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Unabhängige Aufarbeitungskommission: Zweiter Zwischenbericht vorgestellt :Eindruck über Arbeitsweise und Schwerpunkte der Arbeit 

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission hat ihren zweiten Zwischenbericht vorgestellt.
Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Verantwortungsbereich des Bistums Trier
Datum:
22. Nov. 2023
Von:
Unabhängige Aufarbeitungskommission

Trier – Am 22. November hat die Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Verantwortungsbereich des Bistums Trier ihren zweiten Zwischenbericht vorgestellt. Der Bericht gibt einen Eindruck über Arbeitsweise und Schwerpunkte der Arbeit der Kommission.  

  1. Der erste Themenschwerblock widmet sich dem Stand der Umsetzungen der Empfehlungen aus dem ersten Zwischenbericht und informiert über Aufgabenfelder, mit denen sich die Kommission im Berichtszeitraum befasst hat. 

Berichtet wird über den Umgang des Bistums mit der Umsetzung der Empfehlungen der Kommission zur Schaffung einer neutralen Ombudsstelle und zur Vereinfachung von Akteneinsichten für Betroffene. In diesem Zusammenhang berichtet die Kommission, dass das Bistum einen Leitfaden „Akteneinsicht“ angekündigt hat, der Rahmenbedingungen, Inhalt und Prozedere der Akteneinsichtnahme seitens Betroffener regeln soll.  

Die aktuellen Maßnahmen des Bistums zur Prävention werden dargestellt und kritisch gewürdigt.  

So wurden durch das Team der von der Unabhängigen Aufarbeitungskommission initiierten psychologischen Studie an der Universität Trier im Zeitraum vom 15.05. bis zum 31.08.2023 alle 600, ehemals eigenständigen, Pfarreien bzw. Pfarreiengemeinschaften des Bistums schriftlich befragt. Von 213 Pfarreien (36 %) liegen die Antworten vor. 22 dieser Pfarreien (10 %) gaben an, von sexuellem Missbrauch betroffen zu sein.  

Als ein Ergebnis dieser Befragung empfiehlt die Unabhängige Aufarbeitungskommission dem Bistum, dem Wunsch der Mitarbeitenden zu entsprechen und großflächig einen entsprechenden Kompetenzerwerb in der Thematik zu ermöglichen, speziell unter dem Aspekt, dass solche pfarrliche Präventionsarbeit altersdifferenziert und geschlechter- resp. kultursensibel gestaltet werden sollte.  

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission empfiehlt darüber hinaus, alle in der Seelsorge Beschäftigten zu einer bedarfsgerechten Aus-, Fort- und Weiterbildung zur Prävention von sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige und Schutzbedürftige zu verpflichten.  

Der Bericht kommt zu klaren Aussagen zum Umgang des Bistums mit Beschuldigten und Tätern. Dabei begrüßt die Unabhängige Aufarbeitungskommission ausdrücklich die Pläne des Bistums, im Rahmen der Behandlung/Nachsorge von sexualstraffällig gewordenen Priestern das Angebot der Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS-BW) e.V. zu nutzen.  

Für die aktuelle Aktenführung des Bistums werden deutliche Verbesserungen angeregt, um die Handlungsfähigkeit gerade im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs sicherzustellen – auch durch eine konsequente Anwendung der vorliegenden diözesanen Ordnungen.  

  1. Ein zweiter Abschnitt beschreibt Aktivtäten und Erkenntnisse von Fällen, mit denen sich die Unabhängige Aufarbeitungskommission beschäftigt. 

So legt die Kommission die durch sie veranlassten Schritte zu einer Aufklärung der Vorgänge um Edmund Dillinger dar.  

Am Beispiel des Causa Claus Weber beginnt die Unabhängige Aufarbeitungskommission konkret mit Untersuchungen über Missbrauchsfälle durch Täter aus dem Bistum in Ländern in Übersee.  

Das Handeln und Kommunizieren des Bistums im Falle des Täters O.M. wird deutlich kritisiert.  

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission hat sich erfolgreich für mehrere einzelne Betroffene eingesetzt.  

  1. Einen gesonderten Abschnitt bilden die Statusberichte der unabhängigen wissenschaftlichen (historischen und psychologischen) Studien der Universität Trier. 

Der Bericht der historischen Studie weist deutlich auf die mangelnde Aktenführung des Bistums hin, die eine zügige Aufarbeitung der Geschehnisse oft erschwert. Desungeachtet wird voraussichtlich im Januar 2024 eine Darstellung der Fälle im Verantwortungszeitraum von Bischof Spital vorgelegt werden. Insgesamt hat das Forscherteam derzeit 579 Missbrauchsfälle im Zeitraum 1949 bis 2011 identifiziert – bei einer Täterzahl von 227.  

Für die psychologische Studie werden Ziele und Methodik der Untersuchung dargestellt. Für den Erfolg der Studie ist der persönliche Kontakt zu Betroffenen, aber auch Tätern unbedingt erforderlich. Bislang hat das Forscherteam 28 ausführliche Interviews durchführen können, davon 16 mit Betroffenen. In dem Zusammenhang würdigt der Bericht die gute Zusammenarbeit der Forschenden mit den Betroffeneninitiative MissBiT.  

  1. Der Bericht beschreibt die Aktivitäten der auf Empfehlung der Unabhängigen Aufarbeitungskommission eingerichteten Stiftung „Stiftung Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier“. Dank der Einrichtung dieser Stiftung stehen der Unabhängigen Aufarbeitungskommission hinreichend finanzielle Mittel zur Verfügung, um von ihr initiierte Maßnahmen durchführen zu können. 

  2. Ein weiteres Kapitel beschreibt Gespräche/Kontakte der Unabhängigen Aufarbeitungskommission und sich daraus ggfs. ergebende Forderungen/Empfehlungen. 

Anerkennung des Leids  

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission empfiehlt, dass die neu einzurichtende Ombudsstelle auch die Aufgabe übernimmt, für Betroffene als Verfahrensbeistandschaft im Verfahren zur Anerkennung des Leids zu fungieren.  

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission schlägt dem Bistum die Einrichtung eines Fonds vor, um eine rasche, psychologisch angemessen geschulte Begleitung von Betroffenen zu finanzieren.  

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission regt an, dass künftige Entscheidungen über Anerkennung und Höhe von Entschädigungen entsprechend begründet werden.  

Zusammenarbeit mit den Unabhängigen Aufarbeitungskommissionen zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs anderer Bistümer  

Konkrete Probleme ergeben sich aus unterschiedlichen Zuständigkeiten, speziell im Blick auf diözesanübergreifende Sachverhalte, im Verhältnis Kirche-Staat, besonders aber auch in Bezug auf das Verhältnis von Bistum und Orden. Unklare Zuständigkeiten dürfen sich nicht zulasten Betroffener auswirken - hier erkennt die Kommission Handlungsbedarf über das Bistum Trier hinaus.  

Vereinfachte und empathiegeleitete Sprache und Struktur  

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission empfiehlt, dass das Bistum im Umgang mit Betroffenen weniger bürokratisch auftritt und gerade von sexuellem Missbrauch Betroffenen mehr ihrem eigenen Selbstverständnis entsprechend entgegentritt. Die Unabhängige Aufarbeitungskommission empfiehlt dem Bistum, Wege zu einer einfacheren, übersichtlicheren Struktur des Umgangs mit Betroffenen sexuellen Missbrauchs zu suchen.  

Der gesamte Bericht ist unter der Adresse https://www.aufarbeitungskommission.bistum-trier.de/jahresberichte/2023 abrufbar. 

 

(Unabhängige Aufarbeitungskommission)