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Katholische Landvolkbewegung macht auf Nöte und Sorgen der Bauern aufmerksam:Landwirte und Verbraucher sitzen im selben Boot

Die Katholische Landvolkbewegung macht auf die Nöte und Sorgen der Bauern aufmerksam.
Hildegard Frey, Rudolf Leners, Markus Hansen und Raimund Fisch (v.l.n.r.) im offenen Besucherraum des Schweinemast- und Zuchtbetriebs. Durch die Glasscheibe kann man die Schweine beobachten. (Foto Inge Hülpes/Bistum Trier)
Datum:
26. Sept. 2020
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier/Welschbillig – Dürre in drei aufeinanderfolgenden Jahren, Fleisch- und Milchpreise im Sinkflug und die kürzlich beschlossene Verschärfung von Düngemittelverordnungen: Die Situation der Landwirte in der Region ist kritisch, erklärt Hildegard Frey, Vorsitzende der Katholischen Landvolkbewegung e.V. im Bistum Trier (KLB), beim Ortstermin am 24. September auf dem Schweinemast- und Zuchtbetrieb von Markus Hansen in Welschbillig. Mit dabei ist auch der Landsoziale Arbeitskreis (LsAK) der KLB, vertreten durch Raimund Fisch und Rudolf Leners.

„Wir als KLB sehen diverse Problemfelder, die den Landwirten im Bistum – und deutschlandweit – das Leben und Arbeiten massiv erschweren“, sagt Frey und meint damit den fortschreitenden Klimawandel, ökonomische Einbußen sowie die mangelnde gesellschaftliche Wertschätzung für die Arbeit im Agrarsektor. Landwirt Hansen nennt ein konkretes Beispiel: Im vergangenen Jahr hat er einen neuen Stall für seine 700 Mastschweine gebaut und die Fläche um 25 Prozent erweitert. Statt der gesetzlich vorgeschriebenen 0,75 Quadratmeter gibt es nun einen Quadratmeter pro Schwein. In die sogenannten „Buchten“ fällt Tageslicht, die Tiere können sich auf zwei verschiedenen Bodenbelägen bewegen und interagieren; gegen die Langeweile gibt es Spielzeug und einen Kratzbaum zum Schubbern. Im offenen Besucherraum können Interessierte die Tiere durch eine Glasscheibe betrachten. Gerste und Weizen als Futtermittel produziert Hansen auf 125 Hektar selbst, lediglich Mineralien führt er zu. Außerdem vertreibt er das Fleisch zu 95 Prozent auf dem regionalen Markt; der Weg bis zur Schlachtung ist gerade mal 25 Kilometer weit. Das stößt wenig CO2 aus und verursacht weit weniger Stress für die Schweine als manch anderer Viehtransport, der aus Preisgründen Hunderte von Kilometern quer durch die EU zum Schlachthof zurücklegt. Doch jeder Schritt in Richtung Tierwohl kostet Geld. Das Problem dabei: Seit Beginn der Corona-Pandemie sind die Preise für Schweinefleisch in den Keller gerutscht: Habe es vor einigen Monaten noch 1,70 Euro pro Kilo gegeben, seien es jetzt nur noch 1,27 Euro, berichtet Hansen. „Wir bräuchten aber deutlich mehr, um zumindest kostenneutral arbeiten zu können.“ Das müsse auch den Verbrauchern deutlich gemacht werden, bekräftigen Frey und Fisch mit Blick auf Dumpingpreise für Lebensmittel im Einzelhandel und in den Discountern. Im gleichen Zug räumen sie allerdings Verständnis für das Konsumverhalten von Geringverdienern ein.

Ein Blick auf die Schweine durch die Glasscheibe im offenen Besucherraum. (Foto: Inge Hülpes / Bistum Trier)

Keine Planungssicherheit – keine Zukunftsperspektive

Hinzu kommt ein weiteres Problem, mit dem viele Landwirte konfrontiert sind, die Vieh halten: Die Trockenheit der vergangenen Jahre hatte schlechte Ernten zur Folge. Bei einigen Bauern werden daher die Futtermittel-Reserven knapp. „Zum Teil muss jetzt schon das verfüttert werden, was eigentlich für den Winter vorgesehen war“, bedauert Leners. Er rechnet damit, dass deshalb im kommenden Winter rund 25 Prozent der Milchkühe geschlachtet werden müssen. Frey ergänzt: „Planungssicherheit gibt es keine mehr“, und damit schwinde auch die Zukunftsperspektive. Die Folge seien ernst zu nehmende Existenzängste.

Doch es ist nicht nur die Sorge ums Geld, die die Landwirte umtreibt. Der Druck aus Politik und Gesellschaft, Tierwohlstandards einzuhalten und möglichst nachhaltig zu produzieren, führe zuweilen sogar zu Depression und sozialer Ausgrenzung, erzählt Frey, die jahrelang in der Landwirtschaftlichen Familienberatung tätig war. „Ich kenne Fälle, da wurden Bauernkinder in der Schule gemobbt und ihre Eltern als Tierquäler beschimpft.“ Der psychische Druck dürfe nicht unterschätzt werden, erklärt sie mit Blick auf die steigende Suizidrate unter Landwirten. „Ein erster Schritt aus der Not kann ein Anruf in der Beratungsstelle sein.“ Doch oft seien Scham und Versagensängste so groß, dass selbst innerhalb der Familie darüber geschwiegen werde.

Der Wille zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen sei vorhanden, denn es sei den Bauern ein ernstes Anliegen, die Region prägende Kulturlandschaft zu bewahren. „Was wir dringend brauchen, ist Begegnung, Austausch und Dialog mit den Verbrauchern und der Politik“, resümiert Frey. Denn der Wandel könne nur gesamtgesellschaftlich geschehen. „Wir sitzen alle im selben Boot – Landwirte wie Verbraucher“, stimmt Fisch zu.

Die Katholische Landvolkbewegung im Bistum Trier, seit 2019 eingetragener Verein, ist ein Zusammenschluss katholischer Christen aus den ländlichen Räumen des Diözese. Ihr Ziel ist die Unterstützung und Begleitung der Menschen auf dem Land in ihrer Persönlichkeitsentfaltung und Lebensorientierung auf der Grundlage christlicher Wertvorstellungen. Der daran angeschlossene Landsoziale Arbeitskreis (LsAK) beschäftigt sich mit den Themenbereichen Landwirtschaft, ländlicher Raum, Lebenswelt Dorf, mit nachhaltiger Wirtschaftsweise und Umwelt. Die Mitglieder des Arbeitskreises nehmen auch auf der Bundesebene der KLB an Sitzungen und an der inhaltlichen Arbeit teil. Weitere Informationen gibt es auf www.klb-trier.de.

Die Landwirtschaftliche Familienberatung Trier bietet kostenlose Beratung für Menschen aus Betrieben der Landwirtschaft, des Weinbaus und dem ländlichen Raum. Träger sind das Bistum Trier und die Evangelische Kirche im Rheinland. Sie bietet unter Tel.: 0800-5465500 einen „Sorgentelefon“-Service an, der montags und mittwochs von 9 bis 12.30 Uhr und von 13.30 bis 15.30 Uhr erreichbar ist. Weitere Informationen gibt es auf www.lfb-trier.de.

(ih)