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Pater Prof. Dr. Niederschlag zum Thema „Organtransplantation“:Ein Höchstmaß an Nächstenliebe

Am 2. Juni ist der bundesweite Tag der Organspende. Moraltheologe und Pallottinerpater Prof. Dr. Heribert Niederschlag benennt Argumente in einem sensiblen Thema
Pater Prof. Dr. Heribert Niederschlag SAC
Datum:
17. Mai 2018
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Vallendar/ Saarbrücken – Ein einziger Mensch kann das Leben von bis zu sieben anderen retten und zwar wenn er Organspender ist. Viele stehen dem Thema Organspende durchaus positiv gegenüber, doch nur etwa ein Drittel der Deutschen besitzt einen Organspendeausweis. Der bundesweite Organspendetag am 2. Juni, der diesem Jahr unter anderem mit einem ökumenischen Gottesdienst in Saarbrücken begangen wird, macht auf das sensible Thema aufmerksam. Moraltheologe und Pallottiner Prof. Dr. Heribert Niederschlag von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar benennt unterschiedliche Gründe für diese Zurückhaltung.

„Es kam 2012 zu einem intensiven Einbruch durch die Transplantationsskandale in einigen Kliniken und da ist das Vertrauen stark beschädigt worden“, erklärt Niederschlag. Ärzten wurde damals vorgeworfen, sie hätten ihre Patienten kranker dargestellt, damit sie auf der Warteliste für Transplantationen weiter nach oben rutschten. Mehr als 10.000 Menschen in Deutschland warten auf ein Spenderorgan. Etwa 1000 sterben im Verlauf eines Jahres, weil es keinen passenden Spender gibt.

Das verlorene Vertrauen wieder aufzufangen sei schwer. „Man hat es dadurch versucht, dass die Krankenkassen im Zuge eines neuen Gesetzes daran gehalten sind, in bestimmten Zeitabständen über die Organspende zu informieren und eventuelle Ängste abzubauen“, berichtet Niederschlag. Zudem habe sich das Verfahren der Organvermittlung verändert: „In jedem Krankenhaus mit Intensivstation muss ein Transplantationsbeauftragter benannt werden, der die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) darüber informiert, dass unter Umständen eine Organtransplantation möglich wäre.“ Unabhängige Fachärzte untersuchen, ob Organe entnommen werden können. Die Ergebnisse werden anschließend an die europäische Organvermittlungsstelle Eurotransplant übermittelt, die ein Punktesystem aufgrund von Dringlichkeit und Erfolgsaussichten führen. Diese Punkte entscheiden über die Rangfolge. „Natürlich werden die, die in akuter Lebensgefahr schweben, bevorzugt.“ Es sei jedoch nicht gänzlich auszuschließen, dass es wieder zu Unregelmäßigkeiten bei der Organvergabe „durch das Konkurrenzdenken der einzelnen der 47 Transplantationszentren und den Ehrgeiz einiger Ärzte, möglichst viel zu transplantieren“ kommen könnte.

Einen weiteren Grund für die Zurückhaltung gegenüber Organtransplantationen sieht Niederschlag auch im sogenannten Hirntodkriterium. „Ein Spender soll tot sein, aber es werden lebende Organe benötigt“, dies sei schwierig nachzuvollziehen, „denn entweder ist man tot, dann sind die Organe auch tot oder man lebt.“ 1968 wurde der Hirntod als Todeszeitpunkt definiert. Doch diese Hirntodüberlegung sei in den vergangenen Jahren arg ins Wanken geraten. „Letztlich setzt sich doch durch, dass das Hirntodkriterium wohl nicht der Tod des Menschen ist. Das Sterben ist ein Prozess und niemand kennt den Endpunkt.“ Das Leben könne sich noch hin dehnen jenseits der Grenze, die von den Apparaturen erfasst wird. „Es ist nicht ausgeschlossen, aber man kann medizinisch doch mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass hier der Mensch nicht mehr zurückkommen wird, zu einem bewussten Leben oder auch zu einem Leben, das ohne die Apparaturen überhaupt noch überlebensfähig ist.“ Doch es bliebe eine gewisse Unsicherheit: „Wir können nicht erkennen, wann der Mensch endgültig tot ist, das liegt jenseits des Erforschbaren.“ Es müsse ein Höchstmaß an Sicherheit gegeben sein, dass jemand tatsächlich nicht mehr weiterlebt, betont Niederschlag.         Für die Angehörigen sei es schwierig nachzuvollziehen, dass ein von ihnen geliebter Mensch tot sei, denn „wenn jemand an einer Herzlungenmaschine oder an Beatmungsgeräte angeschlossen ist, sieht er nicht wie tot aus. Das ist das Erschütternde.“ Manche hätten dann den Eindruck: Der lebt doch noch. „Ärzte aber sagen, die Daten sind hier eindeutig, er wird aufgrund der Apparate am Leben erhalten, aber das Leben ist inzwischen sozusagen aus dem Körper entwichen.“

Die kirchliche Sicht sei klar. „Papst Johannes Paul II. hat sich dazu mehrfach geäußert und die Organspende als ein Höchstmaß an Nächstenliebe beschrieben“, sagt Pater Niederschlag. Bei ihm selbst habe sich seine Grundhaltung zum Thema mit der Zeit entwickelt: „Selbst, wenn ich ein Sterbender sein sollte, der nur noch eine ganz kleine Zeitspanne zu leben hat, warum sollte ich nicht dann Organe zur Verfügung stellen, damit andere unter Umständen noch jahrelang aufleben und auch mit ihrer Familie weiterleben können?“

Weitere Informationen gibt es auf www.organspendetag.de

(jf)