Zum Inhalt springen

Frauke Weber hat sich ein Jahr lang sozial in der Ukraine engagiert:„Osteuropa ist bunt und herzlich“

Ihr zweites Zuhause hat die 19-jährige Frauke Weber in der Ukraine gefunden - während ihres Freiwilligendienstes. Wleche Abenteuer sie dort erlebt hat, erzählt sie hier.
Frauke Weber aus Trier hat sich in ihrem Jahr in der Ukraine selbst besser kennengelernt, sagt sie.
Datum:
15. Sept. 2019
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier/Ivano-Frankiwsk – Vor einem Jahr hat sie den Sprung ins kalte Wasser gewagt: Frauke Weber aus Trier machte sich nach dem Abitur auf den Weg in die Ukraine, in ein ihr völlig unbekanntes Land, dessen Sprache sie nicht beherrschte. Bei den Maltesern und der Caritas in Ivano-Frankiwsk hat sie sich ein Jahr lang freiwillig engagiert und ist mit vielen kleinen und großen Abenteuern, neuen Freunden und bereichernden Erfahrungen im Gepäck als „eine andere“ zurückgekommen. Begleitet wurde Frauke dabei von SoFiA, den Sozialen Friedensdiensten im Ausland des Bistums Trier, die seit Jahrzehnten junge Freiwillige als Vermittlungsstelle bei ihrem Auslandsabenteuer begleiten. Seit rund drei Wochen ist die junge Frau wieder in Deutschland, zu Hause. Obwohl „Zuhause“ nun nicht mehr das gleiche für sie bedeutet wie zuvor.

Vor allem eines stellt die 19-Jährige gleich klar: „Osteuropa stellen sich viele irgendwie grau und trist vor. Aber es ist bunt und vielfältig, die Menschen sind total herzlich.“ Sie habe sich oft vor lauter Umarmungen nicht retten können und ihr Chef habe sie jeden Tag fürsorglich gefragt, ob sie etwas brauche, ob es in ihrer Wohnung warm sei, ob sie genug Essen eingekauft habe. In Ivano-Frankiwsk, einer Universitätsstadt in der Westukraine, war Frauke bei den Maltesern in diversen Projekten eingesetzt und arbeitete in der Armenküche und einer Tagesbetreuung für behinderte Menschen der Caritas mit. „Die Leute dort nehmen dich einfach als Mensch wahr, so wie du bist, und sind dankbar, dass du vor Ort bist. Sie werten dich nicht danach, was du schon alles geleistet hast oder was du alles für Fähigkeiten hast“, schwärmt Frauke.

Die Freude der Kinder zu sehen, war den Stress und die Arbeit vorher wert

Schon ein Jahr vor ihrem Abitur erfuhr sie auf einer Job- und Ausbildungsmesse von der Möglichkeit, bei den Sozialen Friedensdiensten im Ausland mitzumachen. „Mich haben das Konzept und die gute Begleitung im Vorfeld überzeugt“. Nach zwei Orientierungswochenenden und zahlreichen Vorbereitungsseminaren zu Themen wie der eigenen Persönlichkeitsentwicklung, zu Partnerschaft, Gesundheit oder Sicherheit, stieg sie im Sommer 2018 in einen Bus in Richtung Ukraine. Über 30 Stunden Fahrt lagen vor ihr. „Erst dann habe ich mich gefragt, was ich da eigentlich mache. Für ein Jahr in ein Land aufzubrechen, wo ich erstmal kein Wort verstehen würde, und über das ich bis dato nur im Internet recherchiert hatte.“ Doch in ihrem neuen Zuhause angekommen, traf Frauke neben ihren neuen Kollegen auch auf ihre beiden Vorgänger, die sie mit wichtigen Tipps versorgten, und sie vor möglichen Fettnäpfchen warnten. „Ich hatte genug Zeit, mich erst einmal einzuleben, mir meine Aufgaben selbst mit auszusuchen, da die Malteser projektorientiert arbeiten“, erzählt sie. So stand für Frauke zunächst die Mithilfe im Büro und bei der jährlichen großen gemeinsamen Rettungsübung der Malteser-Hilfskräfte aus der Region an. Im Herbst war sie sehr eingespannt in der großen Nikolausaktion. „In der Ukraine bekommen die Kinder nicht an Weihnachten, sondern am Nikolaus-Tag Geschenke, der am 19. Dezember gefeiert wird. Jedes Jahr sammeln die Malteser Wunschzettel von ärmeren Kindern aus Internaten und Waisenheimen, die dann abgeholt werden können. Die Aktion ist besonders schön, weil jedes Kind von seinem persönlichen „Nikolaus“ sein ganz individuelles Geschenk bekommt“, berichtet Frauke. Teilweise arbeitete sie in dieser Zeit bis zu acht Stunden, kam müde nach Hause und fiel nach dem Kochen einfach ins Bett. 

