Zum Inhalt springen

Psychologe Uwe Reusch fördert Jugendliche im Bürgerservice Trier:„Ein absoluter Mehrwert für das Team!“

Psychologe Uwe Reusch fördert Jugendliche im Bürgerservice Trier. Wenn ihm ein Problem zugetragen wird, ist er sofort zur Stelle.
Dipl.-Psychologe Uwe Reusch (links) im Gespräch mit Raffael
Datum:
7. März 2020
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier – Seit rund einem halben Jahr ist der Diplom-Psychologe Uwe Reusch Mitglied im Team des Bürgerservice Trier. Dort steht er rund 25 Jugendlichen, die eine Berufsausbildung absolvieren oder sich noch darauf vorbereiten, mit Rat und Tat zur Seite. Möglich macht das die Initiative TAFF – Talente flexibel fördern – der Aktion Arbeit im Bistum Trier.

Bei seiner Tätigkeit wird Reusch mit einer Vielzahl von Problemstellungen und psychischen Krankheitsbildern konfrontiert, erzählt er. Wenn ihm ein Problem zugetragen wird, ist er sofort zu Stelle. „Entweder kommen die Jugendlichen von sich aus zu mir oder ich werde von meinen Kollegen, den Anleitern in den Werkstätten, darauf aufmerksam gemacht, dass etwas nicht richtig rund läuft. Viele der Jugendlichen hier sind traumatisiert von Erlebnissen aus ihrer Vergangenheit. Das hinterlässt Spuren.“ Christian Glessner, Werkstattleiter der Qualifizierungswerkstätten im BÜS, berichtet: „Die psychischen Probleme, die unsere Teilnehmer mitbringen, werden von Jahr zu Jahr größer. Das können wir als Anleiter inzwischen nicht mehr allein auffangen. Wir sind ja in erster Linie für die fachliche Ausbildung zuständig.“

Gewalterfahrungen in der Kindheit machen normalen Alltag unmöglich

In einzelnen Gruppen ist es üblich, dass bis zu Dreiviertel der jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereits Psychiatrieerfahrung haben. „Sie sind zum Teil massiv traumatisiert, wollen aber eine Ausbildung absolvieren oder sollen innerhalb eines Jahres darauf vorbereitet werden. Das klappt nicht ohne Hilfe. Und das kommt nicht daher, dass sie etwa faul wären oder keinen Bock haben, sondern weil sie durch die vorhandenen Traumata und Depressionen keine Energie für den Alltag aufbringen können. Es fehlt ihnen einfach die Kraft“, stellt Uwe Reusch klar. Oft sei bereits im Elternhaus oder in der Schule einiges schief gelaufen. Die Auslöser der Traumata können unterschiedlichster Natur sein, zum Beispiel der Tod eines Elternteils oder häusliche Gewalt. „Viele der betroffenen Jugendlichen haben Eltern, die selbst Gewalt in der Kindheit erlebt haben.“ Diese Erfahrung werde oft von Generation zu Generation weitergeben.

Diese Einschätzung teilt auch Simone Ebner, Psychologin beim Caritasverband Trier und Mitarbeiterin im Psychosozialen Zentrum: „Die Erfahrung häuslicher Gewalt am eigenen Leib ist sehr häufig ein auslösender Faktor für eine Wiederholung der erlebten Gewalt in der Folgegeneration. Die Weitergabe der Traumata erfolgt hierbei unbewusst und oftmals über mehrere Generationen hinweg. Ressourcenorientierte therapeutische und psychosoziale Konzepte und das Erarbeiten eines traumasensiblen Verständnisses für die eigene Biografie können ein ermächtigendes Instrument zur Durchbrechung generationenübergreifender Gewaltspiralen sein.“

Diplom-Psychologe Uwe Reusch

Gruppenstunden und therapeutische Einzelgespräche zeigen Wirkung

Inzwischen haben Uwe Reusch und seine Kollegen einen hellen, gemütlichen Raum eingerichtet, der unter anderem für Gruppengespräche genutzt wird. „Wir haben ein Sozialkompetenztraining entwickelt, in dem wir in Kleingruppen à sechs Personen ganz grundlegende Dinge wie Höflichkeitsformen und Motivationstechniken vermitteln“, berichtet Reusch. Oft sei es das erste Mal, dass die Jugendlichen ihre Kommunikation mit Mitmenschen überhaupt reflektieren. „Wir haben in der kurzen Zeit bereits sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Die Jugendlichen erscheinen pünktlich zum Training, sie arbeiten richtig gut mit und motivieren sich gegenseitig.“

In therapeutischen Einzelgesprächen erlebt Uwe Reusch, dass „viele unserer Jugendlichen sich danach sehnen, gehört und gesehen zu werden“. Oft herrsche zuhause ein harscher Umgangston, es fehle an Geborgenheit, an Nestwärme. „Wir nehmen die Jugendlichen ernst und reden mit ihnen – nicht über ihre Köpfe hinweg. Das ist eine wertvolle und oft neue Erfahrung für die jungen Menschen. Wenn wir nach einigen Gesprächen merken, dass eine weiterführende Therapie notwendig ist, können wir schnell reagieren.“ Um das zu gewährleisten, habe er inzwischen Kontakte zur Institutsambulanz der Universität Trier und zu Kinder- und Jugendpsychologen in der Region geknüpft.

