Junge Frauen und Männer aus dem Bistum Trier leisten weltweit Freiwilligendienst :Gut vorbereitet ins Ausland-Abenteuer starten
Trier/San Isidro – Impfpass und Ersatzbrille liegen bereit. Auch Klamotten für warme wie kalte Temperaturen sind schon gepackt; nachts kann es ziemlich kühl werden im Andenstaat Bolivien. Jetzt sind es nur noch wenige Tage, bis es für Malvine Bläßer aus Trier endlich los geht gen Süden. Der Anlass für ihre Reise ist jedoch kein Urlaub, sondern ein Freiwilligendienst in einem Bildungszentrum in Bolivien. Ein ganzes Jahr wird sie dort mitarbeiten. Dabei hat sie bewusst den Verein Soziale Friedensdienste im Ausland (SoFiA e.V. Bistum Trier) als Vermittlungsorganisation ausgewählt. Insgesamt 27 junge Frauen und Männer schickt SoFiA in diesem Jahr ins Ausland – verteilt auf vier Kontinente.
Der künftige Einsatzort der Abiturientin ist weit entfernt – mehr als 10.000 Kilometer liegen zwischen dem Centro de Educación Alternativa (CEA) „San Isidro“ im ländlich geprägten Umland der bolivianischen Hauptstadt Sucre und Trier, dem Wohnort von Malvine. Das Zentrum bietet sozial benachteiligten und in Armut lebenden Jugendlichen einen Ort, an dem sie in Ausbildungskursen Grundkenntnisse in den Bereichen Milchwirtschaft, Molkerei, Metzgerei, Imkerei, Gemüseanbau und Nähen von Kleidung erwerben können.
Sie fühle sich gut vorbereitet auf ihren Auslandsaufenthalt, erzählt die 19-Jährige. „Es gab eine Reihe von Seminaren in den letzten Wochen. Im Juli hatten wir noch einen zehntägigen Kurs zu verschiedenen Themen wie interkulturelle Kommunikation und Armut.“ Doch die SoFiA-Kurse vermitteln nicht nur Organisatorisches und Praktisches, sondern bereiten auch mental vor. „Es ging auch um das Mindset, mit dem man in den Freiwilligendienst startet.“ Anhand von Impulsen stellten sich die Kursteilnehmer Fragen wie: Wie war mein Leben bisher und was hat mich beeinflusst und geprägt? Was sind momentan „meine Themen“ und welche Probleme könnten sich in der neuen und ungewohnten Umgebung ergeben? Wie kann ich konkret damit umgehen? „Es ist immerhin ein völliger Perspektivwechsel“, gibt Malvine zu bedenken.
Freiwilligenprojekte auf internationaler Ebene gewinnen für junge Menschen an Bedeutung. Laut einer vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Studie des Arbeitskreises „Lernen und Helfen in Übersee e.V.“ wurden 2010 in Deutschland über 10.000 Freiwillige über verschiedene Organisationen in internationale Projekte vermittelt. Zum Vergleich: 2004 waren es knapp 6.000. Allerdings gibt es unter den teils privaten Vermittlungsorganisationen auch schwarze Schafe. Diese verlangen horrende Gebühren und setzen Freiwillige ohne entsprechende Qualifikation an Stellen ein, an denen eigentlich geschultes Personal arbeiten müsste wie etwa im Medizinsektor. Genau dies wäre für Malvine der schlimmste Fall, der eintreten könnte: „Wenn man zu viel Verantwortung übertragen bekommt und Dinge leisten soll, für die man nicht qualifiziert ist, ist man schlicht überfordert.“ Das höre man leider immer wieder in Erfahrungsberichten, erzählt sie und erläutert, warum sie sich für SoFiA entschieden habe: „Ich hab gesehen, dass SoFiA eine seriöse Organisation ist und genau dem entspricht, was ich suche.“
Judith Weyand, Bildungsreferentin bei den Sozialen Lerndiensten im Bistum Trier – dort ist SoFiA angesiedelt – präzisiert den Eindruck der jungen Frau: „Wir schließen mit allen neuen Einsatzstellen eine Kooperationsvereinbarung ab, um sicherzustellen, dass ein gemeinsames Grundverständnis über den Freiwilligendienst und über die Aufgaben der Freiwilligen besteht.“ Mit vielen Projekten arbeiten sie bereits seit Längerem zusammen. „Das heißt, es ist klar, dass es sich bei uns weder um Fachkräfte, noch um ‚Volun-Touristen‘ handelt“, sondern um Volunteers, also um Freiwillige, die einen sozialen Lerndienst absolvieren. „Wir bleiben im regelmäßigen Kontakt mit den Projekten und Partnerorganisationen, führen Projektbesuche durch und holen uns das Feedback der Freiwilligen und der Mentoren vor Ort ein.“
Auf den wirklichen Austausch mit den „Leuten vor Ort“ freut sich Malvine am meisten. Das Land nicht als Touristin kennenzulernen, sondern zu wissen: „Das ist jetzt für ein Jahr lang mein Zuhause.“ Zwar sind ihre Spanischkenntnisse noch gering. In einem dreiwöchigen Sprachkurs wird sie die Fremdsprache allerdings intensiv lernen. Der Rest ergebe sich sicherlich aus dem alltäglichen Kontakt mit den Muttersprachlern, sagt sie.
Wie sie überhaupt auf die Idee gekommen ist, nach dem Abitur erst ein freiwilliges soziales Jahr zu absolvieren, und das auch noch am anderen Ende der Welt? Wichtig sei es ihr, einen Beitrag für andere zu leisten und sich zugleich selbst weiterzuentwickeln. „Bevor ich mich für ein Studium oder eine Berufsausbildung entscheide, also dafür, wie mein weiterer Lebensweg verläuft, möchte ich reif genug für diese Entscheidung sein. Ich denke, dafür brauche ich einmal einen kompletten Perspektivwechsel, muss einmal ins kalte Wasser springen. Ich bin mir sicher, dass sich mein Blick auf die Dinge in diesem Jahr verändern wird und ich nach meiner Heimkehr vieles mit anderen Augen sehen werde.“
Weitere Informationen zu SoFiA und den Sozialen Lerndiensten im Bistum Trier gibt es auf www.sofia-trier.de und www.soziale-lerndienste.de.
(ih)