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Jugendliche bauen denkmalgeschützte Marienkapelle im Ahrtal wieder auf :„Ist ja klasse, was ihr hier macht!“ 

300 Freiwillige arbeiten im Rahmen des Fluthilfecamps der Deutschen Stiftung Denkmalschutz an 17 Denkmal-Baustellen entlang der Ahr
Merle und Lena haben viel Freude an ihrer Arbeit in Maischoß
Datum:
16. Juni 2023
Von:
Julia Fröder

Mayschoß – Eigentlich arbeiten sie in Archiven, in der Archäologie oder im Museum als Freiwilligendienstleistende (FSJ) im Bereich Denkmalpflege, doch für zwei Wochen haben sie einen gemeinsamen Einsatzort: das Ahrtal. Insgesamt 300 Freiwillige werden noch bis zum 23. Juni im Rahmen des Fluthilfecamps der Deutschen Stiftung Denkmalschutz an 17 Denkmal-Baustellen entlang des Flusses arbeiten, der im Juli 2021 Menschen das Leben kostete und viele Gebäude zerstörte. Auch die kleine Marienkapelle in Mayschoß wird von den jungen Menschen unter Anleitung von Experten wiederhergestellt. 

Mann mit Hut auf dem Dach der Marienkapelle Maischoß

Das Dach fehlt, wie Teile des Giebels, Boden und Putz sind schmutzverkrustet – das Bild wird sich in den kommenden Tagen noch ändern. Mit Restaurator Dr. Uli Eltgen und Maurermeister Andreas Schael haben die zehn Jugendlichen an der Baustelle „Marienkapelle“ erfahrene Fachanleiter an ihrer Seite, um gemeinsam die alten Farbschichten zu untersuchen, ein Tonnengewölbe zu mauern, einen Dachstuhl mit Schiefereindeckung zu zimmern und ein Sandsteinportal aufzusetzen. „Wir sind guter Dinge, dass das innerhalb der vorgegebenen zwei Wochen fertig wird“, sagt Lena. Sie restauriert in ihrer eigentlichen Einsatzstelle in Halle (Saale) eine alte Brauerei, da hat die 19-Jährige viel mit Lehmbau zu tun, in Mayschoß legt sie unter anderem historische Malereien frei. „Ich bin gespannt, wie es aussehen wird, wenn wir fertig sind“, sagt ihre Kollegin Merle, die eigentlich ein FSJ bei einem Raumausstatter macht, der historische Sitzmöbel neu aufpolstert. „Ich finde es voll spannend, das mal mitzuerleben und mitzumachen“, sagt die 20-Jährige.  

Freude an der Arbeit hat auch Fachanleiter Schael. An einer Kapelle zu arbeiten sei schon etwas Besonders, sagt der Maurermeister aus Quedlinburg (Sachsen-Anhalt): „Es ist ein vergeistigtes Bauwerk und dient ja auch der geistigen Erbauung.“ Er geht davon aus, dass das Bauwerk religiös geprägten Menschen sicherlich viel bedeute. Simon (ebenfalls aus Quedlinburg) kann sich dieser Meinung nur anschließen: In einer Kapelle könne man zum Beispiel eine Gewölbedecke mauern, „was man sonst nicht so oft macht, was auch sehr aufwendig ist.“ Sonst ist der 19-Jährige in seiner FSJ-Stelle im Bereich Lehmbau eingesetzt. 

Das Sägen und Hämmern bleibt nicht lange unbeobachtet: Personen aus der Nachbarschaft bringen alte Fotos vorbei und liefern weitere Informationen. „Da merkt man, wie Leute Anteil nehmen und das begleiten. Das sind schöne Gänsehautmomente“, berichtet der Maurermeister, der zum ersten Mal an der Ahr ist. Auch Merle hat solch einen Moment erlebt: „Gestern kam jemand mit dem Fahrrad vorbei, hat den Daumen gehoben und gesagt: ‚Top, ist ja klasse, was ihr hier macht‘.“ 

Hoffnungszeichen 

Die Marienkapelle in Maischoß ist für die Menschen ein Hoffnungszeichen

Dabei gibt es im Ahrtal noch viel zu tun, noch sind längst nicht alle Privathäuser wieder bewohnbar oder kommunale Gebäude nutzbar. Sich trotzdem um denkmalgeschützte Gebäude zu kümmern, findet Thomas Mertz, Leiter der Pressestelle Deutsche Stiftung Denkmalschutz, wichtig: „Zum Beispiel die kleine Marienkapelle hier in Mayschoß, die hat eine große Bedeutung für die Leute und ist ein Hoffnungszeichen.“  Die Kapelle aber auch weitere Baudenkmäler prägten das Gesicht des Ahrtals, „wenn die verloren gehen, verliert man auch ein Stück seiner eigenen Herkunft.“ Daneben kümmere sich das Fluthilfecamp auch um viele denkmalgeschützte Wohnhäuser. 

Zurück zum Ursprung 

Mauermeister Schael erklärt den Jugendlichen die Besonderheiten des Putzes

Alte Malereien, Putzschichten und Fliesen haben sie durch die Arbeiten freigelegt. Über die Jahre sei vieles an der Kapelle „verschlimmbessert“ worden, so Schael. Daher wird das Bauwerk nach dem Einsatz der Helferinnen und Helfer nicht wieder eins zu eins so aussehen, wie kurz vor der Flut – aber wieder mehr wie die ursprüngliche Kapelle aus dem vom Experten Schael geschätzten Zeitraum 1890/1910. 

Sowohl aktuelle als auch ehemalige Freiwilligendienstleistende im Bereich Denkmalpflege, auch Jugendbauhüttler genannt, verbringen jeweils eine Woche im Fluthilfecamp. Das Camp der Jugendbauhütten in Trägerschaft des internationalen Jugendgemeinschaftsdienstes befindet sich in Mayschoß. Insgesamt nehmen 300 junge Menschen an der Aktion teil. „Das Zusammentreffen mit den ganzen Menschen und der Austausch hat mir bis jetzt am meisten Spaß gemacht, aber natürlich auch das Helfen“, sagt Merle beim Blick auf „ihre“ Marienkapelle.