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Saarbrückerin erhält Jungfrauenweihe:Immer der Spur des Glaubens gefolgt

Pastoralreferentin Pascale Meyer hat sich für eine ungewöhliche Weiheform entschieden. Auf ihrem spirituellen Weg ist sie angekommen.
Pastoralreferentin Pascale Meyer im Dom-Kreuzgang
Datum:
21. März 2023
Von:
Simone Bastreri

Saarbrücken/Himmerod – Jungfrauenweihe – über den Begriff stolpert man zunächst, fremd hört er sich an, irgendwie antik. Und das ist er im Grunde auch, denn die Praxis der Jungfrauenweihe entwickelte sich in frühchristlicher Zeit, im 4. Jahrhundert. Doch die besondere Weihe gibt es heute noch; seit rund 50 Jahren belebt die katholische Kirche sie wieder. Trotzdem sind solche Weihen sehr selten – weltweit soll es nur einige Tausend im Stand der „gottgeweihten Frauen“ geben. Eine von ihnen ist seit Februar Pascale Meyer aus Saarbrücken. Die 53 Jahre alte Pastoralreferentin arbeitet an der Universität des Saarlandes und berät und begleitet dort Theologiestudierende.

Ankommen nach langer Spurensuche

Für Meyer ist die Weihe das Ankommen nach einer langen Spurensuche auf ihrem eigenen Glaubensweg. Die beginnt für sie als Kind deutsch-französischer Eltern aus Saarbrücken, die eher liberal sind und mit Kirche zunächst nicht eng verbunden sind. Erst ab ihrer Firmung und einer Reise mit ihrer Firmgruppe nach Himmerod wird in ihr das Interesse an Glaubensfragen geweckt – und lässt sie seitdem nicht mehr los. „In Himmerod wurde so ein Schalter umgelegt. Diese Atmosphäre, das Gemeinschaftserlebnis mit den anderen sind mir bis heute unvergesslich“, sagt die 53-Jährige lächelnd. Wenn die große schlanke Frau davon erzählt, strahlen ihre Augen. „Als wir von dort zurückkehrten, forderten wir von unserem Pfarrer erstmal ein, dass auch wir Mädchen Messdienerinnen werden dürfen. Der Glaube war ab dann etwas für mich, das mich völlig erfüllt hat.“ Sie verlässt ihre Heimatpfarrei Maria-Königin auf dem Saarbrücker Rotenbühl Richtung Augsburg für ein Lehramtsstudium. Dort hat sie erstmals Kontakt mit einem Klarissenkloster. Der Orden gehört zu den kontemplativen Gemeinschaften, die ein sehr zurückgezogenes, beschauliches Leben führen. Fasziniert von der harmonischen, freundlichen und fast mystischen Atmosphäre des Ortes entscheidet sie sich, als Novizin in den Orden einzutreten. „Ich dachte, das sei für immer. Ich hatte dort eine gute Zeit und wichtige Erfahrungen. Der Punkt war aber für mich, dass ich diese Freude am Glauben mit anderen Menschen teilen möchte. Gesundheitlich ging es mir durch diesen Zwiespalt irgendwann schlecht. Vielleicht war ich auch noch zu unreif.“ So verlässt Meyer den Orden nach drei Jahren Probezeit, auch wenn die Sehnsucht nach der kontemplativen Lebensweise bleibt: „Für mich ist dieses Verhältnis zu Gott und die Suche danach immer meine persönliche Mitte gewesen.“

