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Kinder aus Region malen und schreiben für Alteneinrichtungen :Eine Kontaktbrücke zu alten Menschen

Kinder aus der Region malen und schreiben für Alteneinrichtungen im Dekanat Schweich-Welschbillig
Thialdas Bilder haben es sogar auf den offiziellen Flyer geschafft
Datum:
13. Mai 2020
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Schweich/Welschbillig – „Altenheim“ steht in großen bunten Lettern auf dem grauen Haus, aus dessen Fenstern zwei alte Damen winken und eine Katze neugierig hervorlugt; davor ein Weg, der sich durch einen schönen Garten voll Blumen und Büsche schlängelt:

Mit bunten Filzstiften hat die neunjährige Thialda aus der Pfarreiengemeinschaft Schweich ihren ganz persönlichen Gruß an die Bewohnerinnen und Bewohner des Altenheims Sankt Josef in Schweich gestaltet. So wie Thialda haben es in den vergangenen Wochen seit den starken Kontakteinschränkungen durch die Corona-Krise viele Kinder und Erwachsene gemacht: Sie haben Bilder gemalt, Postkarten oder kleine Briefe geschrieben, einige sogar Telefon-Kontakte zu den Senioren geknüpft, die in den Alteneinrichtungen im Dekanat Schweich-Welschbillig leben.

„Wir hatten die Idee einer Kontaktbrücke“, als wir uns im Team überlegten, welche Menschen von dem „shutdown“ besonders betroffen sein könnten“, erzählt Pastoralreferent Roland Hinzmann. „Wenn man erlebt, wie sehr die Senioren es genießen, wenn beispielsweise Kooperationen mit Grundschulen oder Kitas stattfinden und Kinder zu Besuch kommen, oder Konzerte oder Aufführungen in den Einrichtungen stattfinden, dann weiß man, wie schmerzlich es ist, wenn plötzlich alles wegfällt“, so Hinzmann weiter. Am schlimmsten wiege natürlich, dass die alten Menschen keine Besuche mehr von Angehörigen empfangen durften und auch untereinander weiterhin Abstand gehalten werden muss. „Es war dieses extreme Bild, das uns dazu gebracht hat, den Aufruf zur Kontaktbrücke zu starten“. Drei kirchliche und zwei kommunale Alteneinrichtungen fragte Hinzmann an, ob sie bei der Aktion mitmachen möchten, darunter auch den Niederweiler Hof in Trierweiler und das „Haus am Kyllufer“ in Kordel. Zu der Kontaktbrücke gehörte dabei auch das Angebot seelsorgerischer Gespräche durch Hinzmann, das auch einige annahmen.

Die Idee stieß auf Begeisterung. Und die Resonanz war groß, wie die Mitarbeitenden der Einrichtungen berichten: „Es haben uns wirklich viele Briefe und Bilder von Kindern erreicht, die wir für die Bewohner ans Schwarze Brett gehängt haben, damit sie bewundern konnten“, berichtet etwa Gudrun Brode aus dem Niederweiler Hof. Sie arbeitet dort in der sozialen Betreuung, dem so genannten „Treffpunkt“, der den Senioren mit verschiedenen Angeboten „Alltagsleben“ ermöglicht. „Malen, basteln, kochen, Werkgruppen oder musikalische Abende – das musste ja jetzt alles wegfallen und das ist schon schmerzlich, gerade für die noch fitteren Bewohner“, erzählt sie. Ein Pluspunkt sei zwar der große Park hinter der Einrichtung, wo man spazieren könne, aber das wiege die fehlenden sozialen Kontakte natürlich nicht auf. „Unsere Bewohner haben wirklich gut mitgemacht, haben gesagt ‚hier fühlen wir uns sicher‘, was natürlich ein schönes Zeichen ist.“ Doch es gebe auch Bewohner, die keine Angehörigen mehr hätten oder keinerlei Kontakte – da sei die Einsamkeit schon größer. Einigen hätten die Seelsorge-gespräche mit Hinzmann sehr gut getan, denn hier könnten sie Ängste und Befürchtungen, aber auch geistliche Bedürfnisse äußern. „Ich habe erstmal immer zugehört, was derjenige gerade braucht. Mal haben wir über die Situation gesprochen, ein anderes Mal auch gemeinsam gebetet. Das ist für mich diakonische Kirche, wenn man sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert“, sagt Hinzmann. 

