon mal Gast an einem Tisch mit Alleinreisenden – seelsorgerische Gespräche zwischen Trüffelterrine und Hummer? „Man kann die Leute pastoral auch einfach überfahren. Und das ist überhaupt nicht angebracht. Ich bin eher für ein sanftes Angebot und gucke, wer springt an.“ Redebedarf gibt es auf solch einer Reise, die für manche Passagiere mehrere Monate dauert, ausreichend. „Es gibt tatsächlich Leute, die machen so eine Tour, um irgendeinen Schicksalsschlag oder eine Trennung zu verarbeiten“. Weitere Themen sind die christliche Erziehung der Enkelkinder, die „Firma Kirche“ und die Veränderungen in den einzelnen Bistümern. „Man ist dann auch Zusammenführer von kirchlich Engagierten und moderiert quasi, im positiven Sinne, eine Selbsthilfegruppe“, berichtet Dumont von seinen Beobachtungen.
Der Pfarrer ist begeistert von seiner Möglichkeit, Seelsorge auf einem Kreuzfahrtschiff zu leisten, denn er ist fasziniert von der Seefahrt. „Ich glaube, wenn ich nicht ‚bei Kirchens‘ irgendwas geworden wäre, wäre ich wahrscheinlich in den Bereich gegangen.“
Das Interview als Podcast gibt es auf www.bistum-trier.de.
(jf)