Sorgfaltspflicht in den Lieferketten erfüllen und weltweite Solidarität zeigen:Über 100 Bischöfe fordern: Ausbeutung durch Unternehmen stoppen
Trier/Koblenz/Saarbrücken – Über 100 Bischöfe und Kardinäle aus aller Welt fordern in einer heute veröffentlichten gemeinsamen Erklärung weltweit Staaten dazu auf, die Ausbeutung von Arbeitern durch Unternehmen zu verhindern und Lieferkettengesetze einzuführen, die die Menschenrechte und den Umweltschutz wahren. Die Erklärung der Dachorganisation mehrerer katholischer Hilfswerke CIDSE (Coopération Internationale pour le Développement et la Solidarité) spricht sich dabei für Wirtschaftssysteme aus, die den Grundsätzen von Würde und Gerechtigkeit folgen und einen respektvollen Umgang mit Menschen und Umwelt gewährleisten. Auch der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann hat die Erklärung unterzeichnet, die konkrete gesetzgebende Maßnahmen auf Ebene der EU und UN anmahnt.
Damit gibt Ackermann auch den verschiedenen diözesanen und regionalen kirchlichen Verbänden und Einrichtungen Rückenwind, die gemeinsam mit Umwelt- und Sozialverbänden eine klare politische Ausrichtung an Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit bei der Bewältigung der Corona-Krise fordern. Im sogenannten „Mainzer Appell“ hatten sich Ende Mai der Katholikenrat, die Diözesanstelle Weltkirche und katholische Verbände bereits für ein Lieferkettengesetz ausgesprochen und die Ausrichtung auf eine ökologische und soziale Transformation in den aktuellen Konjunkturprogrammen gefordert.
Corona verschärft die Missstände
In der CIDSE-Erklärung heißt es, die Ausbeutung durch große Unternehmen habe sich durch die Corona-Krise weiter verschärft und Missstände noch stärker offengelegt, was insbesondere mit Blick auf die verwundbarsten Bevölkerungsgruppen deutlich werde, die keinen sozialen Schutz genießen. Einmal mehr seien Frauen von der Krise überproportional betroffen gewesen, und gleichzeitig habe die Pandemie die gegenseitige Abhängigkeit der globalen Lieferketten offengelegt. So berichten etwa die Partner des Hilfswerks Misereor seit Jahren von schweren Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in Landwirtschaft, Bergbau und bei der Fertigung von Textilien oder Spielzeug. Kupfer- und Eisenerzminen verseuchen Flüsse und Trinkwasser und zerstören Existenzgrundlagen der lokalen Bevölkerung. Gerade im Textilsektor wälzen einige westliche Unternehmen auch in der Corona-Krise ihre Verluste auf Zulieferer und deren Beschäftigte in Bangladesch, Myanmar oder Kambodscha ab.
Die Bischöfe rufen zu weltweiter Solidarität auf und erklären, dass internationale Unternehmen ohne klare Rechtsgrundlage nicht zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie Steuern hinterziehen, Menschenrechte missachten, das Arbeitsrecht verletzen und ganze Ökosysteme zerstören. Die Bischöfe argumentieren, dass Versuche zur Regulierung auf freiwilliger Ebene fehlgeschlagen seien. Begrüßt wird die Ankündigung der EU, im Rahmen des Wiederaufbauplans nach der COVID-19-Krise sowie des Beitrags zum europäischen „Green Deal“ obligatorische Rechtsvorschriften zur menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflicht für Unternehmen entwickeln zu wollen.
Die unterzeichnenden Bischöfe aus betroffenen Ländern wie Indien, Myanmar, Uganda und Kolumbien sowie aus Europa fordern die Staatsoberhäupter auf, solche Rechtsvorschriften auch auf Ebene der Vereinten Nationen voran zu bringen, indem sie sich in die Gestaltung eines bindenden UN-Vertrags über Menschenrechte einbringen. Mehr Informationen gibt es unter: www.cidse.org. Darüber hinaus kann jeder einzelne Bundesbürger über die Online-Petition von Misereor an die Bundesregierung unter www.misereor.de/informieren/unternehmens-verantwortung/initiative-lieferkettengesetz seine Stimme für mehr Solidarität und für ein nachprüfbares Lieferkettengesetz abgeben.
(red/sb)