Hinweise darauf, dass ein Teilnehmer oder eine Teilnehmerin gezielte Hilfe benötigt, seien oftmals schon Verhaltensweisen, die auf den ersten Blick banal wirken, z.B. wenn ein Jugendlicher immer zu spät oder unregelmäßig zu einer Maßnahme erscheine und generell unzuverlässig sei. Deshalb sei es auch wichtig, dass die Mitarbeiter im BÜS über die verschiedenen Krankheitsbilder aufgeklärt und für die Problematiken hinter dem Fehlverhalten sensibilisiert werden. Er erlebe ein großes persönliches Engagement bei den Anleitern, die auch mal über den Feierabend hinaus für die Jugendlichen da seien. Es gehöre zu seinen Aufgaben, den Kollegen dann dabei zu helfen, sich abzugrenzen. „Ich sage schon mal: Jetzt ist Schluss, Du musst auch nach Dir selbst schauen.“

 

Raffael bei der Arbeit im BÜS

Raffael packt seine Probleme aktiv an – mit der Hilfe von Uwe Reusch

Einer der Jugendlichen im BÜS, bei dem es anfangs nicht so richtig rund laufen wollte, ist Raffael. Der 19-Jährige wohnt in Trier und macht beim BÜS eine Ausbildung zum Fachpraktiker Maler und Lackierer im dritten Ausbildungsjahr. Seine Abschlussprüfung steht im Mai an. „Bis dahin muss ich noch viel nachholen“, gesteht er. In der Vergangenheit hatte er einiges schleifen lassen, „der Berg an Lernstoff wurde immer größer“, berichtet sein ehemaliger Anleiter Glessner. Er selbst und ein weiterer Ausbilder hätten zweieinhalb Jahre lang immer wieder versucht, Raffael klarzumachen, dass er die Prüfungen so nicht schaffen könne – bis dato ohne Erfolg. Er habe dann Uwe Reusch gebeten, das Gespräch mit Raffael zu suchen. Zunächst habe der junge Mann Hemmungen gehabt, mit dem Psychologen zu sprechen, wollte ihm „kein Ohr abkauen“, erzählt Raffael. Dann habe er aber schnell gemerkt, dass man „echt gut mit Herrn Reusch reden kann. Er ist in vielen Dingen Ansprechpartner für mich. Wir sprechen nicht nur über die Arbeit, sondern auch über Privates. Er gibt mir gute Tipps“.

Ein Blick zurück: Raffael sei zum Zeitpunkt des ersten Treffens schon in seiner Lage „eingefroren“ gewesen, erklärt Reusch. Gemeinsam hätten sie dann eine Strategie erarbeitet, wie er es doch noch schaffen könne. Die Lösung: Die Situation anpacken! „Ich habe ihm erklärt, dass es immer schwer ist, eine Sache anzufangen, es aber leichter wird, je mehr man schon geleistet hat.“ Ein entscheidender Faktor dabei sei gewesen, Raffaels Handlungsimpulse, die zuvor eher unkontrolliert waren, auf ein Ziel zu richten. Er habe sich dann selbst Teilziele gesteckt, berichtet Reusch, die er mithilfe von positiver Bestärkung Schritt für Schritt erreicht. Seitdem arbeitet Raffael kontinuierlicher, könne sich besser konzentrieren und immer öfter Erfolge verbuchen, die ihn für das nächste Ziel motivieren. „Wichtig war uns, dass er das mehr und mehr von sich aus macht, und nicht nur, weil wir ein Auge darauf haben. Das ist ein großer Fortschritt!“ freut sich Reusch. Glessner bestätigt diese Einschätzung und ergänzt: „Raffael ist viel zuverlässiger geworden und nimmt die Hilfe, die wir ihm anbieten, inzwischen auch an.“

Interdisziplinäre Teams für ganzheitliche Förderung

Was Kirche, Politik und Gesellschaft tun können, um benachteiligte Jugendliche konkret zu fördern? Die spezifischen Fachkompetenzen bündeln und interdisziplinäre Teams aus Anleitern, Pädagogen, Sozialarbeitern und Psychologen zusammenstellen, empfiehlt Uwe Reusch. „So können wir jeden Fall ganzheitlicher betrachten, die Jugendlichen individuell fördern und die Probleme gemeinsam anpacken.“ Glessner: „Es ist ein absoluter Mehrwehrt, jemanden im Team zu haben, der psychologisches Fachwissen hat. Viele Problemstellungen konnten wir vorher gar nicht lösen, entweder weil die Zeit oder die Expertise fehlte. Gottseidank ist Uwe jetzt hier!“ Bei Raffael funktioniert der ganzheitliche Ansatz: „Es ist echt gut, mit Herrn Reusch zu reden. Das hat mir viel gebracht.“

Der Bürgerservice Trier versteht sich als Inklusionsunternehmen und qualifiziert Menschen auf dem Weg in Ausbildung, Beruf und Beschäftigung. So ermöglicht er ihnen berufliche Teilhabe durch gezielte Förderung und Qualifizierung. Durch eine Kooperation mit der Kampagne TAFF – Talente flexibel fördern – der Aktion Arbeit im Bistum Trier konnte die Psychologenstelle im BÜS geschaffen werden. TAFF unterstützt fünf weitere Initiativen, die sich für benachteiligte Jugendliche stark machen. Alle Spenden für die Kampagne, die bis zum 1. August 2020 eingehen, werden von Bischof Dr. Stephan Ackermann aus Mitteln des Bischöflichen Stuhls verdoppelt. Spendenkonto: Pax Bank Trier, IBAN: DE13 3706 0193 3001 3990 11, BIC: GENODED1PAX, Stichwort: "TAFF". Weitere Informationen gibt es auf www.aktion-arbeit.de und www.bues-trier.de.
(ih)