Vereinbarung zwischen Stadt Trier und Pfarrei Liebfrauen:Verzicht auf Zahlung aus 435 Jahre altem Fladeschen Nachlass
Trier – Die Pfarrei Liebfrauen wird künftig auf die Zahlung der Zinsen aus dem Nachlass von Dr. Dietrich Flade verzichten. Einen entsprechenden Vertrag haben der Pfarrer der Pfarrei Liebfrauen, Dr. Markus Nicolay, Thomas Schiffler, Vorsitzender des Verwaltungsrates der Pfarrei, und der Trierer Kulturdezernent Markus Nöhl am 12. März unterzeichnet. Bisher hatte die Stadt Trier aufgrund der jahrhundertealten Verpflichtung jedes Jahr an die Pfarrei gezahlt, zuletzt 362,50 Euro im Jahr.
Nicolay sagt: „Wir haben uns geeinigt, auf die Zahlungsverpflichtung in dieser Form zu verzichten. Das beinhaltet neben der jährlichen Zinszahlung auch die historische Hauptforderung über 4.000 Goldgulden.“ Dezernent Nöhl begrüßt die Vereinbarung zwischen Pfarrei und Stadt: „Ich freue mich, dass wir gemeinsam einen guten Weg gefunden haben, die Zahlungsverpflichtung aus dem Jahrhunderte alten Fladeschen Nachlass zu beenden. Im Gedenken an die Opfer der Hexenverfolgung werden wir als Stadt den gleichen Betrag jährlich für soziale oder karitative Zwecke einer gemeinnützigen Institution spenden. Das Geld soll jeweils an eine Organisation gehen, die in der Stadt Trier tätig ist und sich für Opfer von Verfolgung, Diskriminierung und Gewalt einsetzt.“ Wer das Geld bekomme, werde jährlich im Einvernehmen zwischen Stadt Trier und Kirchengemeinde Liebfrauen Trier bestimmt. Für beide Seiten ist diese Regelung ein guter Weg, um an Opfer historischen Unrechts zu erinnern und zeitgemäß mit dem Erbe des Dr. Dietrich Flade umzugehen.
Dr. Dietrich Flade wurde am 18. September 1589, auf der Eurener Flur erdrosselt und dann verbrannt, nachdem ihn zuvor das weltliche, kurfürstliche Hochgericht wegen Hexerei und Zauberei zum Tode durch das Feuer verurteilt hatte. „Flade besetzt eine ambivalente Rolle in der Geschichte unserer Stadt. Einerseits selbst Hexenrichter, anderseits wurde er zum Opfer der Hexenverfolgungen in Trier und der Region“, unterstreicht Nöhl die Notwendigkeit, sich mit diesem Ereignis auseinanderzusetzen, „wir gedenken mit der jährlichen Spende auch der Opfer der Hexenverfolgung vom 15. bis zum 17. Jahrhundert hier bei uns in Trier.“
Dabei war Dietrich Flade nicht irgendwer. Flade war so genannter Stadtschultheiß und auch Kurfürstlicher Rat, Universitätsprofessor und zeitweise Rektor der noch jungen Trierer Universität und selbst hoher Richter, der zuvor selbst in etlichen Hexenprozess das Todesurteil über unschuldige Menschen gesprochen hatte. Flade war aber auch sehr reich und gewährte einen sehr hohen Kredit (4.000 Goldgulden, nach heutiger Kaufkraft eine Millionensumme) an die Stadt Trier, mit der diese einen letztlich erfolglosen Prozess vor dem Reichsgericht um ihre Unabhängigkeit vom Landesherrn finanzierte. Schließlich wurde Flade selbst beschuldigt, an Hexerei- und Zaubereiveranstaltungen teilgenommen zu haben. Nach seiner Verurteilung und Hinrichtung fiel der Schuldschein über diesen Kredit an den von Flade als Erben bestimmten Erzbischof und Kurfürsten von Trier. Der übertrug mit Verfügung vom März 1590 den Kredit und die Zinsforderung an die damaligen Innenstadtpfarreien. Deren Rechtsnachfolger ist die heutige Pfarrei Liebfrauen. In der getroffenen Vereinbarung wird auch die Ablösung dieser Hauptforderung festgehalten.