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Tagung thematisiert Religionsunterricht bei zunehmender Konfessionslosigkeit :Was, wenn keiner mehr nach Gott fragt?

Stellen Schüler überhaupt noch die Frage nach Gott, auf die der Religionsunterricht Antworten geben möchte? Dazu tagten die Fortbildungsbeauftragten des Bistums
Die Fortbildungsbeauftragten der Bistumsschulen haben sich zu ihrer Jahrestagung getroffen. Sie engagieren sich ehrenamtlich und diskutierten dieses Mal zu der Gottesfrage im Religionsunterricht bei zunehmender Konfessionslosigkeit.
Datum:
2. März 2020
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier – „Gott ist die Antwort. Was war die Frage?“ Unter diesem Motto haben die ehrenamtlichen Fortbildungsbeauftragten des Bistums Trier für den Religionsunterricht an Grund-, Gesamt- und Förderschulen getagt. Im Fokus stand die Frage, wie im Religionsunterricht mit der Gottesfrage umgegangen werden kann, wenn immer mehr Schülerinnen und Schüler keiner Konfession angehören. Dazu referierte Professor Ulrich Kropač von der Katholischen Universität Eichstätt.

Gehörten früher fast alle Deutschen durch die Kindstaufe automatisch einer der beiden großen Konfessionen an, stelle sich heute ein anderes Bild dar, führte Kropač die Lehrerinnen und Lehrer ins Thema ein. 1956 waren fast 100 Prozent der Bevölkerung katholisch oder evangelisch; 2018 hingegen nur noch knapp über die Hälfte. Rechnet man Katholiken mit 28 Prozent und Protestanten mit 25 Prozent auseinander, stellen die Konfessionslosen heute mit 38 Prozent sogar die größte Gruppe. Diese sei jedoch keineswegs homogen. Es gebe unter den Konfessionslosen jene, die Religionen gegenüber aufgeschlossen sind; genau wie solche, die komplett distanziert oder bisweilen anti-kirchlich eingestellt seien. Die restlichen Prozent entfallen auf konfessionsgebundene Muslime, Angehörige von Freikirchen, Orthodoxe Kirchen sowie auf Hindus oder Buddhisten. Die Zahlen fasste Kropač in einem Bild zusammen: „Man kann sagen, es ist bunter geworden auf der ‚Eisscholle‘, aber die Scholle schmilzt unaufhörlich weiter.“ Das zeige auch eine Studie mit 19- bis 27-Jährigen, die gefragt wurden, welche Rolle der Glauben in ihrem Leben spiele. 61 Prozent bezeichneten sich demnach als nicht religiös. Viel mehr als die Zugehörigkeit zu einer Kirche stehe heute das „Ich“ und die individuelle Entscheidung darüber, was „ich selbst glaube“ im Mittelpunkt.

Das meldeten auch die Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer nach einem kurzen Austausch zurück: Sie mache die Erfahrung, dass die meisten Kinder in den „klassischen Gottesdiensten oder Formaten“ nicht mehr beheimatet seien; die Bedeutung von Religion sei marginal, berichtete etwa eine Gesamtschul-Lehrerin. Oft spielten der Fußballverein oder andere Institutionen eine viel größere Rolle. Ein an einer katholischen Förderschule tätiger Sozialpädagoge erklärte, er sehe schon ein Interesse an religiösen Fragen bei seinen Schülern. „Aber ich kann nichts mehr voraussetzen. Kenntnisse oder Erfahrungen, die vor kurzem noch da waren, fehlen ein oder zwei Jahrgänge später. Das macht es schwierig, darauf den Unterricht aufzubauen. Man muss ihn immer wieder komplett umstellen.“
 

Professor Ulrich Kropac lehrt an der Katholischen Universität Eichstätt Didaktik der Religionslehre

Genau für diese Flexibilität und Offenheit im Unterricht warb Kropač in seinem Vortrag. „Die Frage nach Gott setzt ja voraus, dass es eine gewisse Hörbereitschaft gibt. Die Menschen stellen aber oft gar nicht mehr die Frage, auf die wir mit unserem Glauben eine Antwort geben möchten.“ Er plädierte dafür, den Unterricht ganz konsequent für konfessionslose Schüler zu öffnen, auch wenn das voraussetze, Form und Inhalt entsprechend zu verändern. „Es kann sein, dass man dabei etwas an Profil oder an gewissen Inhalten verliert, aber man kann auch viel gewinnen.“  

Kropač formulierte dazu einige Vorschläge. Die „großen Fragen“ sollten als Kernaufgabe religiöser Bildung gedacht werden: „Woher kommen wir, warum sind wir auf der Welt, was ist gut oder böse?“ Damit zusammenhängend könne auch ein größerer Schwerpunkt auf der philosophischen Kompetenz der Schüler liegen, die ein wichtiger Teil religiöser Kompetenz sei. „Wir dürfen nicht mehr voraussetzen, dass Kinder und Jugendliche die Gottesfrage stellen, nicht schon alles als ausgemacht annehmen.“ Religion und vor allem das Christentum fände sich inzwischen als Schatz an Symbolen, Zeichen und Vokabular an anderen profanen Stellen in Kultur und Gesellschaft. „Das Phänomen des Religiösen ist nicht aus der Gesellschaft verschwunden, es ist bloß nicht mehr unbedingt da, wo wir es erwarten, nämlich innerhalb der Kirchenmauern. Es hat sich in der Postmoderne losgelöst und sucht sich seine Plätze in der Kultur.“ Es sei bemerkenswert, dass Filme und Serien mit mythologischen Motiven Hochkonjunktur hätten, etwa die Reihe „Herr der Ringe“. „Fragen nach dem Gegensatz von Gut und Böse, nach dem Zusammenleben verschiedener Völker oder Gruppen, sind nach wie vor virulent, aber sie haben sich ihren eigenen Platz gesucht. Für den Religionsunterricht bedeutet es, dass er genau diese Plätze aufzusuchen hat, wo diese großen Fragen verhandelt werden.“

(sb)

Warum konfessioneller Religonsunterricht? Und was empfiehlt er, um auf die zunehmende Konfessionslosigkeit unter den Schülern einzugehen?