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Fünfter panamerikanischer Missionskongress in Bolivien:El evangelio es alegría – Das Evangelium ist Freude

Am 10. Juli startete in Bolivien der Fünfte Panamerikanische Missionskongress. Kaplan Michael Meyer war vor Ort. Ein Gastbeitrag.
Kaplan Michael Meyer (l.), Pastoralreferentin Yvonne Uebel (2.v.r.) und Leiter von SoFiA e.V., Peter Nilles (r.) zusammen mit dem Bolivianischen Kardinal Toribio Ticona Porco.
Datum:
27. Juli 2018
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Santa Cruz – Am 10. Juli 2018 hat nach vier Jahren der Vorbereitung in allen Ländern Nord- und Südamerikas der fünfte panamerikanische Missionskongress (CAM – Congreso Americano Misionero) in Santa Cruz de la Sierra in Bolivien stattgefunden. Über 3.700 Teilnehmer und Helfer hatten sich für das Großereignis angemeldet. Vertreter aus mehr als 25 Nationen reisten in die bolivianische Stadt, um die missionarische Ausrichtung der Pastoral der Kirche Amerikas zu vertiefen. Den weitesten Anreiseweg hatten dabei die Teilnehmer aus dem Norden Kanadas.

Die Kongressteilnehmer folgten der Vision und dem Auftrag der letzten lateinamerikanischen Bischofskonferenz im Jahr 2007, eine Kirche in „ständiger Mission“ (‚misión permanente‘) zu leben. „Architekt“ der damaligen Bischofskonferenz war der ehemalige Erzbischof von Buenos Aires, Kardinal Bergoglio und heutige Papst Franziskus: „Wenn die Kirche ihrem Herrn folgt, geht sie mit Mut und Barmherzigkeit aus sich heraus“, sagte er damals. „Sie bleibt nicht in ihrer Selbstbezogenheit gefangen. Das ist Mission, das ist Zeugnis.“ Diese Wegweisung hatte er der Kirche Lateinamerikas ins Stammbuch geschrieben.

Diesem Motto folgten die Teilnehmer des fünf Tage dauernden Missionskongresses, deren Schar bunt gemischt war: Jugendliche und Studierende waren dabei, Katechten und Ordensleute, Vertreter indigener Gruppierungen und Missionswissenschaftler, aber auch die Nationaldirektoren der Päpstlichen Missionswerke des gesamten Kontinentes. Zu den Tagungsgästen zählte auch eine deutsche Delegation, die sich aus Teilnehmern der Partnerdiözesen Hildesheim und Trier sowie des für Lateinamerika zuständigen Hilfswerkes Adveniat zusammensetzte. Aus dem Bistum Trier waren Pastoralreferentin Yvonne Uebel dabei, die Bolivien als Freiwillige kennen gelernt hatte, Peter Nilles, Leiter des Vereins Soziale Friedensdienste im Ausland (SoFiA e.V.) und ich, Michael Meyer, Kaplan in Völklingen, Erkunder. Peter Nilles und ich sind außerdem in der nachsynodalen Teilprozessgruppe „Missionarische Teams/Freiwilliges Missionarisches Jahr“ aktiv.

Als Sondergesandter des Vatikans hat Kardinal Filoni, Präfekt der Kongregation der Evangelisierung für die Völker, am Kongress teilgenommen. Er überbachte ein Grußwort von Papst Franziskus während des Eröffnungsgottesdienstes auf der „plaza central“ vor der Kathedrale. Dort stand neben dem großen, aus Holz geschnitzten Missionskreuz auch ein riesiges Plakat mit der Aufschrift „¡Bienvenidos misioneros!“.  Der freundliche Willkommensgruß „Willkommen, Missionare!“ war an vielen Stellen in der Millionenstadt Santa Cruz zu entdecken: am Flughafen Viru-Viru, am Kongresszentrum „Colegio Don Bosco“ und in den gastgebenden Pfarreien. Alle, die zum Kongress eingeladen waren, verstehen sich als „Misioneros“, als „Gesandte“, die in ihrem Lebenskontext für die Botschaft des Evangeliums einstehen. Ist das nicht ein anregender Impuls für uns aus Europa stammende Kongressteilnehmer? Die Kirche (Latein-)Amerikas sieht die Verkündigung des Evangeliums als eine verantwortungsvolle Aufgabe aller Getauften an. Nicht nur Profis, nicht nur Spezialisten, nicht nur kirchliche Funktionäre sind gefragt: Die Verkündigung des Evangeliums betrifft alle! So machte das Wort der „Jünger-Missionare“ immer wieder die Runde. In der Nachfolge Jesu („Jüngerschaft“) ist Evangelisierung die zentralste Aufgabe der Kirche („Mission“), die den einfachen „Catequista del campo“ (Katechet im ländlichen Gebiet) ebenso wie die Studentin an der Universität betrifft; es gilt der Ordensfrau im Einsatz in der Peripherie einer Megastadt Südamerikas ebenso wie dem berufstätigen Familienvater.