Die Situation sei beileibe nicht schön, doch sie versuche, das Beste daraus zu machen, berichtet Hildegund Graf, die seit 2018 im Altenheim Sankt Josef in Schweich lebt. Nachdem 2017 ihr Mann verstarb und sie mehrfach hinfiel, war klar, dass sie nicht mehr alleine leben konnte. In Schweich fühlt sie sich wohl, sie hat gute Kontakte zu zwei anderen Damen und ist Vorsitzende der Bewohner-Vertretung. Graf hat drei Kinder, fünf Enkel und einen Urenkel – mit ihnen hielt sie über die Zeit der Kontaktsperre telefonisch Kontakt. „Aber es gibt auch Leute hier ohne Angehörige, oder die nicht mehr telefonieren können. Für sie ist das noch schlimmer“, sagt sie. Es sei inzwischen erlaubt, durch den Garten und dann seitlich über den Parkplatz zurück in die Einrichtung zu gehen, jedoch sei das kein Vergleich zu den Spaziergängen, die sie sonst mit Rollator und begleitet von einer Mitbewohnerin unternahm. Jetzt vertreibe sie sich die Zeit, so gut es gehe. Beispielsweise sitze sie mit ihrer Bekannten auf deren Balkon und höre klassische Musik. Über die Post der Kinder hätten sich alle sehr gefreut. Sie habe einigen Kindern auch persönlich geantwortet, mit Versen aus einem alten Gedichtband. „Und wie mir berichtet wurde, haben sich die Kinder auch sehr über die Antwort gefreut“, sagt Graf.

Altenheim Sankt Josef Bewohnerin

Das kann die neunjährige Thialda nur bestätigen. Zwei Bilder hat sie gemalt – jenes mit dem Altenheim und ein anderes mit einem Frühlingsgruß. Auch ihr kleiner Bruder habe mitgemacht, berichtet sie am Telefon. Von der Kontaktbrücke erfahren hatte die Familie von der Großmutter, die selbst in Sankt Josef arbeitet. Thialdas Mutter Kathrin, die zu Hause mit ihrer Tochter auch die Schularbeiten macht, findet es wichtig, auch die Sozialkompetenzen ihrer Kinder zu stärken und animierte sie, mitzumachen. Thialda ist stolz, dass ihre Bilder es auf den Info-Flyer des Dekanats über die Kontaktbrücke geschafft haben und hat sich „richtig über den Antwortbrief aus dem Altenheim gefreut“, wie sie sagt. „Mir ist selbst manchmal langweilig und ich kann mir vorstellen, dass es den alten Leuten genauso geht. Und dass sie sich oft einsam fühlen.“

Auch im Haus am Kyllufer freuten sich die Bewohner über die Post der Kinder in dieser extremen Situation. „Dass ein Haus komplett zugemacht wird, die Türen geschlossen werden, habe ich in meiner zwanzigjährigen Berufserfahrung noch nicht erlebt“, sagt Einrichtungsleiterin Sylvia Schanen. „Fensterbesuche“ von Angehörigen waren in der ebenerdigen Einrichtung zwar weiter erlaubt und das Team habe auf „Einzelbetreuung“ umgestellt. „Wir haben zum Beispiel gegrillt und das auf die Zimmer gebracht, Flurbingo gespielt, Flurkonzerte organisiert und mit Pastor Kaufmann einen Gottesdienst im Innenhof gehabt. Das wurde auch alles sehr gut angenommen. Aber wo wir sonst auch unter den Bewohnern zu Kontakt und Nähe ermutigen, mussten wir das jetzt unterbinden. Das fällt schon sehr schwer.“ Inzwischen sind nach den Lockerungen der Bundesregierung wieder Besuche möglich, aber nur unter strengsten Auflagen und begrenzt auf wenige Personen am Tag, wie Schanen berichtet. „Wir müssen die Angehörigen wirklich sehr loben – die haben Verständnis, machen toll mit und haben auch das Team in der Zeit mit Aufmerksamkeiten versorgt.“ Die Bilder der Kinder, die sie nach dem Aufruf erreichten, hätten sie an die Bewohner verteilt und gemeinsam Rahmen gebastelt, um sie in den Fluren aufzuhängen. Ein Junge habe einem dementen Patienten inzwischen schon mehrfach geschrieben. Eine solche Aktion könne sie sich öfter vorstellen, sagt Schanen, denn nicht nur zu Corona-Zeiten freuten sich die alten Menschen über Kontakte und Abwechslung. 

(sb)