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Stefan Hippler:Freiheit, Hoffnung, Sinndeutung

Der Trierer Bistumspriester Stefan Hippler (63) ist nach 25 Jahren Tätigkeit in Südafrika in den Ruhestand gegangen. Eine Gelegenheit für ein Resümee seiner vielbeachteten Arbeit und einen Ausblick.
Bistumspriester Stefan Hippler ist offiziell im Ruhestand – und hat noch jede Menge Pläne.
Datum:
30. Okt. 2023
Von:
Christine Cüppers/Paulinus Wochenzeitung im Bistum Trier

Bistum - „Es gibt eine Zeit zu arbeiten und eine Zeit, loszulassen. Und das sollte man tun, bevor man anfängt zu bröckeln.“ Mit diesen Erkenntnissen stellt Stefan Hippler kurz einen wesentlichen Teil seiner Lebensplanung dar. Die erste Phase, das Arbeiten, hat der Bistumspriester offiziell zum 1. Juli hinter sich gebracht. Zumindest wurde er zu dem Termin von Bischof Dr. Stephan Ackermann in den Ruhestand versetzt.  

Dass von Ruhe recht wenig zu merken sein würde, ahnt jeder, der etwas mehr als den Namen des Geistlichen gehört, erst Recht ihn erlebt hat. So ist es auch eine glückliche Fügung, dass Hippler kurz nach der „Paulinus“-Anfrage im Heimatbistum unterwegs ist und Zeit für ein Gespräch in der Redaktion hat.  

Weiter im Einsatz für sein Herzensprojekt HOPE 

Im Willibrord-Gymnasium in seiner Geburtsstadt Bitburg hat der 63-Jährige an diesem Vormittag über seine Tätigkeit in Südafrika berichtet. „Wie fast jedes Jahr eigentlich“, erzählt er und ist dankbar für die langjährige Unterstützung, die er von der Schulgemeinschaft erhält. Mit Sponsorenläufen erzielen Schülerinnen und Schüler Spenden für das Herzensprojekt des Priesters: die Hilfsorganisation „HOPE Cape Town Trust“, ein Projekt, das Hippler 1999 zunächst zur Unterstützung der Betreuung HIV-positiver Kinder ins Leben rief. Längst sind die Aufgaben und Hilfen umfangreicher und das Projekt größer und auch bekannter geworden. Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte den Projektgründer in Südafrika und informierte sich über seine Tätigkeit. Und auch Bischof Ackermann ließ sich vor Ort die Arbeit vorstellen. Dabei war Hippler stets „nebenher“, wie er sagt, für HOPE im Einsatz – und wird es auch bleiben. Das allerdings nicht mehr in Funktion des Direktors, sondern für Marketing und Fundraising, also für Werbung um Unterstützung.  

Eine Organisation wie HOPE kann nur wachsen, wenn der Gründer rechtzeitig für die Übergabe sorgt.

Stefan Hippler

In der Leitung seien nach einer zweijährigen Übergangs- und Einarbeitungszeit nun „professionelle Leute, eine seit zehn Jahren mitarbeitende Ärztin und eine Programmmanagerin, am Werk“. Ja, dieses Loslassen sei nicht einfach, bekennt Hippler, um gleich darauf zu betonen: „Eine Organisation wie HOPE kann nur wachsen, wenn der Gründer rechtzeitig für die Übergabe sorgt und damit die Verantwortung gegenüber dem Werk wahrnimmt, das ja weiterwachsen muss.“  

So vieles in der Welt bräuchte Hilfe der Kirche 

Gerade mit Blick auf sein Projekt stellt der Priester mit gewissem Amüsement fest: „Heute sagen die meisten Bischöfe selber das, wofür sie mich 2007 noch auf den Mond schießen wollten. Gottes Wege sind schon wunderbar.“ Gemeint sind Themen wie Frauen in der Kirche, Sexualmoral und Homosexualität, die beispielsweise auf der Agenda der Weltsynode in Rom standen. „Für mich sind die Forderungen Selbstverständlichkeiten“, betont Stefan Hippler und wünscht der Kirche die Besinnung auf ihren Kern. „Wer meint, den lieben Gott in der Schachtel zu haben, ihn festschreiben zu können, liegt falsch. Wir brauchen Fantasie, damit Kirche den Menschen Freiheit und Hoffnung, Lebenshilfe und Sinndeutungen geben kann.“  

Wir sind eine der wenigen Organisationen, die von jung bis alt auf alle schaut. 

