Zum Inhalt springen

Lea Ackermann spricht beim Theo-Talk über ihr Missionsverständnis:„Prostitution ist keine Lösung gegen Armut“

Beim virtuellen „Theo-Talk“ der Katholischen Erwachsenenbildung Trier am 17. November erklärte Schwester Dr. Lea Ackermann ihr Verständnis von Prostitution und wie es dazu gekommen ist.
Schwester Dr. Lea Ackermann (Foto:privat)
Datum:
18. Nov. 2021
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier/Schweich –  Würde und Prostitution – wie passt das zusammen? Gar nicht, findet Schwester Dr. Lea Ackermann. Die 84-Jährige setzt sich aktiv für die Rechte von Frauen und gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung ein. Beim virtuellen „Theo-Talk“ der Katholischen Erwachsenenbildung Trier am 17. November erklärte die Ordensschwester ihr Verständnis von Prostitution und wie es dazu gekommen ist.

1960 trat Ackermann einer Ordensgemeinschaft bei, die ihre Schwestern zu Arbeitseinsätzen nach Afrika schickt. Zunächst in Ruanda, später in Kenia arbeitete sie als Lehrerin und bildete andere Lehrkräfte aus. In dieser Zeit sei sie zum ersten Mal mit dem Thema Prostitution in Berührung gekommen. „Ich kam nach Mombasa und sah ein Ferienparadies. Und ich sah, was der Tourismus in den ganzen Jahren angerichtet hatte – nicht nur an der Natur, sondern auch an den Menschen. Das war ungeheuerlich.“ Und sie fährt fort: „Ich habe mir gedacht, diese Menschen, die hierherkommen, können sich eine Weltreise leisten und sehen die Not und das Elend der Frauen und tun nichts. Im Gegenteil: Sie haben das einfach ausgenutzt.“ Eine Einheimische habe sich ihr anvertraut und von der sexuellen Ausbeutung erzählt, der sie sich tagtäglich aussetzte, um sich finanziell über Wasser halten zu können. Auf Basis dieser und weiterer Begegnungen mit von Sextourismus und Zwangsprostitution betroffenen Frauen gründete Ackermann 1985 das Frauenprojekt SOLWODI, was übersetzt „Solidarität mit Frauen in Not“ bedeutet. „Wir haben überlegt, was wir machen können, um die Situation der afrikanischen Frauen zu verbessern“, erzählt Ackermann. Beispielsweise habe es in der Region um Mombasa viel Lehm gegeben, sodass die Idee entstand, daraus Kügelchen zu formen, diese zu brennen und Perlenketten anzufertigen, die dann an Touristen verkauft werden konnten. „So ganz simpel hat es angefangen.“

Als Ackermann drei Jahre später nach Deutschland zurückkehrte, seien vermehrt afrikanische Frauen ins Land gekommen, die mit der Aussicht auf bessere Arbeitsplätze angelockt wurden. „Man hat ihnen versprochen, sie könnten hier als Reinigungskräfte arbeiten, aber sie wurden gehandelt und sexuell missbraucht.“ Es habe sie geärgert, dass nicht mehr dagegen unternommen wurde. „Prostitution ist ein Verbrechen und deswegen sollte sie verboten und bestraft werden. Die Organisationen, die Zuhälter – die sollten zur Rechenschaft gezogen werden und nicht die Frauen.“ Würde Prostitution anders geahndet, dann würden Menschen auch anders mit Sexualität umgehen lernen – sie als etwas Kostbares ansehen, ist sich Schwester Ackermann sicher. Und noch etwas verärgert sie: „Dass Prostitution als Arbeit angesehen wird. Prostitution ist keine Arbeit, es ist Ausbeutung.“ Man müsse den Frauen andere Einkünfte verschaffen, ihnen andere Möglichkeiten offerieren, ihr Geld zu verdienen. „Prostitution sollte nicht als Lösung gegen Armut angeboten werden.“

Auf die Frage, was jeder Einzelne tun könne, antwortet sie: „Gut hinschauen und auch Probleme ansprechen. Ich finde, wir gehen zu locker mit Prostitution um, weil wir sagen ‚die wollen das ja‘ und fertig. Wenn Sie sehen, dass jemand sich einsetzt, dann unterstützen Sie ihn. Ich hätte das auch nicht ohne Unterstützung geschafft.“ Und sie schlussfolgert: „In der Prostitution sind Frauen nichts anderes als Ware und das hat mit Würde nichts mehr zu tun.“ Dass man Prostitution erlaube, widerspreche dem Grundsatz, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. „Prostitution ist immer ein Unrecht an Frauen und Mädchen und wenn man gewohnt ist, dass man mit ihnen machen kann, was man will, dann verliert man auch den Respekt vor ihnen.“

Weitere Informationen zur Arbeit von Schwester Dr. Lea Ackermann und SOLWODI gibt es unter www.solwodi.de.

(ia)