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Familienbildungsstätte nimmt „Foodsharing“ in den Blick:Essen übrig? Bloß nicht in die Tonne!

Die Familienbildungsstätte Trier nimmt das Thema "Foodsharing" in den Blick und zeigt auch, warum es sich lohnt.
Foto: foodsharing.de
Datum:
26. Okt. 2022
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier – Äpfel mit Druckstellen, krumme Gurken oder Salate mit braunen Blättern – sie alle würden in der Tonne landen, wenn es nicht Menschen gäbe, die sich gegen Lebensmittelverschwendung stark machen. Petra Nievelstein ist eine von ihnen, eine von rund 350 „Foodsavern“, also Lebensmittelrettern, in Trier. Am 4. November um 17 Uhr möchte sie in der Familienbildungsstätte nicht nur auf das Thema „Foodsharing“ aufmerksam machen, sondern auch zeigen, warum es sich lohnt: Es wird gemeinsam gekocht und gegessen. Was an diesem Abend Leckeres auf den Tisch kommt, ist allerdings noch ungewiss. Denn das hängt davon ab, welche Lebensmittel sie in den Tagen zuvor vor der Mülltonne bewahrt hat. 

Als sie 2018 damit begonnen hat, als Foodsaverin aktiv zu werden, ging es in erster Linie darum, einen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung zu leisten, erzählt Nievelstein. „Im Vordergrund stand die Wertschätzung für diejenigen, die Lebensmittel produzieren. Lebensmittel, die manchmal um die halbe Welt nach Deutschland gekarrt werden, nur um hier vernichtet zu werden, weil sie optisch nicht dem Ideal entsprechen.“ Mittlerweile habe sich das geändert. Inzwischen kämen Menschen auf sie zu, die tatsächlich bedürftig seien, die ohne den Beitrag der Foodsaverin nicht mehr wüssten, wie sie über die Runden kommen sollen. Trotzdem dürfe natürlich jeder von Foodsharing profitieren. Auf der Foodsharing-Internetseite habe jeder nach der Anmeldung die Möglichkeit, nachzusehen, welche geretteten Lebensmittel wo angeboten werden. In Trier etwa gibt es insgesamt fünf solcher „Fairteiler“, also Regale oder Kühlschränke, an denen die Nahrungsmittel kostenlos abgeholt werden können.

Elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen jährlich in deutschen Mülltonnen

Der Verein Foodsharing wurde 2012 von einer Gruppe um den Dokumentarfilmer Valentin Thurn in Köln ins Leben gerufen.Seitdem haben registrierte Foodsaver in Deutschland, Österreich und der Schweiz nach eigenen Angaben 82,1 Millionen Kilogramm Lebensmittel erfolgreich vor dem Abfall gerettet. Nievelstein ist 2014 das erste Mal durch eine Fernsehreportage darauf aufmerksam geworden. 2015 habe sie sich dann dort angemeldet, allerdings habe sie der Zeitaufwand zunächst abgeschreckt. Um als Foodsaver aktiv zu werden, müsse man eine Art Ausbildung durchlaufen, erzählt sie. „Aus unterschiedlichen Gründen kann nicht jeder einfach in ein Geschäft gehen und behaupten, er möchte einen Beitrag zur Lebensmittelrettung leisten. Man muss wissen, wie man mit Lebensmitteln umzugehen hat, um anderen Menschen oder sich selbst etwas Gutes zu tun. Wir können bei unsachgemäßer Anwendung genauso Schaden verursachen“, weiß Nievelstein. „Wenn ich verschimmeltes Brot oder Möhren, ungekühlte Lebensmittel, die eigentlich gekühlt werden müssten, weiterverteile, dann trage ich unter Umständen dazu bei, dass jemand anderes zu Schaden kommt. Deswegen ist es wichtig, ein paar Grundlagen zu lernen. Wir lernen zum Beispiel, die Kühlkette einzuhalten oder einen Verteilerschrank zu putzen. Wer sich als Foodsaver anmeldet, muss außerdem bei sogenannten Einführungsabholungen dabei sein. Ein erfahrener Foodsaver zeigt dann einem Neuling, wie eine Lebensmittel-Abholung überhaupt funktioniert.“

Mit der Lebensmittelrettung haben die Trierer Foodsaver schon viel bewirkt: „Wir haben Betrieben, die uns vor vier Jahren noch zwei Bananenkisten voller Backwaren gegeben haben, durch unsere Zusammenarbeit sichtbar gemacht, wie viel sie wegschmeißen würden, wenn wir nicht da wären. Heute haben sie ihre Reste auf eine einzige Tüte beschränkt“, freut sich Nievelstein. Jedes Unternehmen habe da eine eigene Strategie: Preisreduktionen kurz vor Ladenschluss, Mengenrabatt und andere Angebote sollen dazu beitragen, die Abfälle am Tagesende zu reduzieren.

Rund elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland pro Jahr im Müll. Mit 59 Prozent entsteht der Großteil der Lebensmittelabfälle allerdings in privaten Haushalten. Daher werden Lebensmittel bei foodsharing.de auch von privat zu privat weitergegeben. Dieser Bereich steht allen Personen auch ohne Einarbeitung offen. Außerdem gibt es lokale Gruppen auf Facebook, in denen Einzelpersonen Essen, das sie nicht mehr benötigen, weil sie zum Beispiel zu viel gekocht haben oder bald in den Urlaub fahren, anderen Nutzern und Nutzerinnen anbieten.

Viele Menschen unterschätzten, wie zeit- und arbeitsintensiv professionelles Foodsharing sei. „Es ist nicht so, dass die Leute ihre Lebensmittel abholen und damit ist die Arbeit getan. Dahinter steckt ehrenamtliches Engagement und sehr viel Aufwand. Ich komme mit meinen Lebensmitteln zuhause an, sortiere die guten aus, entsorge die schlechten und auch die Unmengen an Wertstoffen, die damit verbunden sind. Mir ist wichtig, dass die Lebensmittel, die ich anbiete, für den Nutzer noch attraktiv sind.“

Deswegen dürfen sich die Gäste der Foodsharing-Veranstaltung am 4. November über ein leckeres und vor allem nachhaltiges Abendessen freuen. Beginn ist um 17 Uhr in der Familienbildungsstätte Trier, Krahnenstraße 39B. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Lernpartnerschaften zum Thema Familienvielfalt statt. Begleiterin der Lernpartnerschaft vor Ort ist Pastoralreferentin Katja Bruch. Der Abend ist kostenfrei, es wird um eine Anmeldung unter Tel.: 0651-74535 gebeten.

(ia)