Zum Inhalt springen

Verein lädt Familien von Sternenkindern zu Spaziergang ein:Wenn das Leben mit dem Tod beginnt

Der Verein „Stiller Stern Trier" lädt im Rahmen der Woche der Stille Familien von Sternenkindern zu Spaziergang ein.
Detailaufnahme der Grabstätte für Sternenkinder (Fotos: Isabel Athmer/Bistum Trier)
Datum:
3. Nov. 2022
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier – „Dein großer Bruder schubst deinen kleinen Bruder – er weint. Hättest du zu deinem großen Bruder gehalten? Oder hättest du den kleinen getröstet? Aber zwischen dem Geschrei und den Zankereien bleibt es still – unerträglich still“, lauten die Gedanken einer Mutter, die ihr Kind verloren hat. Stille Gedanken, angeschlagen in großen Lettern auf Bannern im Schaufenster des Trierer Bestattungsunternehmens Grandjean. Die Ausstellung ist ein Projekt des Vereins „Stiller Stern Trier“ im Rahmen der Woche der Stille – zusammen mit einem abendlichen Spaziergang zu dem Gemeinschaftsgrabfeld auf dem Friedhof Sankt Matthias im Trierer Süden, wo einmal jährlich tot geborene Kinder bestattet werden und dort ihre letzte Ruhestätte finden. Zugleich ist das Grab ein Gedenkort für die Angehörigen.

Clarissa Schmithüsen engagiert sich als Trauerbegleiterin im Verein Stiller Stern Trier und ist Mitorganisatorin des Spaziergangs auf dem Gelände der Benediktiner-Abtei am 2. November, zu dem alle eingeladen waren, die selbst betroffen sind oder Betroffenen beistehen wollen. Zeit für Erinnerungen schaffen, darum geht es an diesem Abend. Mit Windlichtern in der Hand schreitet die Gruppe im Halbdunkeln entlang der Gräber, um vor einer ganz besonderen Gedenkstätte Halt zu machen: dem Kindergemeinschaftsgrabfeld. Hier können Sternenkinder, also totgeborene Kinder unter 500 Gramm Geburtsgewicht, ihren Ruheplatz finden. Für sie gibt es keine Bestattungspflicht, ihre Eltern haben dennoch das Recht, sie bestatten zu lassen.

Die Gruppe hält kurz inne vor der Kapelle auf dem Friedhof St. Matthias, bevor sie weiterzieht zur Grabstätte der Sternenkinder

Beistand für Betroffene in Zeiten der Trauer

Neben dem Gemeinschaftsgrab auf dem Friedhof St. Matthias gibt es in Trier noch zwei weitere Kindergrabfelder auf dem Hauptfriedhof. Daran merke man, dass das Thema, also der Verlust des eigenen Kindes, gesellschaftlich allmählich enttabuisiert würde, meint Schmithüsen. „Eltern, Familien und Angehörige können, wenn sie möchten, eine Anlaufstelle in Trier finden. Das hat sich durch die Selbsthilfegruppen und Initiativen entwickelt.“ Über das ganze Jahr verteilt, schafft der Verein Stiller Stern Trier Veranstaltungen und Angebote für trauernde Eltern, Familien und alle, die dazugehören. Neben Selbsthilfegruppen-Treffen und Gedenkgottesdiensten bietet der Verein auch Familienwanderungen, Trauerseminare und Großeltern-Treffen an. „Da kann jeder kommen, der sich angesprochen fühlt“, sagt Margit Müller. Sie engagiert sich ebenfalls im Verein und ist selbst betroffene Mutter. „Unser Verein steht auch trauernden Eltern und Familien offen, deren Kind im jugendlichen oder erwachsenen Alter gestorben ist.“

Müller weiß: „Die Teilnehmenden freuen sich, dass sie andere Gleichgesinnte treffen, die wissen, wovon sie sprechen, wenn sie von ihrer Trauer und ihrem Schmerz erzählen. Denn vielen fällt es schwer, im Familienumfeld oder mit Freunden darüber zu sprechen. Manchmal fehlt einfach das Verständnis, etwa wenn Menschen nicht selbst betroffen sind.“ Das Angebot, über Verluste sprechen zu können, ganz ohne Scham, sei aber wichtig, so Schmithüsen. Jede und jeder Betroffene müsse allerdings einen eigenen Weg finden, damit umzugehen. Den Schmerz in Worte zu fassen, das eigene Leid zu teilen, sei nicht für jeden der passende Weg. „Wie Einzelne mit Tod und Trauer umgehen, hängt oftmals mit der eigenen Biographie zusammen. Einige können den Verlust schnell verarbeiten, weil sie vielleicht ein Umfeld haben, das sie sehr unterstützt, andere brauchen dafür sehr lange.“ Es komme vor, dass Betroffene erst viele Jahre nach ihrem Verlust das Gespräch suchen. „Man kann das nicht verallgemeinern, denn jeder Weg ist ein anderer. Wichtig ist nur, dass der Tod als ein Thema wahrgenommen wird, das zum Leben dazugehört.”

Weitere Informationen gibt es beim Trauernetzwerk Trier auf www.trauer-in-trier.de und www.sternenkinder-trier.de. Das weitere Programm der Woche der Stille in Trier findet sich hier: www.stille-in-trier.de.

(ia)