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Der einzelne Mensch und sein Umfeld sollen stärker in den Blick rücken:Kirche-Sein in großen Räumen

Ein Studientag des Katholikenrates beschäftigte sich mit den kirchlichen Veränderungsprozessen im Bistum Trier.
Dr. Hubertus Schönemann erläutert seine Überlegungen für eine zukunftsfähige Pastoral und das 'Kirche-Sein in großen Räumen'
Datum:
9. Apr. 2019
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier/Saarbrücken – Wie soll das gehen: Kirche-Sein in großen Räumen? Antwortversuche auf diese Frage, die sich nicht nur im Bistum Trier, sondern den Gläubigen in fast allen deutschen Diözesen stellt, hat ein Studientag des Katholikenrates gegeben.

„Nähe und Weite statt Enge und Ferne“ lautete der Untertitel der ganztägigen Veranstaltung am 6. April im Robert-Schuman-Haus in Trier. Während das pastorale Prinzip nicht-einengender Nähe zum Menschen im Rahmen der kirchlichen Veränderungsprozesse klar zu sein scheint, sind die Wege dorthin zum Teil noch unklar. „Wir wollen als Katholikenrat Mut machen und Anregungen geben“, sagte Dr. Herta Brinkmann für den organisierenden Sachausschuss „Zukunftsfragen der Kirche“ und den Kooperationspartner, die Katholische Erwachsenenbildung im Bistum. Dabei solle es bewusst nicht um Strukturen, sondern um seelsorgliche Aspekte in der Erneuerung des kirchlichen Lebens gehen. Dr. Hubertus Schönemann, der die Katholische Arbeitsstelle für missionarische Pastoral der Deutschen Bistumskonferenz in Erfurt leitet und die Transformationsprozesse der Bistümer begleitet, stellte thesenhaft einige Merkmale für ein erfolgsversprechendes „Kirche-Sein in großen Räumen“ vor. An erster Stelle stehe, so Schönemann, die Bedeutung der „Kommunikation des Evangeliums“; „Leere und Trockenheit im Glauben-Teilen“ sollen überwunden werden. Hinsichtlich der großen gesellschaftlichen Veränderungen sei der Perspektivwechsel zum Einzelnen in der Pastoral unerlässlich. Der Referent plädierte außerdem für eine stärkere Sendungsorientierung der Kirche, die sich dort ereigne, wo das Evangelium vom einzelnen Getauften entdeckt und weitergetragen werde. Der Lebens- und Sozialraum der Menschen müsse zudem stärker in den Blick genommen und die „Grenzen von Kirche fließender werden“, betonte Schönemann. Mit den Worten des Mainzer Bischofs Peter Kohlgraf aus dessen Fastenhirtenbrief lenkte er die Aufmerksamkeit auf das Bild einer „Kirche, die teilt: das Leben mit den Menschen, den Glauben, die Ressourcen und die Verantwortung“. Letztere betreffe besonders die Teilhabe der Getauften in Pastoral und Leitung. „Die Pfarrei ist und bleibt dabei der entscheidende Raum von vielfältigen lokalen Gemeinschaftsformen“, sagte der Theologe. „Von der Raumsoziologie her ist der pastorale Raum ein Gebilde von Interaktion, Kommunikation und Beziehung“. Die notwendigen Veränderungen seien mühsam, oft nicht vorhersehbar und nicht frei von Scheitern – aber auch unvermeidlich, meinte Schönemann.

In moderierten Gesprächskreisen tauschten sich die etwa 50 überwiegend ehrenamtlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer über Themen aus, die für die zukünftige Pastoral von Bedeutung sind: „Leben aus der Taufe“, „Das Gottesvolk“, „Der soziale Raum als Horizont des Kirchwerdens“ und die unterschiedlichen „Bilder von Kirche“. Vier Workshops am Nachmittag stellten verschiedene erfolgreiche und zum Teil noch junge pastorale Angebote vor. Diakon Oswald Jenni präsentierte das Kirchenprojekt „Momentum – Kirche am Center“ in der Neunkirchener City. Werner Hubertus erläuterte das auf die Gemeinde ausgedehnte Caritas-Gemeinwesenprojekt in Friedrichsthal. In Ramersbach, einem Stadtteil von Bad Neuenahr-Ahrweiler, hat sich eine „Kleine Christliche Gemeinschaft“ (KCG) gebildet, die „kein Projekt“ ist, wie Brigitte und Gregor Döge in ihrem Workshop betonten. Die aus Afrika kommende Form der Gemeindebildung basiert auf häuslichen Zusammenkünften und dem zentralen Element des Bibel-Teilens. Dabei sei der sechste Schritt des Bibel-Teilens, die konkrete diakonische Sendung zum Mitmenschen, ein wichtiger Aspekt für das nachbarschaftliche Zusammenleben, betonen die Döges – die KCG sei eine Form der lokalen Kirchenentwicklung unter dem Dach der Pfarrei.

Viele ehrenamtlich Engagierte aus dem Bistum Trier folgen den Ausführungen von Dr. Hubertus Schönemann (vorne links), daneben Dr. Clemens Keller.

In einem vierten Workshop machte Ursula Hahmann mit einem innovativen, in Aachen entstandenen Gottesdienstformat bekannt. Seit November 2014 findet einmal monatlich an einem Freitagabend der „Zeitfenster-Gottesdienst“ der Innenstadt-Pfarrei St. Franziska statt und lockt mit seinem besonderen Profil regelmäßig circa 250 Menschen an. Es sei ein Gottesdienst für postmoderne Erwachsene, für „Menschen um ‚35-Plus‘, die anspruchsvoll, interessiert an spirituellen Themen und kirchenerfahren, aber ‚entkirchlicht‘ sind“, beschreibt Hahmann die Zielgruppe. Wichtig sei dem offenen Vorbereitungsteam, dass Gefühl und Verstand angesprochen würden, dass ein Wohlbefinden entstehe, Gott spürbar werde, gute Musik den atmosphärischen Kirchenraum ergänze, Gastfreundschaft herrsche und alles gut vorbereitet sei, erklärte die Marketingfachfrau im Gemeindeteam das Konzept. „Echt, handgemacht, hochwertig, klug und zugewandt“ – dieser Anspruch an Inhalt und Gestaltung komme nun schon seit 50 Gottesdiensten gut an. „Es ist ein Gewinn, ein Geschenk an die Stadt“, sagte Hahmann, die das Angebot mit dem Raben als Symboltier als Ergänzung zu den normalen Gottesdiensten versteht.

Weitere Informationen gibt es unter www.bistum-trier.de/katholikenratwww.zeitfenster-aachen.de, www.momentum-nk.de und www.caritas-saarbruecken.de/hilfe-und-beratung/gemeinwesenarbeit/friedrichsthal.

(red)