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300 Besucher beim zweiten Akademietag der Pallottiner in Vallendar:Gewalt und Frieden in Islam und Christentum

Gewalt- oder Friedensstifter? Islam und Christentum waren und sind immer auch beides. Nach Gewalt- und Friedens-Potenzialen der Weltreligionen fragte der Akademietag in Vallendar.
Beim 2. Akademietag 2016 der PTHV: (v.l.n.r.) Prof. Dr. Klaus von Stosch (Universität Paderborn), Matthias Blöser (Pax Christi im Bistum Limburg, Bad Homburg), Rabeya Müller (Zentrum für islamische Frauenforschung in Köln), JProf. Dr. Alban Rüttenauer SAC (PTHV), Prof. Dr. Alfred Schuchart (PTHV)
Datum:
18. Jan. 2016
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Vallendar – Welche Gewalt- und Friedenspotenziale gibt es in den beiden Religonen Islam und Christentum, in deren Namen immer wieder kriegerische Gewalttaten ausgeübt werden? Das gerade in dieser Zeit aktuelle Thema bestimmte den zweiten Akademietag an der Hochschule der Pallottiner in Vallendar. Fast 300 Besucher wollten wissen, warum ausgerechnet monotheistische Religionen wie das Christentum und der Islam für menschenverachtende Kriege und Gewalt in der Welt verantwortlich gemacht werden.

„Der Gott der monotheistischen Religionen hat oft keine gute Presse“, sagte Referent Professor Klaus von Stosch von der Universität Paderborn zu Beginn seines Vortrages. Der Religionskritiker Richard Dawkins habe den Gott des Alten Testaments als „unangenehmste Gestalt der gesamten Dichtung“ bezeichnet und dabei nicht mit Adjektiven wie „eifersüchtig und stolz drauf, ungerecht, nachtragend, rachsüchtig, frauenfeindlich, homophob oder blutrünstig“ gegeizt. Das stimme so nicht, sagte der 44-jährige Theologe. Der Aufruf zu Gewalt sei in der Bibel und im Koran zwar zu finden, allerdings müssten diese Stellen immer im historischen und literarischen Kontext gelesen und verstanden werden. Es sei wenig sinnvoll, sie einfach in unsere Zeit zu übertragen und damit die Religion als Ganze zu diskreditieren. Weil der eine Gott sowohl von den Mächtigen als auch von den Unterdrückten beansprucht werde, sei Gott immer ein Gott der Liebe (der Barmherzigkeit), aber auch ein Gott des Zorns (der Gerechtigkeit). „Wir als die „Gewinner“ lieben den Gott der Barmherzigkeit, die Entrechteten lieben ihn wegen seiner Gerechtigkeit“, führte von Stosch aus. Das oft verkürzt verwendete Zitat aus dem Koran „Tötet sie (die Ungläubigen), wo ihr sie trefft“ müsse beispielsweise vor dem historischen Hintergrund Anfang des 7. Jahrhunderts nach Christus verstanden werden, als der Prophet Mohammed drei Schlachten gegen die „heidnischen“ Araber von Mekka führte und schließlich siegte. Klaus von Stoschs Fazit: „Die Quellen der monotheistischen Religionen beinhalten ein Gewaltpotenzial. Diese Quellen können wir nur verstehen, wenn wir an ihre Aussagen nicht mit unserer heutigen Denkweise herangehen, sondern versuchen, sie aus der Perspektive ihrer Entstehungszeit zu erfassen.“

Die zweite Tagesreferentin, Rabeya Müller, ergänzte den Vortrag von Prof. Dr. Klaus von Stosch mit Erfahrungen aus ihrer Tätigkeit mit gemischt religiösen Gruppen von Jugendlichen in Köln und zeigte auf, wie man Friedenspotentiale in die Tat umsetzen kann. Gott gelte auch im Islam als Quelle des Friedens, sagte die 58-Jährige Islamwissenschaftlerin und Theologin am Institut für interreligiöse Pädagogik und Didaktik in Köln. Aus islamischer Sicht seien Friedensaspekte „die Hingabe an Gott, der Friede mit den Mitmenschen und Mitgeschöpfen und Friede mit sich selbst“. Als Unrecht beschreibe der Koran: „Unwissend handeln, lästern, verleumden, Unrecht auf wirtschaftlicher Ebene und Zwang in der Religion.“ Nach ihrer Überzeugung gehe es im Islam um den Menschen als „Statthalter Gottes“, im Christentum werde von „der Ebenbildlichkeit des Menschen“ gesprochen. Nehme man diese beiden Glaubensüberzeugungen ernst, dürfe es zu keiner Gewaltanwendung zwischen den beiden Religionen kommen. Für den Dialog zwischen Islam und Christentum sei eine grundsätzliche Gesprächsbereitschaft auf gleicher Ebene wichtig, eine gemeinsame oberste Instanz zu beachten, wie z.B. das Grundgesetz in Deutschland, und Argumente gleichberechtigt nebeneinander stehenzulassen.