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Ökumenischer Gottesdienst am Buß- und Bettag in Trier:Gegen das sinnlose und unermessliche Leid des Krieges

Beim Ökumenischen Gottesdienst an Buß- und Bettag predigt Präses Dr. Thorsten Latzel für den Frieden.
(vlnr.) Ökumenereferentin Anna Werle, Superintendent Dr. Jörg Weber, Generalvikar Dr. Ulrich Graf von Plettenberg, Präses Dr. Thorsten Latzel und Dorothea Valerius vom Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Trier (Fotos: Maike Roeber, ekkt)
Datum:
17. Nov. 2022
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier – Suchet den Frieden und jaget ihm nach – unter diesem biblischen Leitmotiv aus Psalm 34 haben die evangelische und die katholische Kirche im Dom zu Trier einen Ökumenischen Gottesdienst am Buß- und Bettag, 16. November 2022, gefeiert. Die Predigt hielt Dr. Thorsten Latzel, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, die Liturgie gestalteten Generalvikar Dr. Ulrich Graf von Plettenberg vom Bistum Trier, Dr. Jörg Weber, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Trier, Dorothea Valerius vom Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Trier sowie die Ökumenereferentin des Bistum Trier, Anna Werle. Musikalisch wurde der Gottesdienst gestaltet von der Dommusik.

„Frieden: Das meint mehr als die Abwesenheit von Krieg und Gewalt. Bei Frieden geht es letztlich um Gott, um seine Gegenwart unter uns. … Darum, dass Gerechtigkeit, Liebe, Freiheit herrschen“, begann Latzel seine Predigt. Angesichts des nun seit Monaten andauernden russischen Angriffs-Krieges auf die Menschen in der Ukraine seien die Menschen aber von diesem Frieden gefühlt weiter weg denn je – weit weg vom großen Frieden Gottes, wie auch „vom bloßen Schweigen der Waffen. Vom Frieden im Sinne eines Einhaltens von Völkerrecht“, so Latzel. „Seit nunmehr neun Monaten müssen wir Tag für Tag miterleben, wie ein ganzes Land, seine Identität, Geschichte, Infrastruktur gezielt zerstört und ausgelöscht werden sollen“, betonte der Präses. Millionen Menschen seien auf der Flucht, über eine Million Menschen, insbesondere Frauen und Kinder in Deutschland. Und mit dem einbrechenden Winter würden es noch viel mehr werden, so Latzel. Bereits jetzt kämen viele Kommunen an ihre Grenzen. Der Präses nannte dies „die Vertreibung von Menschen als bewusstes, zynisches Kalkül.“ Weltweit würden gerade die Ärmsten unter den Folgen dieses Krieges leiden, weil Weizen, Rohstoffe, Energie teurer würden. „Kälte und Hunger werden als Waffen eingesetzt“, so der leitende Geistliche der rheinischen Landeskirche. Und auch in unserem Land träfen Teuerung und Energieknappheit viele Menschen, nicht nur, aber vor allem mit geringem Einkommen. „Dieser Krieg verursacht Leid, sinnloses, unermessliches Leid“, so der Präses, „er soll nach Gottes Willen nicht sein. Und einmal werden sich alle, die ihn betreiben, vor Gottes Angesicht rechtfertigen müssen.“

Sich nicht abfinden mit der Gewalt

Das Bibelwort aus Psalm 34 brächte angesichts all dessen auch etwas von seiner eigenen Ohnmacht zum Ausdruck, von der Zerrissenheit, der Leere, die er wie viele erfahre: „Frieden wurde vernichtet, verloren wie ein kostbarer, flüchtiger Schatz. Und ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll zu suchen“, so Latzel. Es habe in diesem Jahr oft Zeiten gegeben, in denen er sich hilflos vorkam: „Was kann man tun, wenn Gewalt so hemmungslos gelebt wird?“ Der kurze Psalmvers wecke in ihm aber auch Widerstand: „Finde Dich nicht ab mit der Wirklichkeit der Gewalt. Mach Dich auf. Setz Dich für Frieden ein. Hör nicht auf. Am Ende wird auch dieser Krieg keinen Bestand haben.“

