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Aktionstag stand unter dem Motto „Hinhören, anpacken, zuhören“:„Man fühlt sich ein Stückchen besser“

Wie verhält sich das mit der Demokratie? Rund 30 Schülerinnen und Schüler des Vinzenz-von Paul-Gymnasiums Niederprüm gingen in Trier beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) dieser Frage nach. Ihr Aktionstag stand unter dem Motto „Hinhören, anpacken, zuhören“.
Mit viel Liebe wird der Barfuß-Sinnespfad hergerichtet. Für die Jugendlichen ist der Demokratietag auch eine Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu kommen, mit denen sie sonst eher nichts zu tun haben.
Datum:
8. Mai 2024
Von:
Rolf Lorig/Paulinus Wochenzeitung im Bistum Trier

Niederprüm/Trier. Die Krahnenstraße ist eine ruhige Straße. Auf dem Gelände des Maria-Goretti-Hauses aber herrscht an diesem Morgen geschäftiger Betrieb. Bewaffnet mit Handwerkszeug packen die Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse kräftig zu. Gartenarbeit ist dabei nur ein Teil, an anderer Stelle finden Malerarbeiten statt, andere Jugendliche setzen einen Barfuß-Sinnespfad instand oder befüllen einen Kinderspielplatz mit neuen Hackschnitzeln.

Von Anfang an waren alle richtig emsig bei der Sache

Remigia Bergmann

Immer dabei: Bewohnerinnen des Hauses, die mit den Jugendlichen Hand in Hand arbeiten. Ein Miteinander, das SkF-Geschäftsführerin Regina Bergmann mit Wohlwollen zur Kenntnis nimmt: „Für junge Menschen ist es eine wertvolle Erfahrung, Menschen kennenzulernen, deren Leben nicht so gut verlaufen ist.“ Die Rede ist hier von obdachlosen Frauen; Frauen, die ein Leben lang Gewalt, „auch sexualisierte Gewalt“, erfahren haben, die schwere psychische oder körperliche Erkrankungen haben: „Mit denen würden die Jugendlichen normalerweise erst gar nicht sprechen. Oder sie hätten unter normalen Umständen keinen Kontakt zu ihnen, weil obdachlose Frauen im öffentlichen Raum kaum wahrnehmbar sind.“ Gespräche solcher Art seien existenziell, betont die Geschäftsführerin: „Dadurch werden Vorurteile abgebaut, und das wiederum ist die Grundlage von Demokratie.“

Eine gute Stimmung von Anfang an

Jakob Suchanski hat diese Erfahrung gemacht. Dem Schüler gefällt das gute Miteinander mit den Bewohnerinnen bei der Arbeit. „Man hat eher selten mit Frauen, die die unterschiedlichsten Probleme haben, Kontakt; in Prüm gibt es vermutlich eine solche Einrichtung nicht. Die Frauen hier sind sehr hilfsbereit, es macht Spaß mit ihnen zu arbeiten.“ Dem stimmt Carlo Abramowski zu: „Es war von Anfang an eine gute Stimmung, da war kein Nachdenken: Was macht die Person jetzt da? Man hat sich einfach gegenseitig geholfen – alle waren bemüht, das beste Ergebnis zu erzielen.“

Den Bewohnerinnen ist das Engagement der jungen Besucher nicht verborgen geblieben: „Die können ja richtig arbeiten“ sei eine von mehreren positiven Äußerungen gewesen, die ihr zu Ohren gekommen seien, lacht Regina Bergmann. Ein Eindruck, den sie selbst teilt: „Von Anfang an waren alle richtig emsig bei der Sache – und gleichzeitig kann man aufgrund der Musik und der Verpflegungsstationen auch eine gewisse Partystimmung ausmachen.“

Weshalb haben sich die Mädchen und Jungen für dieses Projekt gemeldet? „Solche Aktionstage zeigen uns auf, was wir für die Gemeinschaft tun können“, sagt Marc Gerten. Ihm gefällt, dass hier Lösungen aufgezeigt werden, wie wirklich jeder sich für die Gesellschaft einbringen kann. „Man fühlt sich nach der Arbeit einfach ein Stückchen besser.“

Eine Aussage, die dem Vinzentinerpater Andreas Müller gefällt. „Die 16-Jährigen dürfen in diesem Jahr zum ersten Mal an der Europawahl teilnehmen, da ist es wichtig, dass der Begriff Demokratie auch mit Leben erfüllt wird.“ Er war es, der gegenüber der Schule in Niederprüm den SkF in Trier ins Gespräch brachte. „Es passt einfach zum Demokratietag, sich für Menschen zu engagieren, die nicht so viel Glück im Leben hatten.“

Das Wetter spielt mit, nur gelegentlich fallen Regentropfen. Was, wenn es durchgehend geregnet hätte? „Man hätte Möbel zusammengebaut, in der Kindertagesstätte vorgelesen, wäre beim Catering oder in der Hausreinigung tätig geworden – da hätte es Alternativen gegeben“, sagt Regina Bergmann.

Der Demokratietag findet in diesem Jahr zum dritten Mal am Vinzenz-von-Paul-Gymnasium in Niederprüm statt. Die Jugendlichen werden von den beiden Lehrpersonen Eva Altmaier und Axel Gerigk begleitet. „Wir haben sehr motivierte Schüler, die auch gerne anpacken“, zeigt sich die Lehrerin stolz. Und ihr Kollege weist darauf hin, dass die Schüler klare Vorstellungen und Werte zur Demokratie besitzen: „Die bekommen schon mit, was passiert, und machen sich auch ihre Gedanken darüber.“

Sich vorurteilsfrei begegnen

Der Demokratietag ist in zwei Teile untergliedert: Der Vormittag für die Arbeit mit den jeweiligen Begegnungen; am Nachmittag haben sich Bürgermeisterin Elvira Garbes und Vertreter der Stadtratsfraktionen zum Gespräch angesagt. Was erwartet man da als Schüler? Maike Röser hat klare Vorstellungen: „Ich erwarte Aufgeschlossenheit. Wir Jugendliche stehen nicht im besten Licht. Man sagt uns nach, dass wir faul seien. Von daher wäre es schön, wenn man uns vorurteilsfrei begegnen würde.“

Einen Unterschied gebe es auch in der Beschaffung der Information: „Für uns haben die sozialen Medien eine wichtige Funktion.“ Das bestätigt Carlo Abramowski: „Über das Tablet oder das Handy wird man permanent mit Informationen versorgt; Informationen, die kostenlos verfügbar sind.“

Wobei Marc Gerten eine Anmerkung zum Thema „Medien und Demokratie“ einbringt: „Medien gleich welcher Art sind wichtig, damit die Bevölkerung überhaupt erst von den jeweiligen Neuerungen erfährt.“