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Trierer Generalvikar zu Gast in der Neuwieder Offenen Gemeinde Heilig Kreuz:Weniger Institution, mehr Bewegung

Seit zwei Jahren gibt es in Neuwied das Konzept einer „Offenen Gemeinde“. Das Koordinationsteam hat diese Idee am 8. Juli Generalvikar Dr. Ulrich Graf von Plettenberg vorgestellt.
Die Ehrenamtliche Tina Monzen, Dechantenkooperator Oliver Seis (Zweiter v. rechts) und Josef Freise vom Koordinationsteam (rechts) zeigen dem Generalvikar (Zweiter v. links) die Gärten rund um Heilig Kreuz. Foto: Julia Fröder
Datum:
9. Juli 2021
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Neuwied – Rund um die Kirche Heilig Kreuz in Neuwied sind alle Menschen willkommen. Die Haupt- und Ehrenamtlichen dort verfolgen seit rund zwei Jahren das Konzept einer „Offenen Gemeinde“. Das Koordinationsteam hat diese Idee am 8. Juli dem Trierer Generalvikar Dr. Ulrich Graf von Plettenberg vorgestellt und ihm anschließend in Rahmen eines öffentlichen Gesprächsabends drängende Fragen gestellt.

„Hier gab es schon immer ein reges soziales Leben, das haben wir weiterentwickelt“, sagt Dechantenkooperator Oliver Seis zu Beginn des Rundgangs über das Gelände. Josef Freise vom Sprecherteam der Offenen Gemeinde formuliert gleich anfangs seinen Wunsch gegenüber dem Generalvikar: „Wir hoffen auf Unterstützung.“

Zu einem Treffpunkt unterschiedlicher Generationen, Kulturen und Nationalitäten ist der große Garten rund um den Gebäudekomplex von Heilig Kreuz geworden. Möglich wurde dies unter anderem durch die letzte 72-Stunden-Aktion 2019. Es wurden Hochbeete und auch ein Grillplatz angelegt. Das Gelände gehört der Kirchengemeinde, doch bewirtschaftet wird die Fläche von Menschen aus der Nachbarschaft. Auch die geflüchtete Familie Kanaan hat einen Nutzgarten angelegt und hat eine enge Verbindung zur Gemeinde. „Für viele aus dem Viertel ist das ein Treffpunkt geworden“, berichtet Seis. Tina Monzen betreut die Gärten und steht Interessierten mit Rat und Tat zur Seite. „Die Menschen helfen sich auch gegenseitig. Es ist eine Begegnungsstätte“, freut sich die Ehrenamtliche.

Das Tauschregal der Offenen Gemeinde bietet ein vielfältiges Angebot. Foto: Julia Fröder

Ein weiterer „Meeting-Point“ ist das Tauschregal im Hof kurz vor der Ausgabestelle der Neuwieder Tafel. In das Regal kann gelegt oder unentgeltlich entgenommen werden, was noch gut erhalten ist. „Gerade als alle Geschäfte geschlossen hatten, war das sehr wichtig, und man konnte hier ins Gespräch mit anderen kommen“, erklärt Tina Monzen.

Gleich dahinter steht ein großes Zelt, das die Tafel nutzt. „60 Haushalte werden hier versorgt“, weiß Elisabeth Adrian von der Caritas. Durch ein kontaktarmes Konzept und die Ausgabe draußen war es möglich, dass die Tafel auch während der Hochphase der Pandemie geöffnet bleiben konnte.

Von der Offenen Gemeinde wird ein Fahrdienst zum Impfzentrum organisiert, verschiedene Gruppen haben in Heilig Kreuz ein Zuhause gefunden, regelmäßig werden in der Kirche Gottesdienste gefeiert – mit Blick auf die unterschiedlichen diakonischen Angebote fasst die Gemeindereferentin Petra Frey zusammen. „Es ist sehr lebendig und offen.“ Doch Seis gibt offen zu: „Viele Dinge werden ausprobiert, aber nicht immer klappt alles.“ Zudem sei es nicht immer einfach, die unterschiedlichen Interessen der Gruppen zu vereinbaren. Generalvikar von Plettenberg kann das gut nachempfinden und sagt, dass es ein Lernprozess sei. „Der andere ist keine Konkurrenz, sondern man ergänzt sich.“

Gesprächsabend „Was nun, Herr Generalvikar?“

Nach dem Rundgang gibt es einen Gesprächsabend, der sich drei Themenschwerpunkten widmet: Die Strukturreform im Bistum Trier und in der Pfarreiengemeinschaft St. Matthias Neuwied; Offene Gemeinde Heilig Kreuz und allgemeine Fragen zur Kirchenentwicklung.

Auf die Frage, wie er sich das Gemeindeleben nach den angestrebten Fusionen vorstelle, antwortet von Plettenberg: „Meine Vision von der Kirche der Zukunft ist: ´Weniger Institution mehr Bewegung`.“ Die Konzentration auf Strukturen und diese aufrechtzuerhalten binde viele Kräfte. Diesen Eindruck schildert auch Hilde Janzing-Schanz. Sie ist unter anderem Vorsitzende des Pfarrgemeinderates St. Matthias. „Ich habe das Gefühl, dass wir in den Gremien in den letzten Jahren nur strukturelle Arbeit gemacht haben.“

Die Familie Kanaan (rechts) hat eine enge Verbindung zur Gemeinde. Foto: Julia Fröder

Josef Freise interessiert sich für das Procedere bei der Besetzung von Pfarrstellen. In absehbarer Zeit werde es für Gemeinden keine Möglichkeit geben, sich Bewerber auf Pfarrerstellen anzuschauen, glaubt von Plettenberg. „Da kommt eine Menge in Bewegung, aber es ist ein aufwendiger und wieder ein struktureller Prozess“. Bei Vakanzen gebe es nach dem Kirchenrecht unterschiedliche Lösungsmodelle damit umzugehen, berichtet der Generalvikar. Gleichzeitig zeigt er auf: „Zukünftig wird es im neu gegründeten Pastoralen Raum mehr Gestaltungsfreiheiten vor Ort geben wie höhere finanzielle Verfügungsrahmen. Die Kompetenzen sollen nach ‚vor Ort‘ gehen.“

Abschließend hat von Plettenberg zusammengefasst, dass seine Vision von Bewegung in der Kirche in der Offenen Gemeinde bereits gelebt werde. Hier gebe es eine Offenheit und Lebendigkeit und keine institutionalisierte Kirche, die vielleicht manche abschrecke. Neuwied erlebe er als einen Hotspot für kirchliche Bewegungen und erwähnte dabei das Projekt „ION“ oder die MusikkircheLive. Daneben gebe es noch viele weitere, gut etablierte Gruppen und Initiativen.

Weitere Informationen zur Offenen Gemeinde gibt es bei Facebook unter @openchurchNR oder bei Oliver Seis unter Tel.: 02631-343426. (jf)