Stefan Hippler

Natürlich brauche es den Rahmen, in dem jeder seine Position finden muss. Der Rahmen aber verschiebe sich, wie schon das Bild vom „wandernden Gottesvolk“ deutlich macht. „So vieles in der Welt bräuchte eine Kirche, die beispielsweise der Gesellschaft hilft, ethische Entscheidungen zu treffen.“ HIV-positive Priester seien neben dem auch dort herrschenden Priestermangel ein „Riesenthema in Südafrika“ – dem die Verantwortungsträger aus dem Weg gehen, statt Lösungen und Hilfen zu schaffen. Alles gehe viel zu langsam. „Dabei haben wir keine Zeit, stehen doch auf fast verlorenem Posten“, bedauert Hippler, um dann mit Nachdruck zu betonen: „Dabei sind wir eine der wenigen Organisationen, die von jung bis alt auf alle schaut. Gerade das ist so wichtig in dieser Zeit! Außerdem sollten wir eine deutlich offenere, intensivere Rolle spielen, da wir als Weltkirche eine Expertise haben.“ 

Raus aus Deutschland nach Konflikt mit dem Staat 

Für den 1986 in Trier geweihten Priester war kirchliche Arbeit „immer handfeste Arbeit, bei der die Hände auch dreckig werden müssen“. Bei dieser Grundeinstellung wird verständlich, dass Stefan Hippler sich nach seiner Zeit als Vikar in Andernach freistellen ließ, um in verschiedenen Berufen außerhalb der Kirche Lebenserfahrung zu sammeln.

Wegen seines Einsatzes für Flüchtlinge kam er 1994 in Konflikt mit dem Staat, was „mein Menschen- und Gottesbild geprägt und alles auf den  Prüfstand gestellt hat“. Danach stand für ihn fest: „Ich muss raus aus Deutschland.“ Mexiko sei sein Ziel gewesen, „nach Afrika wollte ich nie“. Aber das Leben spielte anders: Aus ursprünglich geplanten drei Jahren in Südafrika wurden 25, zwölf davon lebte er „ein ganz normales Pfarrleben als Pfarrer der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Kapstadt – zuständig für rund 1000 Menschen“. Seine Fakultäten, also die Zulassung zu den priesterlichen Diensten, habe kürzlich der frisch ernannte Kardinal Erzbischof Stephen Brislin erneuert. „Das heißt, ich darf alles, muss aber nichts“, stellt er schmunzelnd dar. 

Nach Malta nicht nur wegen 300 Sonnenstunden 

Inzwischen hat der Geistliche in Südafrika seine Koffer gepackt („Das heißt aber gar nichts.“) und ist umgezogen nach Malta. Warum ausgerechnet auf diese Insel? „Sie ist englischsprachig und hat ein gutes Gesundheitssystem und einen kleinen Flughafen, ist somit gut erreichbar. Außerdem ähneln Verkehr und Arbeitsmentalität denen in Südafrika. Und es gibt 300 Sonnenstunden!“ In der Pandemiezeit habe er gelernt, keine langfristigen Pläne zu machen. Deshalb will Stefan Hippler die neue Lebensphase zunächst nutzen zum Luftholen und für sein Hobby Fotografieren, um verstärkt wieder Sport zu treiben und auf die Gesundheit zu achten. Ein- bis zweimal im Jahr will er weiterhin als Kreuzfahrtseelsorger unterwegs sein.  

Es gibt so viele Fragen, die auf Antworten warten.

Stefan Hippler

Und dann ist da ja noch das HOPE-Engagement. Das führte ihn nach unserem Gespräch nach Hamburg, Dresden und Kassel und anschließend für drei Wochen nach Amerika zum dortigen Vereinszweig. „Das soll absehbar weniger werden“, sagt Hippler und lacht. Das Anliegen, möglichst vielen Menschen reale Bilder der Welt zu zeigen, die Welt zusammenbringen zu helfen und als Teil der Kirche seinen Beitrag zu leisten, wird ihn nicht loslassen. „Es gibt so viele Fragen, die auf Antworten warten. Bis hin zu der Frage, was mit der Theologie ist, wenn es mit der Menschheit wirklich zu Ende geht.“ Obwohl das Bild der Kirche „momentan traurig-spannend ist“, gibt Stefan Hippler die Hoffnung auf positive Entwicklungen nicht auf. Resignation und Stillstand sind so gar nicht sein Ding – für sich selber nicht, und nicht für seine Kirche.