Pläne für Filialkirche St. Andreas und Pfarrhaus in Ahrbrück stehen fest:Entscheidung getroffen
Ahrbrück – Die Flutkatastrophe im Juli 2021 hat in der Eifel und im Ahrtal unvorstellbares Leid gebracht. Viele Menschen trauern um Angehörige, stehen vor existentiellen Fragen und kämpfen mit baulichen Schäden. Auch öffentliche Gebäude sind zerstört worden, wie insgesamt 66 kirchliche Gebäude auf dem Gebiet des Bistums Trier, darunter Kitas, Pfarrheime und -häuser, Kirchen und Kapellen. Bei einer Versammlung am 4. April haben der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann, Vertreterinnen und Vertreter des Bischöflichen Generalvikariats in Trier sowie Pfarrer Axel Spiller rund 100 Interessierte über die geplante Profanierung (Entweihung) und die notwendige Niederlegung der Filialkirche St. Andreas sowie die Niederlegung des angrenzenden Pfarrhauses in Ahrbrück informiert.
Das große Ganze in den Blick nehmen
„Es ist ein schmerzlicher Abend für mich als Bischof“, versicherte Ackermann den Gläubigen im Versorgungszelt an der Denntalschule. „Aber ich kann einen Wiederaufbau der Gebäude, so wie sie einmal waren, nicht verantworten. Ich muss das große Ganze in den Blick nehmen.“ Trotz dieser Entscheidung, der intensive Überlegungen und der Austausch mit Verantwortlichen vor Ort vorausgegangen sind, sei das „Kapitel Ahrbrück“ damit nicht abgeschlossen, so der Bischof. Der freiwerdende Platz könne für neue Dinge genutzt werden, etwa für einen kleinen sakralen Gedenk- oder Gebetsraum, der mit Fenstern der bisherigen Kirche bestückt ist. „Wir vom Bistum unterstützen kreative Ideen von Ihnen gerne mit unserem Know-How, wenn Sie das möchten“, versprach Ackermann.
Aufgrund des Standortes sei der Gebäudekomplex bei künftigen Starkregenereignissen bedroht, erklärte Bistumsarchitekt Thomas von der Stein anhand des vorliegenden unabhängigen Sachverständigengutachtens: „Das Pfarrhaus liegt gemäß der vorläufigen Kartierung der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord im Überschwemmungsgebiet der Ahr; die Kirche befindet sich in unmittelbarer Nähe zu diesem Gebiet.“ Es sei anzunehmen, dass bei weiteren Hochwasserereignissen die Gebäude wieder geflutet werden, wie dies bereits 2016 geschehen sei. Das Gutachten führe Schäden auf, die durch die Flut an der Kirche, dem im Kellergeschoss befindlichen Pfarrheim und dem angrenzenden Pfarrhaus entstanden sind, und belege einen wirtschaftlichen Totalschaden. Der Wiederaufbau bei ausschließlicher Berücksichtigung der Flutschäden beliefe sich für das Kirchengebäude auf geschätzte 2,5 Millionen Euro. Zwar könnten die Kosten mit bis zu 80 Prozent durch den Aufbauhilfefonds des Landes getragen werden; die verbleibende Summe müsste allerdings die Kirchengemeinde aufbringen, deren finanzielle Lage dies nicht in vollem Umfang zuließe, wie die zuständige Rendantin Carmen Perling darlegte, selbst wenn die Kirchengemeinde einen Zuschuss zu diesem Eigenanteil in Höhe von 60 Prozent vom Bistum erhielte. Sonderzuschüsse ließe die geplante Haushaltssicherung des Bistums nicht zu, ergänzte Ackermann.
Hinzu kämen weitere notwendige Renovierungsmaßnahmen an der Kirche, die unabhängig von den Flutschäden in den nächsten fünf bis 20 Jahren behoben werden müssten, sagte von der Stein: der Umstieg auf andere, nachhaltigere Energieträger (etwa 60.000 Euro) oder die Neueindeckung des Dachs mit einhergehender Schadstoffsanierung inklusiver neuer Dämmung (insgesamt etwa 270.000 Euro). Diese Maßnahmen an dem Kirchengebäude, das 1967 geweiht wurde, sind nicht vom Aufbauhilfefonds abgedeckt. Die Kirchengemeinde müsste die Kosten tragen und erhielte einen Zuschuss des Bistums in Höhe von 60 Prozent. Zur negativen Bilanz hinzuzurechnen sind hohe Unterhaltskosten (Heizung, Küsterdienst, Anlagenpflege) der Gebäude, die die Kirchengemeinde leisten muss.
Gottesdienstangebot gesichert
Die nun geplante Niederlegung des Kirchengebäudes wird auf etwa 570.000 Euro geschätzt; für das Pfarrhaus 183.000 Euro. Diese Summen werden mit bis zu 80 Prozent vom Aufbauhilfefonds getragen. Die verbleibende Finanzierungslücke für die Kirchengemeinde wird mit 60 Prozent vom Bistum Trier bezuschusst.
Auch ohne Filialkirche ist für Katholikinnen und Katholiken in Ahrbrück der regelmäßige Besuch eines Gottesdienstes möglich: In der Marienwallfahrtskapelle, die etwa 500 Meter von der St. Andreaskirche entfernt liegt, werden zwei Mal im Monat Messen gefeiert; einmal im Monat wird die evangelische Auferstehungskirche für katholische Gottesdienste genutzt. Für größere Feiern und Vorabendmessen (zwei Mal monatlich) steht weiterhin die Pfarrkirche St. Petrus im nahen Kesseling zur Verfügung.
Neben emotionalen Wortmeldungen aus dem Plenum gegen die Profanierung und zur Situation der katholischen Kirche im Allgemeinen gab es auch einige Vorschläge, wie etwas Neues an gleicher Stelle oder in der Nähe des geplanten Neubaugebiets entstehen könnte. Bischof Ackermann sicherte den Menschen Unterstützung und Begleitung zu.
Info: Bei Filialkirchen handelt es sich um Kirchen in einer Gemeinde, die es zusätzlich zur Pfarrkirche gibt.
Hintergrund: Nach Darlegung von Informationen durch die Bauabteilung des Bistums Trier zum Zustand der Gebäude, entstehende Kosten für die Kirchengemeinde und mögliche Folgen hatte sich der zuständige Kirchengemeinderat der Pfarrei Kesseling bereits im vergangenen Jahr nach intensiver Beratung und Diskussion entschlossen, die Entscheidung über die Zukunft der Gebäude an das Bistum zu übertragen. In der Regel wendet sich eine Kirchengemeinde, die sich mit der Frage einer eventuellen Profanierung trägt, an den Bischof. Im weiteren Beratungsprozess können Kirchengemeinde und Pfarrei durch Fachabteilungen des Bischöflichen Generalvikariats beraten werden. Der örtliche Verwaltungs- bzw. Kirchengemeinderat beantragt nach Anhörung der Gottesdienstgemeinde und nach Abschluss des lokalen Beratungsprozesses beim Diözesanbischof die Profanierung. Die Entscheidung, ob eine Kirche profanem Gebrauch zugeführt wird, fällt der Diözesanbischof, allerdings erst nach Anhörung des Priesterrates und aufgrund des Beratungsergebnisses in der Gemeinde. Der örtliche Kirchengemeinderat hatte sich aber in diesem Fall dafür ausgesprochen, die Entscheidung einer Profanierung an das Bistum abzugeben.
(jf)