Zeichen der Treue und Solidarität
Trier – Das Kreuz steht für viel mehr als für die Kirchen. Es ist kein „Firmenzeichen“ der Kirche oder die Visitenkarte einer bestimmten Lobbygruppe. „Das Zeichen des Kreuzes ist unendlich mehr: Es steht für Gott, aber es steht eben auch für den Menschen.“ Deshalb sei es wichtig, dass das Kreuz nicht aus dem öffentlichen Blickfeld verbannt wird. Das hat Bischof Dr. Stephan Ackermann in der Predigt am Karfreitag (25. März) im Trierer Dom gesagt.
Ackermann reagierte damit auf die Verfügung eines saarländischen Amtsgerichtspräsidenten einige Wochen zuvor, die Kreuze in Gerichtssälen abzuhängen. Der Bischof betonte, zweifelsohne werde in Gerichten Recht gesprochen nicht im Namen Gottes, sondern im Namen des Volkes auf der Grundlage der Verfassung. Er wies aber darauf hin, dass im Grundgesetz von der „Verantwortung vor Gott und den Menschen“ gesprochen werde. Dieser Hinweis mache deutlich, „dass wir nicht Gott, nicht die Herren der Welt sind“. Vielmehr erinnere dieser Hinweis, „dass wir allesamt in einem noch größeren Verantwortungszusammenhang stehen, der im Grundgesetz mit dem Namen Gott bezeichnet wird.“ Das Symbol für Gott sei in Europa, geprägt durch die Glaubens- und Geistesgeschichte, zuerst und vor allem das Kreuz.
Auf das Kreuz zu schauen, heiße auf Jesus Christus zu schauen, sein Leben, sein Sterben, sein Tod. Das Kreuz erinnere an den „konkreten Menschen“ Jesus, der aber immer wieder klar gemacht habe, dass er sein Leben nicht als Privatsache versteht, sondern als ein Leben, das ganz im Dienst der anderen steht: im Dienst Gottes und der Menschen. Und so verbinde sich im Gekreuzigten das Geschick des einen Menschen Jesus von Nazaret mit dem Geschick aller Menschen. Denn, so fragte Ackermann, wo seien Menschen einander näher als in den Zerbrechlichkeiten und im Angewiesensein auf andere?
Im Gekreuzigten dürfe man den Durst des Menschen nach Gerechtigkeit sehen, die Hoffnung darauf, dass nicht das Unrecht siege. Der Bischof erinnerte daran, dass Jesus bewusst gewesen sei, auf was er sich eingelassen habe; er habe sich auf diese Situation im wahrsten Sinne des Wortes festnageln lassen. Das sei „Zeichen seiner Treue zu uns und Zeichen der Solidarität mit all den Menschen, die sich in ihrer persönlichen Situation festgenagelt empfinden, ob freiwillig oder nicht.“ Letztlich seien das Kreuz und der Gekreuzigte ein „zutiefst menschliches Bild“: der Mensch in seiner Zerbrechlichkeit und Erbärmlichkeit, aber auch in seiner Würde und Größe. „Am Ende aber – und das ist der Grund unserer Hoffnung – sehen wir als Christen im Gekreuzigten mehr als einen Menschen“, betonte Ackermann. „Wir erkennen in ihm Gott selbst, der aus Liebe zu uns Menschen geworden ist, in allem uns gleich wurde und sich für uns hingegeben hat.“ Zwar könnten Christen niemanden zwingen, das Kreuz so zu sehen, und das wollten sie auch nicht. „Aber wir können es allen bezeugen. Das wollen wir auch in dieser Stunde wieder tun.“