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Kunsthistoriker präsentierte Perspektiven für ehemalige Kirchengebäude:Kolumbarium, Kletter- oder Konzerthalle?

Was geschieht mit dem Kirchengebäude, wenn es für den Gottesdienst nicht mehr genutzt wird? Kunsthistoriker Dr. Bredenbeck zeigt vielfältige Perspektiven auf.
Referent Dr. Martin Bredenbeck (rechts) im Gespräch mit Georg Falke aus dem Leitungsteam des Katholischen Forums.
Datum:
24. Apr. 2018
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Koblenz – Unter dem Titel „Kolumbarium, Vereinsheim, Kletter- oder Konzerthalle? Die Zukunft unserer Kirchen“ hatte das Katholische Forum Koblenz am 23. April in den Klangraum des Bischöflichen Cusanus-Gymnasiums geladen. Dr. Martin Bredenbeck beleuchtete aus kunsthistorischer Sicht den Umgang mit ehemaligen Kirchengebäuden.

„Kirchenbauten sind neben ihrer Hauptfunktion auch wegen ihrer kulturellen Bedeutung, als kostbare Hülle für Kirchenschätze, als Frei- und Rückzugsräume für Menschen und auch als prägende Faktoren in Ortsbildern von immateriellem Wert“, erklärte Bredenbeck. Doch was, wenn die Kirche im Ort „weniger für lebendiges Leben als für betongewordene Depression“ stehe?

Für den Kunsthistoriker und Geschäftsführer des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz ergeben sich daraus Chancen. Bredenbeck besichtigte 300 ehemalige Kirchen im Rheinland und in Westfalen. Darunter waren es vor allem die vergleichsweise jungen Bauten der 1950er bis 1970er Jahre, die von Schließungen betroffen waren. „Auch wenn diese Kirchen aufgrund ihrer Nüchternheit meist keine allzu große ästhetische Bedeutung zugemessen wird, so ergeben sich spätestens auf den zweiten Blick kunsthistorisch durchaus interessante Strukturen. Doch wie können die seinerzeit als Kunstwerk gedachten Bauwerke anders genutzt werden?“, fragte Bredenbeck.

„Aus einer Kirche kann man alles machen, doch was bleibt dabei von ihr übrig?“, warf Bredenbeck in den Raum und zeigte Bilder von Kirchen, die durch Integration etwa in Wohn- und Pflegeheime städtebaulich aus der Ansicht verschwanden oder durch Entfernung raumhoher Betonglasfenster ihrer besonderen Wirkung beraubt wurden.

Dass aus der Kirchenaufgabe auch etwas Neues im positiven Sinne entstehen kann, veranschaulichte Bredenbeck. Die mehr als 120 Jahre alte Martini-Kirche in Bielefeld wurde in ein Restaurant verwandelt. Hochwertige Gastronomie sei vergleichsweise häufig in den Mauern ehemaliger Kirchen anzutreffen, wobei insbesondere die Großzügigkeit des Raumvolumens inszeniert werde. Ferner beherbergen einige ehemalige Kirchen Büros, die im Titel des Vortrages erwähnte Kletterhalle, sind zur Lagerhalle oder einem Ausstellungsraum geworden.

Wenn der Tischkicker an der Stelle steht, an der sich früher der Altar befand, stoße dies manch einem vielleicht übel auf, „doch so kann ein Kirchenbau bewahrt werden, im Gegensatz zum Rückbau“, betonte der Kunsthistoriker die Vorteile der Umnutzungen. 

Bei guter Akustik des Kirchenschiffs eröffne sich eine weitere Möglichkeit: Die Immanuelskirche in Wuppertal wird von einem durch die Gemeindemitglieder gegründeten Trägerverein als Konzertkirche betrieben. Viele „zu groß gewordene Kirchen“ erlebten ihren zweiten Frühling als City-Kirchen mit abgegrenzten Räumen für Veranstaltungen und Begegnung. Nicht wenige Kirchen werden zu Kolumbarien (Urnenbegräbnisstätte) umgebaut. Einige blieben als Gotteshäuser erhalten, auch wenn die beheimatete Gemeinde ihre Nutzung beendet. Sie werden zu Kirchen orthodoxer Gemeinden, Missionsgemeinden, Freikirchen oder sie dienen fortan als Radweg- oder Autobahnkirchen. Zum Ende seines Vortrages zeigte Bredenbeck Nutzungen, die einen verschwindend geringen Prozentsatz ausmachten: der Umbau zur Synagoge wie etwa in Speyer oder zur Moschee, so geschehen in Hamburg.

Abschließend resümierte der Referent, dass es kein Patentrezept für die Nachnutzung einer Kirche gebe. „Jede Kirche ist ein Einzelfall“.

(red)