Gemeinsam mit ihren Kollegen und anderen Helfern, die als Nikolaus und Engel verkleidet waren, juckelte sie dann im tiefsten Winter über die verschneiten ländlichen Pisten und lieferte die Päckchen aus. „Die Freude dieser Kinder zu sehen, war den ganzen Stress und die viele Arbeit im Vorfeld wert. Sowieso legen die Menschen dort, obwohl sie nicht so einen hohen Lebensstandard haben, viel mehr Dankbarkeit und Herzlichkeit an den Tag, als wir es hier oft tun“, sagt Frauke.

Alltägliches wird zum Abenteuer

Natürlich gab es auch kleine Hürden in ihrem neuen Alltag: „Vor allem die Sprachbarriere war anfangs da, und ich kann bis heute nicht gut Ukrainisch. Die banalsten Dinge waren ein Abenteuer, Einkaufen zum Beispiel. Ich konnte die Schrift ja nicht entziffern und habe die Produkte nach den Bildern gekauft und gehofft, dass mir an der Kasse niemand eine Nachfrage stellt“, lacht Frauke. Aber schon in ihren ersten Wochen, als sie nach einem zweiwöchigen Sprachkurs in Lviv mit dem Bus zurück nach Ivano-Frankiwsk reisen sollte, passierte ihr das, was sie an der Ukraine und ihren Menschen so schätzen lernte: Sie sprach einen jungen Mann an, ob er ihr eine Lautsprecherdurchsage übersetzen könne. „Er hat nicht nur übersetzt, sondern für mich nachgefragt, eine Stunde mit mir auf den Bus gewartet und sich beim Fahrer abgesichert, dass ich auch gut ankomme.“

Ihre Arbeit in der Caritas-Einrichtung für behinderte Menschen habe sie besonders erfüllt, sagt Frauke. „Die Menschen dort sprachen auch eher einfaches Ukrainisch – das kam mir entgegen. Oft haben wir uns nur mit Gesten verständigt, ich habe einfach ihre Hände gehalten oder sie umarmt.“ Frauke bastelte, spielte oder sang mit den dort betreuten Frauen und Männern, ging mit ihnen spazieren. Im Oktober half sie, einen großen Ball für körperlich und geistig behinderte Menschen zu organisieren – ebenfalls ein wichtiges Projekt der Malteser. „Die Ukraine ist für mich wirklich zu einem Zuhause geworden. An den Tagen vor meiner Abreise, beim Packen, habe ich oft weinen müssen, weil mir das alles wirklich ans Herz gewachsen ist. Ich war trauriger, als ich zurück nach Deutschland reisen musste, als umgekehrt.“ Nach ihrer Rückkehr wurde ihr bewusst: Für mich hat sich in diesem Jahr vieles verändert. Mir hat das Jahr die Chance geboten, auf dem Weg zu mir selbst meinem wahren Ich ein gutes Stück näher zu kommen. Man kehrt mit einer ganz neuen Perspektive zurück und muss sich auch erst mal wieder einleben.“ Eines ist sicher: Frauke will ihre Freunde und Kollegen bald besuchen. In Ivano-Frankiwsk, ihrem zweiten Zuhause. 

Wer sich für einen Freiwilligendienst interessiert, erfährt mehr bei den Sozialen Lerndiensten im Bistum Trier und auf den Orientierungswochenenden in Wallerfangen vom 13. bis 15. September und in Vallendar vom 20. bis 22. September. Bewerbungen für die Ausreise im August 2020 sind noch möglich: www.sofia-trier.de

(sb)