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Akademietag der Pallottiner diskutiert über Luther und Ökumene heute:Luther verstehen

"Mann mit sieben Köpfen" - Kirchenspalter - "Zeuge Jesu Christi und des Evangeliums": Martin Luthers Bild hat sich gewandelt. Der Akademietag in Vallendar hat darüber und über Ökumene heute diskutiert.
Datum:
25. Jan. 2016
Von:
Bischöfliche Pressestelle
Vallendar – Zum dritten und letzten Akademietag der Pallottiner in Vallendar zum Thema „Martin Luther verstehen – Ökumene heute leben“ sind rund 250 Gäste am 23. Januar in die Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar (PTHV) gekommen. Prof. em. Dr. Alfred Schuchart SAC, Organisator der Akademietage, machte in seiner Einführungsrede auf die veränderte wissenschaftliche Sichtweise auf Martin Luther aufmerksam: „Die katholische Theologie sieht Luther nicht mehr als Ketzer oder kirchlichen Revolutionär, sondern als Gott-Sucher und einen wirkmächtigen Zeugen Jesu Christi und seines Evangeliums.“ Sr. Nicole Grochowina von der Evangelischen Communität Christusbruderschaft Selbitz zeigte in ihrem Referat die Vielschichtigkeit der Person Martin Luther auf. Wer Luther verstehen wolle, müsse die unterschiedlichen Deutungsmuster und Herangehensweisen der Biographen beachten. Oft habe die Gefahr einer „Mythisierung“ bestanden. So hätten Pfarrer noch 1617 Luthers „heilsgeschichtlichen Rang“ gewürdigt, einige verglichen ihn mit dem ersten Engel in der Apokalypse, wieder andere wollten in ihm „einen neuen Mose erkennen, der das Gottesvolk durch das Ungemach der Zeiten führe“. 1917 sei Luther als „deutsch, als Patriot, als Vorbild, ja als Heroe“ beschrieben worden. Die Nationalsozialisten hätten ihn als „theologische Führergestalt“ in Szene gesetzt. Heute gehe es aber darum, den „fremden Luther“ herauszuarbeiten, der deshalb fremd sei, weil er nach seinem Wertekanon und nach Grundprinzipien agierte, die im 21. Jahrhundert nicht mehr bekannt seien. Luther verstehen heiße, die spätmittelalterliche Kultur in den Blick zu nehmen. Besonders im Umgang mit Ketzern und mit dem Freiheitsverständnis der Bauern scheine Luthers Ambivalenz auf, sagte Sr. Grochowina. Grundanliegen heute müsse es sein „auch die Ambivalenzen zu erkennen, die sich in dem Moment zeigten, in denen seine theologischen Sichtweisen zur sozialen Praxis werden sollten.“ Eine gewisse Lutherzentrierung des Reformationsjahres dürfe nicht Überhand nehmen.  Verena Hammes vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn skizzierte, wie Luther aus katholischer Perspektive verstanden wird. Lange habe das Bild von Luther als einem „Zerstörer der Kircheneinheit“ vorgeherrscht, von einem „Mann mit sieben Köpfen, die wirr durcheinander redeten“. Das Bild habe sich im Lauf der Zeit gewandelt, was sich auch in offiziellen katholischen Stellungnahmen widerspiegelte. 1999 wurde die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ zwischen Lutherischem Weltbund und katholischer Kirche unterzeichnet, und heute gelte Luther als „Zeuge des Evangeliums“. Damit sei der Weg für eine ökumenische Verständigung geebnet worden, die im Zugehen auf den 500. Jahrestag des Beginns der Reformation eine neue Aktualität erhielt, so Hammes. Sie skizzierte, welche Bedingungen und Herausforderungen vor diesem wichtigen Jahr liegen. Katholiken und Protestanten werden das Jahr als „Christusfest“ feiern. Dazu gebe es verschiedenen Initiativen, etwa ein großer ökumenischer Versöhnungsgottesdienst, eine gemeinsame Pilgerreise katholischer und evangelischer Bischöfe nach Israel, und regionale Initiativen. Mit Blick auf 2017 gehe es nicht darum, eine andere Geschichte zu erzählen, sondern darum, diese Geschichte anders zu erzählen.“