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Infoabend für Eltern am 7. Juli in Sinzig zum Thema „Ein Jahr nach der Flut – wie geht es unseren Kindern?“:„Inzwischen malen die Kinder das Wasser wieder blau“

„Wie geht es unseren Kindern ein Jahr nach der Katastrophe?“ - bei einem Infoabend am 7. Juli in Sinzig geht es um dieses Thema.
Datum:
3. Juli 2022
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier/Sinzig – Die Flutkatastrophe im Ahrtal hat Spuren hinterlassen – sichtbare Spuren an Straßen und Häusern, unsichtbare in den Köpfen der Bewohner. Im Juli jährt sich das Ereignis zum ersten Mal. Für Diplom-Pädagoge Christof Ewertz Anlass bei einem Informationsabend am 7. Juli in Sinzig zu fragen: „Wie geht es unseren Kindern ein Jahr nach der Katastrophe?“

Als Leiter der Lebensberatungsstelle Ahrweiler weiß Christof Ewertz um die Ängste und Sorgen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nach dem Hochwasser 2021. „Die Probleme sind durchaus vielschichtig. Es war jetzt eine ganze Weile ruhig direkt nach der Flut. Am Anfang stand natürlich der Schock. Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene waren platt von dem Erlebten. Und dann war da unwahrscheinlich viel Aktion: Aufräumen, Häuser renovieren und so weiter. Deswegen war relativ schnell absehbar, dass sich der Bedarf erst mit der Zeit einstellen wird.“

Seit der Vorweihnachtszeit verzeichnen er und sein Team einen steilen Anstieg der Beratungsanfragen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen. „Und seit dem Frühjahr gehen die Anfragen gefühlt durch die Decke.“ Das hänge auch damit zusammen, dass das Team der Lebensberatungsstelle Ahrweiler viel vor Ort sei, aufsuchende Arbeit an Schulen und Kindergärten leiste und dort ein niederschwelliges Angebot geschaffen habe. „Für viele Erwachsene, und für Kinder und Jugendliche erst recht, ist es nach wie vor eine Überwindung, überhaupt in eine Beratungsstelle hineinzugehen. Gehen sie aber raus, erleben wir, wie die Schwellenangst komplett wegfällt und wie Kinder und Jugendliche vermehrt auf uns zukommen – mit allem Drum und Dran, auch mit persönlichen Reaktionen auf diese traumatischen Erlebnisse, die immer noch tief in den Seelen stecken.“

Viele Kinder reagieren mit Schweigen

Kinder und Jugendliche machten in dieser Hinsicht keinen großen Unterschied zu Erwachsenen, so Ewertz. „Sie gehen in der Regel nur anders damit um. Und sie haben eine hohe Hypothek mitzutragen, denn sie leiden oftmals sehr stark unter den Ängsten ihrer Eltern. Die stehen natürlich auch unter Druck, sind verzweifelt und kommen mit dem Erlebten nur schwer zurecht“, erklärt er. „Wenn Kinder das Leid der Eltern mitkriegen, wollen sie es nicht noch vergrößern.“ Aus diesem Grund würden sich viele Jungen und Mädchen verschließen und in Schweigen verfallen. Eltern fragten sich dann oft, was mit ihrem Kind nicht stimme, warum es wesensverändert sei. Kinder suchten sich oft andere Wege, um sich mitzuteilen. „Viele drücken sich nonverbal aus, stellen Erlebnisse, die mit der Flut zu tun haben, zum Beispiel in Bildern dar. Wenn sie Wasser gemalt haben, haben sie das am Anfang schwarz gemalt – weil es ja Nacht war. Später dann braun, weil es dreckig und schlammig war. Mittlerweile beobachten wir, dass Kinder das Wasser wieder blau malen.“

Konkrete Probleme vieler Kinder: Erinnerungsstücke seien verloren gegangen, ihre Lieblingsspielzeuge fehlten, und natürlich die traumatischen Erlebnisse in der Flutnacht selber. „Das verändert Menschen nachhaltig“, sagt Ewertz. Einige Kinder und Jugendliche würden sogar regelrechte Flashbacks erleben. „An Tagen nach erneutem Gewitter oder Starkregen haben wir gleich mehrere Anmeldungen.“

Was Eltern unmittelbar tun können? „Alles, was ein bisschen an Normalität erinnert und wenn es auch nur die geringste Kleinigkeit ist. Struktur geben. Auch im größten Dreck, im größten Chaos mal innehalten, auch wenn es nur fünf Minuten sind. Irgendwas tun, das man immer gerne gemacht hat.“

Bei dem Eltern-Infoabend am 7. Juli in Sinzig wird Ewertz über mögliche Symptome und Folgen der traumatisierenden Erlebnisse sprechen und Anregungen zum Umgang mit dem eigenen Kind geben. Als Organisatoren laden die KITA Sozialarbeit der Stadt Sinzig, die Lebensberatung der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler und der Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. zu der kostenlosen Abendveranstaltung in die Begegnungsstätte „Grüner Weg“ ein. Anmeldung nehmen Kerstin Deidenbach, E-Mail kerstin.deidenbach@sinzig.de, und Kerstin Marci, Tel.: 0151-11649980, entgegen.

(ia)