Fachtagung über Grundlagen und Einführung in christlich-islamischen Dialog:Wenn man sich nicht kennt, ist man sich fremd
Trier – Sich Wissen aneignen. Das sei eine Grundlage beim interreligiösen Dialog von Christen und Muslimen. Was macht die jeweilige andere Religion aus? Wo sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede? Welche Strömungen gibt es? Und wie kann man mit den Herausforderungen beim Dialog umgehen? Eine Einführung in diese Fragestellungen gab eine Fachtagung der Flüchtlingshilfe im Bistum Trier, des Caritasverbandes für die Diözese Trier und des Bischöflichen Generalvikariats. Rund 80 Interessierte aus dem ganzen Bistum kamen dazu am 19. Mai ins Robert Schuman-Haus in Trier. Hauptreferentin war Nora Kalbarczyk von der Christlich-Islamischen Begegnungs- und Dokumentationsstelle der Deutschen Bischofskonferenz (Cibedo).
Es gebe nicht den „einen Islam“ erklärte Kalbarczyk. Die Religion sei geprägt von einer großen Vielfalt. Unterschiedliche Strömungen hätten sich bereits einige Jahre nach dem Tod Mohammeds entwickelt, erklärt die Islamwissenschaftlerin – so kam es etwa zu einer Unterscheidung von Sunniten und Shiiten, basierend auf der Frage um die Nachfolge des Propheten. Insgesamt lebten in Deutschland rund vier Millionen Muslime, führt Kalbarczyk aus. Sunniten bildeten dabei eine Mehrheit von 74 Prozent. Es gibt sieben Prozent Shiiten sowie weitere sechs Prozent Anhänger kleinerer Glaubensgemeinschaften. Nur rund ein Fünftel der Muslime in Deutschland nähmen am religiösen Gemeinde- beziehungsweise Verbandsleben teil. Rund zwei Drittel der Muslime in Deutschland kämen aus der Türkei, viele aber auch aus Südost-Europa, Nordafrika – oder dem Nahen Osten, insbesondere seit einiger Zeit aus Syrien. Daher sei die Vielfalt des Islam nicht nur durch Glaubensrichtungen, sondern auch kulturelle Aspekte geprägt. Wichtig sei dabei aber, dass bei jedem Dialog der Mensch im Mittelpunkt stehen sollte. „Die menschliche Identität ist komplex und wird nicht nur durch die Religionszugehörigkeit bestimmt“, führt Kalbarczyk aus. Nicht alle Menschen, die aus muslimisch geprägten Ländern kämen, seien gläubige Moslems. Oder sie sähen ihre Rolle als Eltern, ihren Beruf oder ähnliches als prägender für ihre Identität.
Der christlich-islamische Dialog habe auch eine Grundlage im Zweiten Vatikanischen Konzil, führte Kalbarczyk weiter aus. In dessen Erklärung über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen, „Nostra Aetate“, heißt es: „Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslime, die den alleinigen Gott anbeten“ und fordert die Katholiken auf, „dass sie mit Klugheit und Liebe, durch Gespräch und Zusammenarbeit“ sowie durch „Zeugnis des christlichen Glaubens“ die sozio-kulturellen Werte von „Bekennern anderer Religionen“ anerkennen.
Marion Bexten ist Gemeindereferentin in der Pfarreiengemeinschaft Schaumberg. Dort ist sie aktiv in der Flüchtlingshilfe. „Ich finde, dass man sich grundsätzlich für andere Lebenswelten interessieren sollte“, erklärt sie. „Und für die von denen, die mit uns zusammenleben allemal.“ Der Islam sei eine Religion, die viele Anknüpfungspunkte zum Christentum habe. Aber auch einige Unterschiede. Und bei der Begegnung sei es wichtig, auch das Wissen darüber zu haben, und sich gegenseitig wertschätzend zu behandeln.
„Man kann nur zusammen leben, wenn man sich gegenseitig versteht“, sagt Hildegard Koch, zuständig für Flüchtlingssozialarbeit bei der Caritas Rhein-Hunsrück-Nahe, Geschäftsstelle Idar-Oberstein. Dabei sei es wichtig, „niemandem etwas überzustülpen, sondern zu verstehen, was seine Ansichten sind“, erklärt sie. „Ich muss nicht alles akzeptieren, aber ich möchte es respektieren.“
Eine Gemeinschaft zu bilden, bei der die Menschen zusammenleben, sich nicht „voneinander abkapseln“. Das ist für Tomek Welke, Pastoralreferent im Dekanat Wittlich, das Ziel des christlich-islamischen Dialogs. Dabei gebe es eine Grundlage: „Gegeneitiger Respekt.“ Auf dieser Basis könne eine Beziehung aufgebaut und voneinander gelernt werden.
Tahir Dogan, Mitglied der Ditib-Moscheegemeinde Wittlich und Vorsitzender des Beirats für Migration und Integration des Landkreises Bernkastel-Wittlich war einer der Gäste der Tagung. „Es ist von großer Wichtigkeit, einander kennenzulernen“, sagte er. „Denn wenn man sich nicht kennt, dann ist man sich fremd.“
Weitere Informationen unter: www.willkommens-netz.de.