Um sich auszuprobieren, absolviert Meyer einige Praktika. Ein halbes Jahr in der Kinder- und Jugendhilfe, später auch in der Seniorenarbeit. Schnell wird ihr klar: Hier ist sie auch nicht richtig aufgehoben. Heute ermutige sie ihre Studierenden, möglichst viele Praktika zur Orientierung zu nutzen. Meyer entscheidet sich schließlich für ein Theologiestudium in Eichstätt und München, wo sie im Studentenwohnheim mit vielen internationalen jungen Leuten wiederum ganz andere positive Erfahrungen mit dem Glauben in einer lebendigen Gemeinschaft sammelt. Trotzdem ist Meyer nicht verklärt, hat Zweifel und Fragen an den Gott, der sie so eng begleitet. „Ich hinterfrage vieles radikal – auch im Theologiestudium habe ich mir nichts ‚erspart‘. Ich wollte nicht nur etwas glauben, weil es ‚schön‘ ist, sondern weil ich sagen kann, das ist sicherer Boden. Man setzt auf die Präsenz Gottes und dieses ‚Gegenüber‘ hat für mich auch einen aktiven Part. Es ist ein Gefühl, immer wieder von Gott ‚gefunden‘ zu werden.“

Fasziniert vom Ordensleben

Nach einem Auslandsjahr in Frankreich geht sie zurück in ihr Heimatbistum und absolviert dort bis 2003 ihren dreijährigen Pastoralkurs, die Praxiszeit in der Ausbildung zur Seelsorgerin – und kommt nach einigen Jahren Einsatz in Pfarreien zur Katholischen Hochschulgemeinde. Ab 2007 begleitet sie Studierende im damals geschaffenen „Mentorat“, eine erfüllende Arbeit, sagt Meyer. Ihr innerer Wunsch nach dem Klosterleben bleibt – aber die drängenden Fragen auch. Als sie auf dem Weltjugendtag in Köln Mitglieder der monastischen Gemeinschaft von Jerusalem trifft, die ein kontemplatives Leben mitten unter den Menschen in Großstädten führen, denkt sie sich „der Spur gehe ich nach“. Fortan orientiert sie sich eng an der Gemeinschaft, pendelt zwischen Saarbrücken und Straßburg. „Dennoch war es für mich so ein ‚Zwischen-Status‘, es hatte etwas Vorläufiges. Ich wollte aber meinen persönlichen Bund mit Gott in einer dauerhaft gültigen Form schließen.“ Nachdem sie sich eingehend informiert, stößt sie auf die Jungfrauenweihe, ein persönliches Gelübde, das ähnlich wie eine ewige Profess bei Ordensleuten bindend ist. „Sie lässt mir aber ausreichend Raum und Flexibilität. Tatsächlich gab es solche Weihen schon bevor überhaupt Ordensleben entstand. In frühchristlicher Zeit gab es solche geweihten Formen eher im familiären Umkreis, dass Frauen sagten, ich folge Jesus nach und gründe keine eigene Familie.“ Von Bischof Stephan Ackermann nach dem Grund für ihren Wunsch nach der besonderen Weiheform gefragt, antwortet Meyer: „Wieso leben Menschen jahrelang zusammen und wollen dann heiraten? Weil man dem Ganzen einen Ausdruck und eine Gültigkeit verleihen will.“ Für Meyer schließt sich tatsächlich am Tag ihrer Weihe durch den Bischof ein Kreis: Dort, wo alles anfing, in Himmerod empfängt sie während eines Gottesdienstes die Weihe, verspricht ein zölibatäres Leben in der Nachfolge Jesu. „Ich bin in meiner Identität angekommen, fühle mich ganz und stehe auf festem Boden.“

Weltweit rund 5.000 geweihte Jungfrauen

Rund 5.000 geweihte Jungfrauen soll es weltweit geben, in den romanischen Ländern ist diese Weiheform weiter verbreitet – allein in Frankreich leben rund 600. Sie sind weiter in ihrem normalen Lebensumfeld tätig, weihen aber ihr Leben Gott. Seit 1970 ist der im Mittelalter durch das Ordensleben verdrängte Ritus wieder eingeführt worden. Die geweihten Jungfrauen gehören zur jeweiligen Ortskirche. Im Bistum Trier wurden seit den 1970er Jahren sechs Frauen geweiht.