Am Vormittag versammelten sich die Teilnehmer im Kongresszentrum, wo die unterschiedlichen Facetten der Mission in Vorträgen beleuchtet wurden. „Mission und Prophetie“ stand beispielsweise als Hauptwort über dem Vortrag von Luis Castro, Erzbischof von Tunja in Kolumbien. Er begann seinen Vortrag mit dem Zitat eines seiner „Catequistas“: „Ich kann doch nicht lesen - Schick mir nicht deine Papiere - Ich kann doch wirklich nicht lesen - Schick mir einen Menschen, der mir die Botschaft überbringt; den will ich sehen“. Missionarisches Zeugnis also über den Königsweg des eigenen Lebenszeugnisses!

Nachmittags trafen sich die Tagungsteilnehmer in über 30 verschiedenen Workshops und Arbeitsgruppen. „Dialog mit evangelikalen Gruppierungen“, „Mission und die Sorge um das gemeinsame Haus der Erde“ oder „Jugend und Universität: die gemeinsame Zukunft in Solidarität“, Beispiele einer großen Auswahl. Auch unsere Trierer Gruppe leitete einen Workshop „Neue Formen missionarischer Zusammenarbeit“. 45 Teilnehmer aus 12 Nationen nahmen am dreitägigen Workshop teil. Wir berichteten unter anderem über unsere positiven Erfahrungen der internationalen Freiwilligendienste als eine zukunftsweisende Form des weltkirchlichen Austauschs.

Am Vorabend des letzten Kongresstages waren alle Teilnehmer in ihren Pfarreien zusammen mit den gastgebenden Familien zum Gottesdienst und zum Fest der Kulturen eingeladen. Für die über 3.000 Teilnehmer hatten sich mehr Gastfamilien gemeldet, als Teilnehmer anwesend waren. Gastfreundschaft wird in Bolivien ganz groß geschrieben, besonders hier in Santa Cruz: Das erste Gebot in Santa Cruz ist die Gastfreundschaft, heißt ein Spruch hier. So erleben wir dankbar: Die Mission lebt von Beziehung, Austausch und Gastfreundschaft. Am letzten gemeinsamen Abend feierten wir das in besonderer Weise in unserer Gastgemeinde „Virgen de Fatima“. Der Tag klingt entspannt mit musikalischen Beiträgen und Tänzen u.a. aus Bolivien, Chile und Deutschland aus. In diesem Moment überzeugt das Kongressmotto natürlich besonders: „El evangelio es alegría – das Evangelium ist Freude“:

Der letzte Kongresstag stellte die praktische Seite der Mission in den Fokus. „Sendungsfeier“ am frühen Morgen. Sodann ziehen die Kongressteilnehmer zu zweit durch die Straßen und Viertel der Stadt, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Mission als Dialog, Gespräch und Zuhören. Diese Art und Weise der „Mission auf der Straße“ trifft im kulturellen Kontext Boliviens auf viele offene Türen.

Am Nachmittag endete der Kongress mit einem bewegenden Abschlussgottesdienst am „Cristo de la Concordia“. Es ist der Platz, wo Papst Franziskus vor 3 Jahren den offiziellen Startschuss zum fünften CAM gegeben hat. Damals entsandte er die „Missionskreuze“ zur Vorbereitung des Missionskongresses in alle Länder Lateinamerikas. Erzbischof Sergio Gualberti (Santa Cruz) ermutigte die Kongressteilnehmer, ihre Sendung vor Ort - in ihren Heimatländern - als eine Mission des Friedens, der Gerechtigkeit, der Wahrheit und der Barmherzigkeit aufzunehmen. „Unsere Sendung stellt sich in den Dienst des Gottes des Lebens. Leben in Fülle für alle – das ist unsere Mission.“ Als sprechendes Zeichen der so verstandenen universalen Mission wurden am Ende des Gottesdienstes sechs aus Lateinamerika stammende Missionare nach Afrika und Asien entsandt: ein Ehepaar, zwei Priester und zwei junge Freiwillige. 

Die Sendung der neuen Missionare wurde mit großem Jubel gefeiert, ebenso wie das Verlesen der Schlussbotschaft des Kongresses. Darin heißt es u.a. „Zweifellos war der V. CAM ein Moment, der das Missionsbewusstsein der gesamten katholischen Glaubensgemeinschaft neu beleben kann, um mit der verwandelnden Kraft und mit der Freude des Evangeliums in der Welt präsent zu sein und […] nach Wegen der Gemeinschaft und der Versöhnung im sozialen und politischen, interreligiösen und kirchlichen Bereich zu suchen“. Drei Handlungsvorschläge für die Pastoral der Kirche Lateinamerikas werden konkret genannt: .Die Einführung eines neuen kirchlichen Dienstamtes für Frauen („Ginacolitado“), die Intensivierung der Feier der Eucharistie als Gemeinschaft mit den Armen sowie die Einrichtung eines panamerkianischen Observatoriums für Menschenrechte.

(Michael Meyer)