Zum Inhalt springen

Papst Franziskus trifft Opfer des bewaffneten Konflikts in Kolumbien:Wir wollen Frieden – aber sagt dem Papst die Wahrheit!

Papst Franziskus besucht im September Kolumbien. Viele Kolumbianer setzen große Hoffnungen in den Papst für den Friedensprozess im Land.
Datum:
23. Aug. 2017
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Saarbrücken/Quibdó – Vom 6. bis zum 10. September reist Papst Franziskus nach Kolumbien. Franziskus hatte versprochen, das Land zu besuchen, wenn die Friedensverhandlungen zwischen der Guerilla-Organisation FARC-EP und dem kolumbianischen Staat abgeschlossen sind. Im November 2016 endeten die Verhandlungen mit der Verabschiedung des Friedensabkommens und damit ein über 50 Jahre andauernder bewaffneter Konflikt zwischen dem Staat und den Rebellen. Doch Frieden herrscht in Kolumbien noch lange nicht, denn es gibt noch andere Guerilla-Gruppen wie die ELN sowie etliche weitere bewaffnete Gruppen.

Viele Kolumbianer setzen große Hoffnungen auf den Besuch des Papstes. „Die Leute hoffen, dass in der Zeit, in der der Papst da ist, Gespräche mit der ELN stattfinden und dabei auch ein gegenseitiger Waffenstillstand zwischen Staat und Guerilla vereinbart wird“, sagt Gemeindereferentin Ursula Holzapfel. Die gebürtige Saarländerin lebt seit vielen Jahren in Quibdó, einer Stadt im Westen des Landes und erlebt den bewaffneten Konflikt der vielen Gruppierungen mit. Denn obwohl die FARC-EP mittlerweile ihre Waffen abgegeben hat, ist der Konflikt im Land nicht vorbei. „Auf dem Land ist seither ruhiger geworden“, berichtet sie. „Aber in der Stadt selbst wird es immer gefährlicher. Wir haben schon über 100 Morde in Quibdó dieses Jahr. Ich habe das Gefühl, jeder zweite ist bewaffnet.“ Ursula Holzapfel erzählt von einer jungen Mutter, die in einer Nähwerkstatt arbeitet, aber nicht mehr ganztags arbeiten kann, weil sie ihre Tochter jeden Morgen in die Schule bringen muss – bis ins Klassenzimmer – und Mittags von dort auch wieder abholt, obwohl die Kinder normalerweise alleine zur Schule und nach Hause gehen. „Die Erstklässler kriegen auf dem Schulweg die Pistole von anderen Kindern an den Kopf gehalten und sollen ihr Butterbrot oder ihr Pausengeld abgeben! Die Kinder wollen nicht zur Schule gehen, wenn die Eltern sie nicht hinbringen und wieder abholen und die Lehrer lassen sie nicht aus dem Schulsaal raus bis die Mütter nicht da waren und sie geholt haben.“ Die Gemeindereferentin sieht, dass viele illegale Waffen im Umlauf sind und zu wenig kontrolliert wird. Die leidtragenden sind die Frauen, die deshalb nicht mehr voll arbeiten können, weil sie auf ihre Kinder aufpassen müssen. Aber auch auf andere Weise, leiden vor allem Frauen in der Stadt: die Zahl der Morde an Frauen und jungen Mädchen sei in letzter Zeit enorm gestiegen, so Ursula Holzapfel.

Trotz allem geben die Menschen die Hoffnung und ihren Glauben nicht auf. „Wenn eine Frau, die neun Familienangehörige verloren hat, immer noch sagt: ‚Gott wird es schon richten!’ Das zeigt wie viel Glauben die Menschen hier haben.“ Wenn der Papst im September kommt und sich auch mit den Opfern des Konflikts treffen wird, darunter Sechs aus der Diözese Quibdó, wollen sie ihm nicht nur mit Freude und Hoffnung begegnen. Die sechs Opfer aus der Diözese haben ein Lied geschrieben, das sie singen wollen, wenn sie beim Heiligen Vater sind: „Wir wollen Frieden, aber sagt dem Papst die Wahrheit!“, so lautet eine Zeile des Liedes, erzählt Ursula Holzapfel und fügt selbst hinzu: „Denn ohne die Wahrheit geht es nicht.“

Dominik Holl