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Pastoraler Studientag in Neunkirchen: Macht und Machtmissbrauch

Die Pastoralen Studientage standen dieses Jahr unter dem Thema „Macht haben, ohne sie zu missbrauchen“. Der Studientag im Saarland fand in Neunkirchen statt.
Auch Bischof Dr. Stephan Ackermann nahm am Studientag teil und diskutierte in den Workshops mit.
Datum:
31. Okt. 2019
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Neunkirchen - Unter dem Motto „Macht haben, ohne sie zu missbrauchen“ fand am Mittwoch, 30. Oktober, der Pastorale Studientag 2019 in der Gebläsehalle in Neunkirchen statt. Eingeladen waren Priester, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten aus dem ganzen Saarland.

Im Rahmen des sogenannten „BarCamps“ konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmern selbst Workshops anbieten. Eine Gruppe bot beispielsweise einen Gesprächskreis an, um über die Ergebnisse der MHG-Studie zu sprechen und die Frage zu diskutieren, wie es zu den Missbrauchsfällen nein der Katholischen Kirche kommen konnte. Andere Gruppe diskutierten beispielsweise über Spirituellen Missbrauch, aber auch persönliche Missbrauchserfahrungen kamen in einem Workshop zu Sprache.

Unter dem Eindruck des Impulsvortrags von Professor Dr. Andreas Heller brachten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch Themen mit Bezug zur Krankenhausseelsorge ein. Ein Workshop drehte sich beispielsweise um die Frage, wie man mit Menschen in Pflegeeinrichtungen umgehen kann, die sich starker Isolation ausgesetzt sehen. Aber auch das Thema, wie man innerhalb der Krankenhausseelsorge Ruhe finden kann, oder wo man sich über die Erfahrungen in dieser Arbeit austauschen könne.

Professor Heller, der den Lehrstuhl für Palliative Care und Organisationsethik in Klagenfurt inne hat, betonte in seinem Referat, dass Kirche nicht für sich selbst, sondern vor allem für andere da sein müsse. Er hob lobend hervor, dass der diakonische Auftrag so explizit im Synodenabschlussdokument wiederzufinden sei. In der Hospizarbeit bedeute dies vor allem, den Menschen zuzuhören: „Im Zuhören entziehe ich dem Leiden das Private und mache es öffentlich.“ Dadurch werde in der Hospizarbeit vor allem die „Individualisierung des Sterbens aufrecht erhalten“ und eine „Standardisierung“ verhindert. „Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte und seine eigene Vergangenheit.“ Gerade die Kirche müsse sich darauf besinnen. Als Namensursprung der Hospizbewegung und als urchristliche Tradition nannte Heller die Gastfreundschaft (vom lateinischen hospitium) als „Praxis der Seelsorge in einer multikulturellen Gesellschaft“. In christlich-jüdischer Tradition werden die Vorbehalte gegenüber Fremden sehr eindeutig beantwortet, so Professor Heller: „Im Fremden könnte es sein, dass Gott sich zeigt. Der fremde kann immer Epiphanie Gottes sein. Deshalb ist es für Christen selbstverständlich, einen Fremden zu beherbergen.“

Über Verletzlichkeit, der man sich beispielsweise in der Begegnung mit Fremden aussetzt, sprach Professor Dr. Hildegund Keul, die bis 2018 Leiterin der Arbeitsstelle für Frauenseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz war. Sie sagte, dass die Sorge, verwundbar zu sein, die sogenannte Vulneranz, oft zu Gewalt führt. So sei es auch im Zuge des Missbrauchsskandals in der Katholischen Kirche geschehen. Der Wunsch, nicht als schwache, sündige Institution gesehen zu werden, führte zur Vertuschung, die den Opfern wiederum neue Gewalt angetan habe. Macht sei nicht per se schlecht; sie müsse sich aber „in den Dienst der Autorität derer stellen, die besonders vulnerabel“, also verwundbar seien. Das bedeute für die Kirche, so Professor Keul, vulnerable Gruppen im Blick zu haben: die Armen, die Kranken, oder Kinder. Aber die Kirche müsse ihren Blick auch weiten und sich auf die Seite von zum Beispiel Homosexuelle Menschen stellen. Hier stehe die Kirche momentan eher auf der Seite der „Vulneranz, die Vulnerabel macht und nicht die Vulnerablen schützt“, so Keul. 

Von Seiten der Teilnehmenden wurde der Studientag weitestgehend positiv aufgenommen: „Mir hat Studientag gezeigt, dass wir am Thema Macht und Machtmissbrauch dranbleiben müssen. Mir ist auch deutlich geworden, wie vielfältig dieses Thema ist. Wir müssen auch in den neuen Pfarreien an diesem Thema im Einzelnen und im Speziellen weiterdenken, uns informieren, beraten und weiterbilden lassen.“ Gerade für das Thema des sexualisierten Missbrauchs wurde ein eigener Studientag gefordert.

Dominik Holl