Zum Inhalt springen

Stellungnahme zur Pressemeldung von MissBiT e.V. vom 21. Februar 2024 

Aktuell steht die Frage nach zivilrechtlichen Schmerzensgeldprozessen gegen das Bistum im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Das Bistum wird sich diesen Klagen grundsätzlich stellen.
Man sieht ein i in einem runden Kreis
Datum:
21. Feb. 2024
Von:
Judith Rupp

Trier – Die Frage nach Aufarbeitung, individuell wie institutionell, und die Frage nach der Verantwortungsübernahme für die Verbrechen sexualisierter Gewalt im Raum der katholischen Kirche beschäftigt die Verantwortlichen im Bistum Trier seit vielen Jahren. Wo das Bistum im Bereich der Prävention, Intervention und Aufarbeitung steht, zeigt der entsprechende Bericht für das Jahr 2022 (pia_jahresbericht_2022_einzelseiten.pdf (bistum-trier.de)). Der Jahresbericht für 2023 wird für den Sommer erwartet.  

Aktuell steht die Frage nach zivilrechtlichen Schmerzensgeldprozessen gegen das Bistum Trier im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. In einer Pressekonferenz hat heute (21. Februar 2024) der Verein MissBiT e.V. drei solcher Klagen angekündigt. Das Bistum wird sich diesen Klagen grundsätzlich stellen. Jeder Fall wird einzeln zu betrachten und rechtlich zu prüfen sein.   

Zivilrechtliche Klagen 

Neben den angekündigten Klagen gibt es auch Anfragen von Betroffenen oder deren Rechtsbeiständen nach einer außergerichtlichen Einigung. Das Bistum Trier lehnt außergerichtliche Vergleiche neben dem von den Bistümern und Orden gemeinsam eingerichteten Verfahren zur Anerkennung des Leids ab. Mit dem „Verfahren zur Anerkennung des Leids“ durch die Unabhängige Kommission zur Anerkennung des Leids (UKA) ist ein außergerichtlicher Weg beschrieben, der auf eine niedrige Plausibilisierungsnotwendigkeit des erlittenen Leids setzt. Die zugesprochenen finanziellen Leistungen orientieren sich zudem an der offiziellen Schmerzensgeldtabelle – und zwar im oberen Bereich bei vergleichbaren Fällen. In mindestens zwei Fällen (in anderen Bistümern) hat die UKA bereits finanzielle Leistungen in Höhe von 300.000 Euro zugesprochen. Das Verfahren wird regelmäßig überprüft; so wurde im vergangenen Jahr eine Regelung zu einer nochmaligen Überprüfung von bereits ergangenen Entscheidungen eingeführt. Weitere individuelle außergerichtliche Einigungen halten die Verantwortlichen im Bistum für nicht sinnvoll, weil sie keine Vergleichbarkeit gewährleisten und so möglicherweise zu Ungerechtigkeiten führen können. Diese Entscheidung ist mit dem Beraterstab des Bischofs diskutiert und einmütig getroffen.  

Kooperation mit MissBiT e.V.  

Es ist richtig, dass es im vergangenen Dezember ein Gespräch von Bischof Ackermann und Generalvikar von Plettenberg mit Vertreter*innen von MissBiT e.V. gegeben hat. Im Nachgang hat der Verein dem Bistum einen Entwurf für eine Kooperationsvereinbarung für individuelle Aufarbeitungen zukommen lassen. Dies war jedoch nicht Gegenstand oder Ziel des Gesprächs: Bischof Ackermann hatte nicht um den Entwurf einer Kooperationsvereinbarung gebeten, sondern um die Benennung von nachvollziehbaren und überprüfbaren Elementen, die in einem individuellen Aufarbeitungsprozess den Anliegen und Interessen der Betroffenen Rechnung tragen. Von Seiten des Bistums arbeiten Fachleute aus verschiedenen Bereichen derzeit an solchen Elementen und nehmen die entsprechenden Hinweise aus dem Kontakt mit MissBiT e.V. auch gerne auf. Eine exklusive, vertraglich vereinbarte Zusammenarbeit mit MissBiT e.V. streben die Verantwortlichen im Bistum jedoch nicht an. Die Möglichkeit zu Aufarbeitungsprozessen muss allen Betroffenen offenstehen, auch denen, die nicht von MissBiT e.V. vertreten oder begleitet werden.  

Kritik am Verfahren der Akteneinsicht 

MissBiT e.V. äußert in seiner heute veröffentlichten Pressemeldung heftige Kritik am Verfahren der Akteneinsicht. Diese Kritik nehmen die Verantwortlichen im Generalvikariat ernst. Auch die Unabhängige Aufarbeitungskommission hat die Gestaltung der Akteneinsichtnahme bzw. Aktenauskunft als nicht betroffenensensibel bemängelt. Aus diesem Grund und auf Empfehlung der Unabhängigen Aufarbeitungskommission wird derzeit im Generalvikariat an einem Verfahren gearbeitet, das die Regelungen zur Akteneinsicht mit ihren Möglichkeiten benennt und deren Grenzen erklärt.  

Es ist das Anliegen des Bistums, im Rahmen des für alle geltenden Rechts und unter Berücksichtigung der Erwartungen sowie der außergewöhnlichen Belastungssituation der antragstellenden Personen die Akteneinsicht bzw. Aktenauskunft zu ermöglichen und besser zu gestalten.   

Akteneinsichten erfolgen beispielsweise beim Widerspruchsverfahren im Rahmen der Verfahrensordnung zur Anerkennung des Leids durch die UKA: Dabei handelt es sich um ein unabhängiges Verfahren, in dem die Akten zur Verfügung gestellt werden, die von der UKA für den Leistungsentscheid herangezogen wurden und von einem unabhängigen Sachverständigenbüro aufbereitet wurden – so geschehen in dem Fall, der in der Pressemitteilung von MissBiT e.V. geschildert wird.   

Im Übrigen besteht bezogen auf die Person, die Akteneinsicht begehrt, keine eigene Akte. Das Bistum führt Personal- und Sachakten, die die Beschuldigten und/oder Täter*innen und ggf. durchgeführte kirchenrechtliche Verfahren betreffen.   

Bei der Durchführung von Akteneinsichten bezüglich Personal- und Sachakten sind die einschlägigen Vorschriften und die Rechte der Betroffenen, der Beschuldigten/Täter*innen und möglicher dritter Personen zu beachten. Deshalb können nicht immer alle Teile einer Akte zur Einsicht gebracht werden.  

Die Verantwortlichen im Bistum Trier sind sich sehr bewusst, dass der Vorgang der Akteneinsicht für Betroffene in hohem Maße belastend sein kann, z.B. dadurch, dass vorgelegtes Aktenmaterial nicht die Erwartungen erfüllt, die jemand mit der Akteneinsicht verbindet. Auch der durch rechtliche Regelungen vorgegebene nüchterne Umgang der dafür zuständigen Personen im Generalvikariat ist nicht gleichbedeutend mit mangelnder Sensibilität oder gar Zynismus. Aufgrund der Empfehlung der Aufarbeitungskommission, eine Ombudsstelle für Betroffene einzurichten, wird aktuell geprüft, wie künftig eine Begleitung von betroffenen Personen aussehen kann, die besser auf deren je unterschiedlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Die Verantwortlichen im Bistum sehen sich in der Pflicht, alles zu tun, um diese zu berücksichtigen und eine Retraumatisierung zu vermeiden.