Stephan Schmidt aus Gonnesweiler wird zum Priester geweiht:„Jetzt erst recht!“
Saarburg/Gonnesweiler – Als Stephan Schmidt im Jugendalter als einziger seiner Altersgruppe regelmäßig sonntags im Gottesdienst sitzt und dann auch noch von der Realschule auf das Gymnasium in Sankt Wendel wechselt, ist für die älteren Leute im Dorf schnell klar: „Der wird Pastor“. Von der Gerüchtelage unbeeindruckt, liegt dem damals 16-Jährigen aus Gonnesweiler am Bostalsee zu diesem Zeitpunkt der Gedanke komplett fern, einmal Priester zu werden. Doch in diesem Fall sollten die Stimmen Recht behalten: Am 22. Mai wird Schmidt im Trierer Dom von Bischof Stephan Ackermann zum Priester geweiht und wählt damit einen Lebensentwurf, der heute für junge Männer keine selbstverständliche Option mehr ist.
Ein Wunsch nimmt Gestalt an
Der heute 32-Jährige wuchs in einer konfessionsverbindenden Familie auf, der Vater katholisch, die Mutter evangelisch. Besonders fromm oder religiös sei es zuhause nicht zugegangen, erzählt er. Einen im Alltag fest verankerten Glauben lernte er jedoch bei der Großmutter zwei Häuser weiter kennen. Schon damals habe ihn das Themenfeld Glaube irgendwie angezogen; er sei immer gerne in Gottesdienste mitgegangen oder von der Krippe an Weihnachten fasziniert gewesen. Als ihm kürzlich eine alte Zeugnismappe aus Kindertagen in die Hände fiel, musste Schmidt schmunzeln: „Im zweiten Schuljahr stand da nicht viel Gutes über mich. So nach dem Motto ‚ständig abgelenkt, arbeitet nicht gut mit, Arbeitsmaterial nicht so ordentlich‘. Doch eine positive Bemerkung stand da: ‚Er meldet sich sehr oft im Religionsunterricht und gibt durchweg richtige Antworten‘. Das fand ich irgendwie amüsant.“ Dass diese Anziehung vielleicht tiefer gehen könnte, sei ihm erst in der Oberstufe bewusst geworden, als er sich zunehmend in der Heimatpfarrei engagierte und sein damaliger Religionslehrer ihm vorschlug, Theologie zu studieren. Genau das tat Schmidt: Er bewarb sich für die Gemeindereferentenlaufbahn in Trier und begann an der Katholischen Hochschule Mainz sein Theologiestudium.
„Ausprobieren, ob das Priesterdasein etwas für mich ist“
„Im Laufe des Studiums hat sich das Interesse an der Pastoral, also dem Dienst in der Gemeinde an den Menschen, immer weiter verfestigt.“ Insgeheim sei da schon der Wunsch in ihm gereift, Priester zu werden. „Aber ich wollte erst ausprobieren, ob das wirklich etwas für mich ist – alleine zu leben und abends in eine leere Wohnung zu kommen. Aber auch die seelsorgerische Mitarbeit in einer Pfarrei hautnah zu erleben. In Gillenfeld habe ich während meines berufspraktischen Jahres dann sehr gute Erfahrungen gemacht, ob in der Jugendarbeit oder der Krankenseelsorge. Als es spruchreif war, habe ich es dann offiziell gemacht.“ Seine Mutter habe anfangs einige Bedenken gehabt, „aber als sie merkte, dass es mich glücklich macht, hat sie sich mit mir gefreut.“ Schmidts inzwischen verstorbener Vater sei richtig stolz gewesen, obwohl er mit der Kirche weniger zu tun hatte.. Er sei sich sicher, dass der Vater ihn auf seinem jetzigen Weg begleite und ihm dabei zusehe, sagt Schmidt.
Sich den drängenden Fragen der Kirche stellen
Für den jungen Saarländer folgte die Zeit am Priesterseminar in Trier, mit Studienzeiten in Trier und am Seminar in Sankt Georgen in Frankfurt. Nach der Diakonenweihe 2019 arbeitete er in der Pfarreiengemeinschaft Dillingen und anschließend in Saarburg, wo er auch nach der Priesterweihe als Kaplan eingesetzt wird. Dort wird er, wie er hofft, auch weiterhin seinem Hobby nachgehen können: alten italienischen Motorrollern, an denen er gemeinsam mit Freunden herumtüftelt oder Touren unternimmt. Natürlich werde er immer auch mit kritischen Fragen konfrontiert, etwa nach der zölibatären Lebensweise, die er nicht in Frage stelle. „Es schwingt dann oft mit, ich würde mich aktiv gegen eine Partnerschaft und Familie entscheiden, aber ich sehe es eher so, dass ich mich für etwas anderes entscheide. Es ist ein Leben für Gott und die Menschen der Gemeinde.“ Dazu gehört auch, dass er sich zum Notfallseelsorger hat fortbilden lassen. Einer seiner ersten Einsätze war die Amokfahrt Anfang Dezember 2020 in Trier. Eine Erfahrung, die er erst nach ein paar Tagen richtig realisieren und verarbeiten konnte, die aber symbolisch dafür steht, was Kirche ausmacht: Für die Menschen da sein, in allen Lebenssituationen.
Die Kritik an der katholischen Kirche und die drängenden Fragen der Zeit schiebt Schmidt nicht von sich, wie er betont. „Ich denke eher: jetzt erst recht! Die Ungereimtheiten in Welt und Kirche entmutigen mich nicht, sondern sind vielmehr ein Antrieb, an Verbesserungen mitzuarbeiten. Ich glaube zum Beispiel, dass es für meine Generation viel selbstverständlicher ist, Transparenz zu leben – auf allen Ebenen.“ Er hoffe auf eine Kirche, die die Welt verändern könne, nicht auf eine „die in bloßer Anpassung eine Arznei gegen chronischen Bedeutungsverlust zu finden meint.“ Kirche dürfe und solle auch anecken in den kontroversen Fragen unserer Zeit. So selbstverständlich es den älteren Leuten seines Heimatdorfes erscheinen mochte, dass Stephan Schmidt eines Tages Priester wird, so selten ist diese Berufswahl heute geworden. Für Schmidt mit ein Grund für seinen Primiz-Spruch ‚Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes‘, den er als Leitwort/Motto für den ersten Gottesdienst gewählt hat, den er nach seiner Weihe zum Priester feiern wird. „Es ist vielleicht das einfachste und erste Gebet, das wir lernen. Für mich bedeutet es, dass das ehemals Selbstverständliche am Glauben heute alles andere als selbstverständlich geworden ist. Aber genau auf diesen Kern unseres Glaubens – den dreifaltigen Gott – will ich ein Leben lang hinweisen und mein Priestersein unter seinen Namen stellen.“
(sb)