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Podiumsdiskussion will Anstöße zur Armutsbekämpfung geben:Zehn Jahre Ahrweiler Tafel - (K)ein Grund zum Feiern

10 Jahre Tafel in Ahrweiler, über 1.000 Kunden, Zahl steigend: Ein Grund zu feiern? Die ökumenischen Träger sahen das Jubiläum zwiespältig und luden die zur Podiumsdiskussion.
Prof. Dr. Sell verdeutlichte im Impulsvortrag die Grundidee der Tafeln: 'Eigentlich ging es darum, Lebensmittel nicht mehr zu vernichten und zu verschwenden.'
Datum:
2. März 2016
Von:
Bischöfliche Pressestelle
Bad Neuenahr-Ahrweiler – Seit zehn Jahren gibt die Ahrweiler Tafel Lebensmittel an Bedürftige aus – und bietet ihren Kunden darüber hinaus mit den „Tafel plus“- Angeboten mehr Teilhabe am sozialen Leben und Hilfe zur Selbsthilfe. Das zehnjährige Jubiläum sehen die ökumenischen Kooperationspartner zwiespältig. Unter dem kontroversen Titel „Zehn  Jahre Ahrweiler Tafel – (K)ein Grund zum Feiern?“ luden sie am 29. Februar zu einem Begegnungsfest in das evangelische Gemeindehaus Ahrweiler ein und stellten auch die Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Politik, Kirche und Wissenschaft unter dieses Motto. Ein Grund zu feiern sei das große Engagement der 120 Ehrenamtlichen, die Woche für Woche in der Ausgabe und darüber hinaus helfen, verdeutlichte Uwe Moschkau vom diakonischen Werk in seiner Begrüßung. Jedoch lasse die stetig wachsende Zahl der zu versorgenden Bedürftigen sowohl die sechs hauptamtlichen Mitarbeiter als auch die Helfer langsam an ihre Grenzen stoßen. Im Dezember habe man an den beiden Standorten Sinzig und Ahrweiler die „Schallmauer“ von 1.000 Kunden durchbrochen. „Wir möchten nicht dauerhaft die Versäumnisse der Politik durch das Angebot der Tafel ausgleichen müssen“, betonte er. Bevor die politischen Vertreter der Podiumsdiskussion sich dazu äußern konnten, gab Prof. Dr. Stefan Sell, Experte für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung am Remagener RheinAhr Campus, in einem Impulsreferat einen Überblick über Hintergründe, Zweck und aktuelle Situation der Tafeln. Ursprünglich sei Idee und Ziel der Tafeln gewesen, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Damals richteten sich die ersten Tafeln nur an Obdachlose. Inzwischen gebe es deutschlandweit 900 Tafeln mit 60.000 Helfern und einer völlig veränderten Zielgruppe: Arbeitslose, Rentner, Geringverdiener und nun verstärkt Flüchtlinge. Dabei entwickle sich das Angebot von Supermärkten und Discountern gegenteilig: durch eine verfeinerte Logistik fielen nicht mehr so viele Lebensmittel für die Tafeln ab. In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Moderator Andreas Krisam vom SWR kamen unter anderem zwei Tafelkunden zu Wort und Prof. Sell warf ein, dass es eigentlich Aufgabe des Sozialstaates sei, ausreichend für seine Bürger zu sorgen. Dem widersprachen die geladenen Kreispolitiker nicht. Horst Gies (CDU), Marcel Hürter (SPD), Wolfgang Schlagwein (Grüne), Dr. Johannes Hüdepohl (AfA), Ulrich van Bebber (FDP) und Marion Morassi (Die Linke) lobten einstimmig das große Engagement der Ehrenamtlichen, boten in ihren Antworten aber unterschiedliche Ansätze zur Lösung des Konflikts. Von einer besseren Arbeitsmarktpolitik über eine verbesserte Mobilität von Bedürftigen, etwa durch kostenlose Monatskarten, über mehr Geld vom Kreis für die Logistik der Tafeln reichten die Vorschläge. Einig waren sich die Podiumsteilnehmer aber auch, dass die tafeln eine wichtige soziale und integrative Funktion wahrnehmen. Das stellten auch die Tafelkunden heraus: Die sozialen Kontakte und Beratung durch die Mitarbeiter seien ihnen wichtig und wie ein „Lichtpunkt“ einmal alle drei Wochen. Eisler erklärte abschließend, die Tafel sei derzeitig unverzichtbar, obwohl der Auftrag der sechs Hauptamtlichen eigentlich sei, Menschen in Notlagen zu beraten und zu begleiten. Die Tafel verschlinge immer mehr dieser Ressourcen und sie wünsche sich mehr Unterstützung von der Politik. „Die Tafel ist ein Spendenprojekt, wir bekommen keine Zuschüsse. Ich würde mir zumindest wünschen, dass wir nicht jedes Jahr aufs Neue schauen müssen, ob wir im nächsten Jahr noch überleben können.“ Weitere Informationen und die Möglichkeit Pate zu werden und zu spenden gibt es unter  www.tafel.caritas-ahrweiler.de und per E-Mail: tafel@caritas-ahrweiler.de.