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Mouhanad Khorchide zu Gast bei der Abiturientenakademie in Lahnstein:"Gott im Islam ist barmherzig"

Eine erste "Begegnung mit dem Islam" führte die Abiturientenakademie katholischer Schulen im Raum Koblenz zu Mouhanad Khorchide - Vertreter eines reformierten Islam...
Mouhanad Khorchide stammt aus Beirut und wanderte mit 18 nach Österreich aus. Heute lehrt der Soziologe und Islamwissenschaftler an der Universität Münster.
Datum:
12. Feb. 2016
Von:
Bischöfliche Pressestelle
Lahnstein – „Der Islam ist Liebe, er ist Barmherzigkeit“ – Mit diesen Worten hat Professor Mouhanad Khorchide bei Schülern, Eltern und Gästen am 10. Januar während eines Vortragsabends im Johannes-Gymnasium Lahnstein für ein differenzierteres Bild seiner Religion geworben. Khorchide war als Referent zu Gast bei der dreitägigen Abiturientenakademie, die das Johannes-Gymnasium gemeinsam mit dem bischöflichen Cusanus-Gymnasium Koblenz jedes Jahr veranstaltet. Für die Schüler der beiden katholischen Schulen ging es vom 10. Bis 12. Februar um „Begegnungen mit dem Islam“, die unter anderem Besuche zweier Moscheen, Seminare und eine große Abschlussdiskussion beinhalten. Wie Schulleiter Rudolf Loch bei der Begrüßung erklärte, würden in der aktuellen Diskussion häufig negative Begriffe mit dem Islam assoziiert – umso wichtiger sei also „Aufklärungsarbeit“. Referent Khorchide gilt als wichtiger Reformvertreter des Islam in Deutschland und leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Universität Münster, das seit 2012 muslimische Frauen und Männer zu Religionslehrern ausbildet. Heute studieren laut Khorchide bereits 750 junge Leute am Zentrum - ein wichtiger Schritt, da der Staat bisher die religiöse Bildung der Muslime völlig den Moscheegemeinden und den Laienpredigern überließ. Zu Beginn seines Vortrags verdeutlichte er, dass es „den einen“ Islam nicht gebe, sondern vielmehr konservative, liberale oder gar radikale Auslegungen. Der Koran gelte allen Muslimen als direkt Offenbarung Gottes, jedoch gestalte sich eine komplett wörtliche Auslegung als schwierig, so Khorchide. „Wir müssen die Schrift in ihrem historischen Kontext sehen und sie dadurch würdigen, dass wir sie in unsere Zeit transportieren. Es geht um die Botschaft, den Sinn.“ Die historisch-kritische Auseinandersetzung mit dem Koran sei ein Prozess, der langsam beginne. Auch im Christentum habe solch eine kritische Deutung der Bibel erst vor rund 80 Jahren stattgefunden, stellte Khorchide fest. Gott sei auch im Islam liebend und barmherzig – wie der Koran an vielen Stellen belege. Der Mensch stelle sich durch gute Taten und Barmherzigkeit gegenüber seinen Mitgeschöpfen also in den Dienst Gottes. Viele radikale Strömungen hätten demgegenüber ein restriktives Bild von ihrer eigenen Religion: „Sie hinterfragen nicht, dass die Regeln und Vorschriften den Menschen auf seiner spirituellen Suche begleiten und reifer werden lassen. Dieses andere Gottes-Verständnis besagt: Du musst die Regeln befolgen, weil Gott dich sonst straft oder weil dir ein Nachteil erwächst.“ Es gelte, dieses starre Bild zu verändern. In der anschließenden Diskussion mit den Schülern und Gästen ging Khorchide auch auf Fragen nach dem Frauenbild im Islam sowie körperliche Bestrafung in muslimisch geprägten Ländern ein. „Das Problem ist, dass die Religion häufig von weltlichen Machtapparaten zur Rechtfertigung ihrer politischen Ziele missbraucht wird.“ In diesem Zusammenhang sei aber auch eine neue Wertedebatte in Europa nötig: „ Wir berufen uns auf die Menschenrechte, sind aber Handelspartner von Diktaturen, die ihre Völker unterdrücken.“ Theologisce Diskurse zur Auslegung des Koran allein würden nicht weiterhelfen, gerade wenn es um kulturelle Unterschiede gehe. Etwa bei der Frage nach Integration muslimischer Flüchtlinge und Zuwanderer sei die Arbeit mit den Menschen gefragt. „Wir müssen ihnen ermöglichen, Erfahrungen mit anderen Wertevorstellungen und Lebensweisen zu sammeln.“