Menschen schützen und Raum für Recht schaffen

Auf der großen politischen Ebene gäbe es zurzeit zumindest wahrnehmbar keine wirkliche Bereitschaft für Verhandlungen, so der Präses weiter. „Da kann es nur darum gehen, unrechtmäßige Gewalt einzudämmen, um Menschen zu schützen und wieder Raum für Recht zu schaffen“, betonte Latzel. In einer unerlösten Welt brauche es legitime Macht, um das Böse einzudämmen und Schlimmeres zu verhindern. Doch Frieden, wirklicher Frieden sei damit noch nicht geschaffen, erläuterte Latzel weiter. „Dazu braucht es mehr. Dazu braucht es letztlich Versöhnung.“ Und es brauche Menschen, die „als Friedensucher und Versöhnungsstifter“ wirkten, so der Präses. Wie zum Beispiel die Lehrer/Innen an kirchlichen Schulen, die sich mit großem Einsatz um ukrainische Kinder und Jugendliche kümmerten. Oder die Menschen in den Kirchengemeinden, die viele Geflüchtete aufgenommen hätten. All das sei auch ein „Zeichen, der Gewalt nicht das letzte Wort zu lassen. Frieden zu suchen. Versöhnung zu stiften. Suchet den Frieden und jaget ihm nach - Die Botschaft von dem Frieden Gottes brauchen wir wohl dringender denn je“, betonte Latzel. Christinnen und Christen lebten aus dem Frieden mit Gott heraus, mit Gott als Schöpfer aller Menschen. Gottes Friede könne zugleich zu Frieden und Versöhnung mit uns selbst führen – und mit anderen, letztlich mit der ganzen Schöpfung. „Wir werden zu Menschen, die Frieden suchen, Versöhnung stiften, Brücken bauen“, so Latzel.

Präses Dr. Thorsten Latzel spendet den Segen; links daneben Generalvikar Dr. Ulrich Graf von Plettenberg

Keine Menschen erster und zweiter Klasse

In der Ukraine wie in den vielen anderen Kriegen werde erlebbar, wie unlöslich Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung zusammenhingen. Und dass die Not der einen nicht gegen die der anderen ausgespielt werden dürfe: „Es gibt keine Flüchtlinge erster und zweiter Klasse. Weil es schlicht um allgemeingültige Menschenrechte geht. Und auch Gott keine Geschöpfe erster und zweiter Klasse kennt.“

Die Suche und Jagd nach dem Frieden würden auf dieser Welt nie aufhören – solange, bis Gott einmal sein werde alles in allem. Aber, so der Präses weiter: „So unscheinbar und hilflos unsere Suche scheinen mag, durch sie ist letztlich Gott selbst am Werk. Am Ende werden Krieg und Gewalt nicht bestehen. Sondern allein der Friede und die Liebe Gottes.“

Kriegsmüde und friedensaktiv

Auch der Generalvikar des Bistums, Dr. Ulrich Graf von Plettenberg, betonte im Rahmen des Gottesdienstes, in Anlehnung an ein Zitat des österreichischen Schriftstellers Karl Kraus: „Sucht den Frieden und jaget ihm nach! Gerade durch den nahen Krieg in der Ukraine ist uns die Fragilität von Frieden sehr bewusst geworden. Die alltägliche Berichterstattung durch alle Medien macht uns regelrecht kriegsmüde. Aber was suggeriert dieses Wort: kriegsmüde? Als ob wir zu all dem, was ein Krieg mit sich bringt – Mord, Raub, Lüge und vieles mehr - jemals frisch und munter gewesen wären. Nein! Kriegsmüde hat man immer zu sein, nicht erst wenn ein Krieg am Laufen ist. Kriegsmüde und friedensaktiv – diese Haltungen sollten uns als Christen allzeit prägen.“
(red)

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