Die von Gottfried Böhm entworfene Pfarrkirche St. Ludwig erstrahlt in neuem Licht:„Sternenhimmel“ in Saarlouiser Kirche beeindruckt Gläubige
Saarlouis – Zwei Monate lang war die Kirche St. Ludwig am großen Markt in Saarlouis wegen Sanierungen komplett gesperrt – seit Sonntag erstrahlt das vom Kölner Architekten Gottfried Böhm entworfene Kirchenschiff im Inneren wieder in neuem Glanz. Am denkmalgeschützten Betonbau von 1970, der Ähnlichkeiten mit Böhms Entwurf für die Wallfahrtskirche in Neviges aufweist, musste gut 50 Jahre nach dem Bau die komplette Elektrik erneuert werden. Die Gelegenheit nutzte die Gemeinde für ein neues Lichtkonzept, das in Teilen an ursprüngliche Ideen Böhms, einem der gefragtesten Architekten der Nachkriegszeit, anknüpft.
Statt der Lichtstelen, die in den 1980er-Jahren in die Faltwerkskonstruktion eingebaut wurden und deren Leuchtmittel zum Teil nicht mehr hergestellt werden, verfügt die Kirche nun über acht maßangefertigte kleeblattförmige Leuchten, wie sie Böhm vorgesehen hatte. „Gottfried Böhm hat die Leuchten den Straßenlaternen der 60er-Jahre nachempfunden, die damals auf dem großen Markt standen. Seine Vision war die Kirche als Erweiterung des Marktplatzes“, erklärt Pastor Dr. Frank Kleinjohann. Doch diese Beleuchtung allein reichte der Gemeinde nicht. „In manchen Ecken war es so duster, dass man an dunklen Tagen nichts im Gotteslob lesen konnte“, so Kleinjohann. Dies habe jedoch nicht etwa mit einer Fehlkonstruktion Böhms zu tun, betont Architekt Christof Leinen vom Architekturbüro Leinen und Schmitt, das die Sanierung betreut: „Böhm hat das Licht in St. Ludwig minutiös geplant. Doch wurden Jahre später neben der Kirche hohe Gebäude errichtet, die nun das Tageslicht schlucken.“ Daher entschieden sich die Planer nun für ein modernes Lichtkonzept. Über 5000 Schalllöcher hat Böhm wegen der Akustik in die Kirchendecke bauen lassen – in 220 von ihnen sind nun dimmbare LED-Leuchten eingesetzt. „Damit bekommt St. Ludwig nun einen Sternenhimmel und erstmals eine ordentliche Grundausleuchtung“, freut sich Pastor Kleinjohann.
30 verschiedene Licht-Szenarien
Über 30 Licht-Szenarien für verschiedene Anlässe – wie Sonntagsmesse, Werktagsgottesdienst, Osternacht, Andacht oder Orgelkonzert – haben die Lichtplaner Mario Haunhorst und Stephan Gotzes vom Silberstreif Planungsbüro in Krefeld entworfen und programmiert. So kann die Kirche nun wahlweise in warmem oder kaltem Licht erstrahlen, mal festlich, mal eher meditativ - gesteuert per Tablet. „Das war ein ganz spannendes Projekt“, sagt Haunhorst, der zur Premiere am Sonntag angereist war. „Der Raum ist sehr komplex, es gibt keine Symmetrien.“ Auch farbige Akzente können die LED-Leuchten setzen. „Das führt dazu, dass die roten Bodenfliesen, die vorher nie aufgefallen sind, richtig leuchten und selbst die wuchtigen Betonwände warm erscheinen“, sagt Haunhorst. Diesen Effekt begrüßt Pfarrer Kleinjohann sehr: „Der Kirchenbau wurde seinerzeit kontrovers diskutiert und spaltet die Bevölkerung der Stadt bis heute. Eine dunkle Betonkirche kann erdrückend wirken, daher wünsche ich mir, dass die Ausstrahlung der Kirche durch die schöne Beleuchtung einen aufbaut.“ Zur Premiere am Sonntag gab es im Anschluss an die Abendmesse eine Improvisation „Licht und Musik“, die Haunhorst zusammen mit Kantor Christian Payarolla an der Orgel gestaltet hat. Zu den Klängen der Orgel setzten die LED-Leuchten den Kirchenraum unterschiedlich in Szene.
Sanierung der Fassade noch bis Mitte 2022
Das Lichtkonzept Teil einer umfassenden Sanierung. Neben dem Innenraum wird auch die Natursteinfassade des Kirchenportals und des neugotischen Turms instand gesetzt. Beide stammen von einem früheren Kirchenbau. Die Maßnahme war dringend nötig geworden, nachdem im Februar 2019 ein Steinbrocken vom Kirchturm in die Fußgängerzone gefallen war. Insgesamt wird die Sanierung, die noch bis Mitte 2022 andauern wird, fast zwei Millionen Euro kosten, wovon rund 300.000 Euro auf die Sanierung des Innenraums und das neue Lichtkonzept entfallen. Neben Zuschüssen des Bistums Trier für die Fassaden-Sanierung kommt der größte Teil der Summe aus einem Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes für Gebäude von nationaler Bedeutung.
Info: Die Kirche ist von Montag bis Samstag im Sommer von 9.30 Uhr bis 18 Uhr, im Winter bis 17 Uhr geöffnet. Sonntags von 10 bis 19 Uhr.
(uk)