Zum Inhalt springen

Beratungsdienste in Anspruch nehmen – und selbst aktiv werden:Was tun gegen die Angst?

Die Krisen häufen sich – und immer öfter wenden sich Menschen mit ihren Problemen an die Beratungsdienste.
Datum:
4. Nov. 2022
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier/Saarbrücken/Koblenz – Pandemie, Krieg und Inflation, Klima-Notstand. Die Krisen häufen sich – und immer öfter wenden sich Menschen mit ihren Problemen an die Beratungsdienste im Bistum Trier. Allein in den 20 Lebensberatungsstellen der Diözese arbeiten rund 140 Hauptamtliche (die meisten in Teilzeit). In den Stellen der Telefonseelsorge, die rund um die Uhr erreichbar sind, ist meist eine Fachkraft angestellt, die die Arbeit der Ehrenamtlichen koordiniert – im Bistum Trier sind das knapp 350 Menschen, die in ihrer Freizeit für andere da sind, ihnen Gehör schenken. Auch an ihnen gehen die derzeitigen Belastungen nicht spurlos vorbei, berichtet Dr. Andreas Zimmer, Leiter der Abteilung Beratung und Prävention im Bischöflichen Generalvikariat Trier. Doch es gibt Möglichkeiten, mit Belastungen und daraus resultierenden Ängsten umzugehen.

„Wir merken während der Gespräche am Telefon, dass Ängste und Depressionen insbesondere bei jüngeren Menschen zugenommen haben”, so Heidrun Mohren-Dörrenbächer, katholische Leiterin der TelefonSeelsorge Saar. „Und wir sind ja mit den gleichen Ängsten konfrontiert wie die Menschen, die den Kontakt zu uns suchen”, erklärt sie und nennt beispielsweise die Furcht davor, sich mit Corona zu infizieren. Eine real existierende Gefahr, die insbesondere für ältere Mitarbeitende nicht auf die leichte Schulter zu nehmen ist. Daher stellte es einen wahren Kraftakt dar, den Service auch während der Pandemie-Hochphase anzubieten. „Glücklicherweise konnten wir das Angebot aber während der gesamten Zeit aufrechterhalten – nicht zuletzt aufgrund des hohen Engagements unserer Ehrenamtlichen.”

Motivation, Qualifikation und Gesundheit fördern

Dr. Andreas Zimmer, Leiter der Abteilung Beratung und Prävention

Höhere Belastung und immer weniger Personal: „In Zeiten des Fachkräftemangels wird es zunehmend schwierig, qualifizierte Mitarbeitende zu finden”, erklärt Zimmer die aktuelle Problematik. „Auch die Anforderungen an das Bistum als Träger steigen, denn es wird immer wichtiger, das Personal im Hinblick auf Motivation, Qualifikation und Gesundheit zu unterstützen.” Denn: „Die zunehmenden Belastungen wirken sich auch auf die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen aus”, berichtet Christof Ewertz, Leiter der von der Flutkatastrophe betroffenen Lebensberatungsstelle in Ahrweiler. „Da ist es wichtig, auf sich selbst zu achten und auch die Supervisionsangebote zu nutzen.” Jede neue gesamtgesellschaftliche Krise, sei es der Krieg in Europa oder die Angst vor Energieknappheit, bilde sich in der täglichen Arbeit ab. „Ein Beispiel: Wenn jemand wegen einer Erziehungsberatung zu uns kommt, muss das nicht mit einer Weltkrise zusammenhängen. Aber: Durch die Ängste, die da mitspielen, kann sich das negativ auf die akute Lebenssituation auswirken. Dann können auch noch regionale Besonderheiten hinzukommen, wie in unserem Fall die Flutkatastrophe – oder in Trier die Amokfahrt 2020”, so Ewertz.

Gegen das Gefühl der Hilflosigkeit angehen

Christof Ewertz, Leiter der von der Flutkatastrophe betroffenen Lebensberatungsstelle in Ahrweiler (Foto: privat)

„Es ist dann naheliegend, sich zu wünschen, dass die Angst einfach weg geht”, weiß Mohren-Dörrenbächer. Es sei jedoch keine gute Strategie, Ängste zu unterdrücken, um zu funktionieren. „Die Angst muss besprechbar sein, und es braucht den Austausch mit anderen. Menschen können dazu neigen, sich irgendwie abzulenken und die Angst zu verdrängen. Damit gibt man ihr allerdings einen unkontrollierten Raum, was die Situation nur noch problematischer macht.” Ein Effekt, vor dem auch Fachkräfte nicht gefeit sind. Auch deshalb, weil sie oft besonders intensiv mit Krisen konfrontiert würden, ergänzt Ewertz: „Schlechte Nachrichten nimmt man den ganzen Tag über die Medien auf – und dann noch einmal während der Gespräche mit den Klientinnen und Klienten. Da ist es wichtig, Abstand zu schaffen. Wobei natürlich jeder anders damit umgeht.”

Heidrun Mohren-Dörrenbächer, Leiterin der TelefonSeelsorge Saarbrücken (Foto: privat)

Abstand schaffen, sich mit anderen austauschen, merken, dass man nicht allein mit all den Problemen ist. All das können erste Schritte sein, einen Weg aus überfordernden Situationen zu finden. „Im nächsten Schritt lohnt es sich zu schauen: Was gibt es, das mich stärkt? Was macht mir Freude? Und das dann auch zu tun.” Für all jene, die im gleichen Zug noch etwas für andere tun möchten, hat Mohren-Dörrenbächer einen Rat: „Eine weitere Strategie, mit Ängsten umzugehen, ist, aktiv zu werden. Wenn junge Leute sich zum Beispiel im ökologischen Landbau einbringen oder in der Friedensbewegung, ist das auch etwas, das aus der Angst, die aus einem Gefühl der Hilflosigkeit rührt, herausführen kann.” Aktiv werden, sich für andere einbringen, neue Beziehungen im Team knüpfen und im Idealfall widerstandsfähiger werden gegen die Krisen, die es zu bestehen gilt: Das geht an zahlreichen Stellen im Bistum Trier, natürlich auch bei der Telefonseelsorge. Mohren-Dörrenbächer: „Wir wären sehr glücklich, wenn wir noch mehr Interessierte ausbilden könnten, die sich ehrenamtlich engagieren möchten.”

Weitere Informationen gibt es auf dieser Seite. Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr kostenfrei zu erreichen unter Tel.: 0800-1110111 und 0800-1110222.

(ih)