Zum Inhalt springen

Caritasverband berät und unterstützt:Wie erleben traumatisierte Flüchtlinge die Flutkatastrophe?

Flüchtlinge, die durch die Flutkatastrophe im Ahrtal retraumatisiert wurden, finden beim Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr Hilfe und Unterstützung.
Viele Geflüchtete haben in ihren Heimatländern traumatische Situationen erlebt. Die Flutkatastrophe im vergangenen Sommer hat einige retraumatisiert. Foto: Levi Meir Clancy/unsplash
Datum:
21. Feb. 2022
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Ahrtal – Rund drei Viertel der in Deutschland lebenden Flüchtlinge aus den Ländern Syrien, Irak und Afghanistan sind durch Gewalterlebnisse traumatisiert.

Etwa 40 bis 50 Prozent der erwachsenen Flüchtlinge entwickelten eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), welche sich dadurch kennzeichnet, dass Betroffene über einen langen Zeitraum gequält werden von sich aufdrängenden Bildern, Alpträumen und/oder Flashbacks. Ohne Behandlung können die genannten Symptome jederzeit wiederkehren oder schlimmer werden. Ein solcher Wiederanstieg wird auch als Retraumatisierung bezeichnet. Die Situationen wie die Flutkatastrophe im Ahrtal und in der Eifel können dazu beitragen. Menschen, die bereits unter einer posttraumatischen Belastungsstörung litten, gilt ein besonderes Augenmerk, heißt es in einer Pressemitteilung des Caritasverbands Rhein-Mosel-Ahr.

Auch wenn die Flut zunächst eine vollkommen andere Situation als das ursprüngliche Trauma darstellt, so ist davon auszugehen, dass viele Anknüpf­ungspunkte mit der bereits im Gehirn entstandenen Furchtstruktur bestehen. Eine Retraumatisierung ist somit möglich. „In der Psychotherapie mit geflüchteten Menschen, welche die Flutkatastrophe miterlebt haben, konnte ich dies beobachten“, berichtet die Caritas-Mitarbeiterin Hannah Knopp vom Fachdienst Migration – Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge. „Die meisten sind noch dabei, sich von ihrer ersten Traumatisierung zu erholen, sind dabei, sich einen sicheren Aufenthalt zu erkämpfen, ein neues Leben aufzubauen und wurden durch die Flut erneut erschüttert. Ihr Unglück hört nicht auf. Auf einmal sieht es auch hier, in Deutschland, aus wie im Krieg. Auf einmal ist es auch hier nicht mehr sicher.“ Die Folge: Die PTBS-Symptomatik spitze sich bei vielen zu. Alte Bilder und neue Bilder vermischten sich, das Gefühl der Unsicherheit, die körperliche Alarmbereitschaft stieg an, das Rückzugsverhalten wurde wieder mehr.

 Ein Klient, der zwar selbst nicht direkt von der Flut betroffen war, aber auch in Ahrweiler wohnte, verspürte den starken Wunsch beim Aufräumen zu helfen. Doch gleichzeitig löste die Situation so starke Empfindungen bei ihm aus, dass er sich aufgrund seines extremen Überforderungs­erlebens zurückzog, statt zu helfen, schildert Hannah Knopp. „Menschen, die unter den Symptomen einer PTBS leiden, schützen sich auf ihre Weise“, erklärt sie. Rückzug und Vermeidungsverhalten seien normale Schutzreaktionen. „Es ist eine Art Überlebensmechanismus, um sich keiner weiteren Gefahr auszusetzen und das Trauma nicht ständig wiedererleben zu müssen.“

Weitere Informationen zur Arbeit der Caritas vor Ort gibt es auf www.caritas-rhein-mosel-ahr.de. Näheres zur Hochwasserhilfe von Bistum Trier und Caritas und die Spendenkonten zur Unterstützung Betroffener der Hochwasserkatastrophe sind zu finden unter https://t1p.de/hochwasser-hilfe

(red)