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Frauenbund pflegt Tradition an Mariä Himmelfahrt:Kräutersträuße zugunsten der Flutopfer im Ahrtal

Traditionell werden für Maria Himmelfahrt Kräutersträuße gebunden, die am Hochfest geweiht werden. Die Frauen des Katholischen Deutschen Frauenbunds (KDFB) in St. Wendel halten den Brauch lebendig.
Die Frauen des KDFB in St. Wendel haben im Cusanushaus 180 Kräutersträuße gebunden.
Datum:
15. Aug. 2023
Von:
Ute Kirch

St. Wendel – Ein würziger Kräuterduft umgibt die zehn Frauen am Montagnachmittag im Cusanushaus – um sie herum auf den Tischen liegen über 15 verschiedene duftende Kräuter, darunter Johanniskraut, Schafgarbe, Frauenmantel, wilde Möhre, Lavendel, Salbei, Thymian und verschiedene Arten Pfefferminze. Gemeinsam binden die Frauen des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) der Pfarreiengemeinschaft St. Wendel daraus Sträuße, die an Maria Himmelfahrt im Gottesdienst geweiht werden. Mit der Kräuterweihe am 15. August erinnert die katholische Kirche an die Grabesöffnung Mariens. Statt des Leichnams fanden die Apostel dort Rosen und Lilien, vor dem Grab wuchsen die Lieblingskräuter Marias.

Kräuterstrauß als Symbol für das Heilende in der Schöpfung

Rund 180 Kräutersträuße habend die Frauen gebunden.

Kräuterstrauß, Kräuterwisch oder Kräuterbündel – der vor allem im süddeutschen Raum bekannte Brauch hat viele Namen – und noch mehr Varianten haben sich um die „richtige“ Zusammensetzung des Wischs herausgebildet. Die Frauengruppe aus St. Wendel sieht es hier eher locker: „Sieben müssen es sein, es dürfen aber auch mehr sein“, sagt Hildegard Trapp. Am Vormittag waren Christa Ritter und Christine Hoff unterwegs, um die Kräuter im Ort einzusammeln. „Die Leute waren sehr freigiebig und haben gerne gegeben. Dafür sind wir sehr dankbar“, sagt Hoff. Viele von ihnen kennen sich mit Kräutern und ihrer Wirkung aus. „Wir sind hier auf dem Land und sind damit aufgewachsen und haben einen großen Garten“, sagt Marianne Recktenwald. Rosmarin soll zum guten Schlaf verhelfen, Salbei zu Wohlstand und Weisheit. Wermut verspricht Kraft, Mut und Schutz, Minze Gesundheit, Arnika schützt gegen Feuer und Hagel. Die Kamille steht für Glück und Liebe – so sagt es die Volkskunde. So stehen die Kräutersträuße symbolisch für alles Schöne und Heilende in der Schöpfung.

Das gemeinsame Sammeln und Binden der Kräutersträuße ist vielerorts eingeschlafen, nicht jedoch die Tradition der Kräuterweihe, die in vielen saarländischen Pfarreien an Maria Himmelfahrt gelebt wird. Die Gläubigen sind aufgerufen, selbstgebundene Sträuße mit zum Maria-Himmelfahrts-Gottesdienst zu bringen. In St. Wendel pflegen die Frauen des Katholischen Deutschen Frauenbundes, der aktuell 48 Mitglieder zählt, seit 2002 das Brauchtum. Nach einer dreijährigen Corona-Pause sind sie froh, in diesem Jahr wieder die Tradition fortsetzen zu können. Die 80-Jährige Elisabeth Zimmermann aus Alsfassen ist von Anfang an mit dabei. „Im ersten Jahr haben wir uns mit den Wildkräutern bei einer Wanderung beschäftigt und dadurch die Idee zum Kräutersträuße-Binden bekommen“, erzählt sie. Sie stellt ihren geweihten Strauß vor ihrer Muttergottes im Wohnzimmer auf. „Bei vielen ist es üblich, den Strauß über der Haustür aufzuhängen. Früher hing er oft über dem Stall. Segen für die Tiere, Segen für das Haus“, sagt Christine Hoff.

 

Erlös für Flutopfer - Gebetbücher für Schulanfänger

Auf Tischen duften über 15 verschiedene Kräuter.

Der KDFB gestaltet vor Ort das Kirchenjahr aktiv mit. Einmal im Monat gestalten sie eine Frauenmesse und beten das Friedensgebet. „Das ist aktueller denn je“, sagt Christa Ritter. Neue Frauen seien in ihrer Runde stets willkommen, betonen sie. Zum ersten Mal dabei ist Helga Blaickner, die den Aufruf, beim Kräutersträuße-Binden zu helfen, gelesen hat. „Sonst habe ich immer die Sträuße beim Kneipp-Verein gebunden, in diesem Jahr helfe ich hier mit“, sagt sie.

Am Ende des Nachmittags sind rund 180 Kräutersträuße fertig – nach der Weihe werden sie gegen eine freiwillige Spende verkauft. Normalerweise schaffen die Frauen vom Erlös Gebetbücher für Kinder an, die sie beim Einschulungsgottesdienst in St. Wendel den neuen Erstklässlern schenken. Doch nach dem Besuch von Pfarrer Jörg Meyrer aus dem Ahrtal vor Kurzem in St. Wendel entschieden sie kurzerhand um: „In diesem Jahr spenden wir den Erlös den Flutopfern im Ahrtal“, sagt Hildegard Trapp, „er hat uns geschildert, wie groß die Not vieler Menschen im Ahrtal auch zwei Jahre nach der Flutkatastrophe immer noch ist.“ Die neuen ABC-Schützen gehen aber nicht leer aus: Der Frauenbund hat noch ausreichend Exemplare des Gebetbuchs übrig, versichern sie. Die Sträuße, die sie nicht verkauft bekommen, spenden die Frauen dem Altersheim, damit die Zimmer der Bewohner geschmückt werden können.

Fertig für die Kräuterweihe: Kräutersträuße in St. Wendel

Doch wohin mit dem Strauß, wenn er vertrocknet ist? Die Frauen aus St. Wendel bewahren den getrockneten Kräuterstrauß meist so lange auf, bis sie im Folgejahr einen neuen bekommen. „Der alte wandert dann in den Kamin – das duftet wunderbar“, sagt Trapp.